Freier Geist: genug viele nicht ganz Dumme bestreiten den, ebenso wie auch den Willen. Und wo kein Wille am Werk ist, beiderseits, kann's auch keine Unterwerfung geben. Das wäre dann alles nur determinierter Vollzug; eigentlich sinnlos, dass das auch noch geil ist. Ein Trostpflaster der Illusion? Na gut, ich muss ja nicht alles glauben, was der eine oder andere aus dem Tunnelblick seines Fachs heraus postuliert ... ich greif mal in meine gut aufgeräumte Erfahrungskiste und schau nach ...
... und da meine ich: Das, was "es" wirklich aus macht, das Spiel, das Ritual, die Unterordnung, nenn's, wie du's willst, das ist nicht die Art und Weise, in der die da oben und wir hier unten gestrickt sind, sondern das ist die Interaktion zwischen beiden. Wenn's klick macht und richtig einklinkt, dann geht die Lust durch den freien Willen wie das heiße Messer durch die Butter. Wenn nicht und wenn ich "es" trotzdem erzwingen will oder annähernd erleben, dann gibt es diese Spielchen, die nebeneinander her laufen, in denen sich jeder seinen Kick holt, mehr oder weniger, aber bei denen nix getriggert wird, was Leib und Seel wirklich bewegt. Erotische Gymnastik, die ja auch Spaß machen kann und in Form hält, Rollenspiel-Schmierentheater mit mehr oder weniger Einsatz.
Wenn's allerdings klick macht (und aus meiner Erfahrung kann das bei einem wirklich geilen Quickie ganz genauso passieren wie in einer längeren Beziehung), dann sind die Beteiligten eh als genau das involviert, was in ihnen steckt (hehe...) oder was sie einbringen, und es kommt die Frage gar nicht erst auf, wer da nun dominant sein mag und wer devot ... allenfalls im Vorfeld der Begegnung mag das zum Abstecken des Spielfelds und zur Einigung auf einen Satz Regeln von Belang sein. Und in einem solchen "Tanz der Lust" begegnen sich die PartnerInnen auf Augenhöhe, und Dominanz oder Unterwerfung verbinden sich zu einem Gemeinsamen, vielleicht wie der Fluss, der ohne Ufer ja auch keiner wäre und das Ufer wäre keines ohne einen Fluss ... und dann gibt es da noch die potenziellen Flüsse, mir fällt da immer der Tagliamento ein, die die meisten Tage des Jahres trocken erscheinen oder von einem schmalen Rinnsal bewässert, aber wenn es dann einmal blitzt und donnert, dann wird ein Fluss draus, ein (mit)reißender, ein unwiderstehlicher ...
Spiel? Lebenshaltung? Mir ist das Leben zu vielseitig und zu facettenreich, als dass ich es einem Aspekt unterwerfen bzw. mich einer einzigen Schlagseite hingeben möchte ... aber ich lebe nicht zu jeder Zeit die ganze Bandbreite. Mal steht das eine mehr im Vordergrund, mal erfüllt das andere ... und dann kann für eine gewisse Zeit ein gewisser Aspekt des Lebens allen Platz einnehmen, und in dieser halben Stunde, in dieser speziellen Beziehung lass ich mich dann mit Leib und Seel drauf ein, und wenn die/der für diese Zeit Passende mich richtig nimmt, bin ich widerstandsloses Lustobjekt ... mit einem freien Willen, der einfach nur ja sagt.
Geschieht selten genug. Und ich lass mir den Spaß nicht vermiesen dadurch, dass es nicht jedes Mal so einmalig doll ist. Zwischendurch find ich's befriedigend, wenn es einfach halbwegs gut und geil ist. Was Lebenshaltungen angeht: Ich halt mich frei für die Überraschungen, die das Leben zu bieten hat ... denen leg ich möglichst wenig in den Weg