Kurier 10.05.2006Die Wiener Polizei-Affäre
Eine Chronologie
KURIER - Christandl Landespolizeikommandant Horngacher "Sauna"-Affäre, Verdacht der Geschenkannahme, so genannte Sperrlisten und Suspendierungen: Seit rund einem Jahr hält die Wiener Polizei-Affäre die Öffentlichkeit in Atem. Was bisher geschah:
27. März 2006: Das Büro für interne Ermittlungen im Innenministerium bestätigt, ein "mögliches Nahverhältnis zwischen der Rotlichtszene und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes" zu untersuchen.
29. März 2006: Die Bundespolizeidirektion Wien gibt die Suspendierung eines ranghohen Kriminalisten - Ernst Geiger - im Zusammenhang mit der "Sauna-Affäre" bekannt. Es wird Disziplinaranzeige erstattet. Der suspendierte Spitzen-Kriminalist weist in den darauf folgenden Tagen in Interviews die Vorwürfe zurück, er habe dem befreundeten Betreiber einer so genannten Erlebnis-Sauna vorab den Termin für eine Razzia verraten.
30. März 2006: Der Wiener Staatsanwaltschaft beantragt die Einleitung gerichtlicher Vorerhebungen gegen Geiger.
11. April 2006: Erste Verhaftungen in der "Sauna-Affäre": Betreiber Wolfgang B. und sieben weitere Angestellte der Firma, die den Club in Wien-Simmering unterhielt, wandern hinter Gitter. Sie stehen im Verdacht des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels.
26. Mai 2006: Der Hauptverdächtige Wolfgang B. wird gegen gelindere Mittel aus der U-Haft entlassen. Der 42-Jährige steht laut Gericht weiterhin unter dem Verdacht des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels, Zuführung zur Prostitution und Zuhälterei.
6. Juni 2006: Das Justizministerium genehmigt den Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft, Hofrat Geiger wird wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs vor Gericht gestellt.
14. Juli 2006: Neuerlicher Paukenschlag bei der Wiener Polizei: Die Staatsanwaltschaft Wien leitet gegen den Wiener Landespolizeikommandanten Roland Horngacher gerichtliche Voruntersuchungen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und des Verrats von Amtsgeheimnissen in die Wege. Dazu wird auch sein Laptop beschlagnahmt.
9. August 2006: Roland Horngacher wird vorläufig vom Dienst suspendiert. Neben den bereits bekannten Erhebungen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs wird auch wegen des Verdachts der Geschenkannahme ermittelt. Der Beamte soll von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner Reisegutscheine angenommen haben. Horngacher, der sich im Ausland auf Urlaub befindet, weist die Anschuldigungen "entschieden zurück". Die Führung des Wiener Landespolizeikommandos Wien übernimmt bis auf Widerruf Horngachers Stellvertreter Generalmajor Karl Mahrer.
30. August 2006: Im Wiener Straflandesgericht wird unter regem Interesse der Öffentlichkeit der Prozess gegen den Ernst Geiger eröffnet. Der Top-Kriminalist bekennt sich "nicht schuldig".
14. August 2006: Weitere schwerwiegende Vorwürfe gegen Horngacher: Dem General soll von einer Firma, "die im Spielhallengeschäft tätig ist", ein Pkw zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung gestellt worden sein.
31. August 2006: Ernst Geiger wird wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt. Sein Verteidiger sowie die Staatsanwaltschaft melden dagegen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.a
4. September 2006: Zu den so genannten Sperrlisten der Wiener Polizei, die beim Prozess gegen Ernst Geiger erwähnt wurden und durch die bis zu 300 Lokale im Rotlichtmilieu von Razzien ausgenommen worden sein sollen, nimmt das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) des Innenministeriums Ermittlungen auf. Der Umfang der "Sperrlisten" wird nunmehr dahingehend überprüft, "ob in allen Fällen ein Bezug zu einer konkreten Amtshandlung bestanden hat".
25. September 2006: Roland Horngacher schlägt zurück: Sein Anwalt Richard Soyer bestätigt der APA, dass er eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft geschickt hat, in der es um den Verdacht der Verletzung eines Amtsgeheimnisses durch Vizepolizeipräsidentin Michaela Pfeifenberger geht. Im Oktober folgt eine zweite Sachverhaltsdarstellung, in der ihr auch Verleumdung vorgeworfen wird. Beide Anzeigen werden bis Mitte Februar 2007 zurückgelegt.
17. Oktober 2006: Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigt, dass sie die Öffnung der privaten Konten von Roland Horngacher beantragt hat. Anfang November berichtet die "Kronen Zeitung", dass bei der Öffnung nichts gefunden wurde.
19. Oktober 2006: Ein angeblicher Drohanruf Horngachers beim ORF wird bekannt. Dabei soll der Polizeigeneral versucht haben, einen geplanten ZIB-Beitrag über ihn zu verhindern, und eine Mitarbeiterin des Kundendienstes bedroht haben. Verteidiger Soyer weist den Vorwurf zurück.
22. Dezember 2006: Die Ermittlungen in der Causa Horngacher werden abgeschlossen. Die Schlussanzeige des Büros für Interne Angelegenheiten (BIA) langt bei der Staatsanwaltschaft Wien ein.
15. Jänner 2007: Polizeipräsident Peter Stiedl schließt eine Rückkehr Horngachers in die Führungsebene aus. Auch wenn es keine Anklage gebe, sei dies nicht denkbar, sagt Stiedl.
6. Februar 2007: Eine nächtliche SMS von Horngacher an den Polizeipräsidenten sorgt für Aufregung. "Für meine Rehabilitation werde ich bis zur letzten Patronenkugel kämpfen", schreibt er. Einige Beamte empfinden das als Drohung. Stiedl erteilt Horngacher daraufhin Hausverbot in der Bundespolizeidirektion Wien.
14. Februar 2007: Der Leiter der Kriminaldirektion 1, Oberst Roland Frühwirth, wird vorläufig vom Dienst suspendiert. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, eine Zeugin, die in Zusammenhang mit der Causa Horngacher eine Rolle spielt, unter Druck gesetzt zu haben. Weiters geht es um den Verdacht der Geschenkannahme. Außerdem soll er maßgeblich an so genannten Sperrlisten beteiligt gewesen sein, die bestimmte Lokale im Rotlicht-Milieu vor Razzien geschützt haben sollen. Mehrere Ermittler betonen allerdings, dass es sich bei den Listen nur um ein Instrument zur besseren Koordination der kriminalistischen Arbeit handelt.
Frühwirth weist die Anschuldigungen zurück und wird zunächst bestätigt. Anfang März wird die Suspendierung aufgehoben und Frühwirth bei geänderter Verwendung wieder in den Dienst gestellt. Das Strafverfahren wird großteils eingestellt, wegen der Verzögerung einer Zeugeneinvernahme bleibt ein Teil formal noch offen.
14. März 2007: Gegen einen Gruppenleiter der Kriminaldirektion 1 wird ermittelt, weil er auf Bildmaterial zu sehen ist, wie er auf dem Hochzeitsfest einer Wiener Rotlichtgröße mit einem mutmaßlichen Schutzgelderpresser feiert. Das BIA ermittelt wegen vermuteter privater
Kontakte ins Rotlichtmilieu. Der Beamte wird zunächst versetzt.
18. März 2007: Innenminister Günther Platter (V) sagt in der ORF-"Pressestunde", er habe es satt, dass ständig neue Vorwürfein Medien gegen Polizisten auftauchen. In den nächsten Wochen müsse Klarheit geschaffen werden, fordert er von Stiedl.
19. März 2007: Via "Kronen Zeitung" startet Roland Horngacher einen weiteren Versuch zu seiner Entlastung. Er bezeichnet sich als "Opfer einer riesigen Intrige". Außerdem werden zahlreiche Dokumente angekündigt, welche die Schuldlosigkeit des suspendierten Landespolizeikommandanten beweisen sollen.
21. März 2007: Der versetzte KD 1-Gruppenleiter wird vorläufig vom Dienst suspendiert. Es wird bekannt, dass der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, einen Bericht von Peter Stiedl angefordert hat, in dem dieser einen Überblick über seine geplanten Maßnahmen zur Polizei-Affäre geben soll.
9. Mai 2007 Die zentrale Figur in der "Sauna-Affäre", der Besitzer des Simmeringer Etablissements "Golden Time", Wolfgang B., wird freigesprochen. Er war jediglich wegen Zuhälterei angeklagt, der Vorwurf des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels wurde fallen gelassen.