Nun haben so viele Menschen hier geschrieben und sich den Kopf fusselig und heiss geredet: Es ist und bleibt DEINE Entscheidung und eigentlich kannst Du nur alles falsch machen: Erklärst Du Dich Deiner Frau und Du erwischst sie auf dem falschen Bein ist die Büchse der Pandorra geöffnet selbst wenn Du zusicherst doch darauf zu verzichten Dich auszuleben wird etwas zwischen Euch stehen. Spricht Du nicht mit Ihr und verwehrst Dir Dich auszuleben verlierst DU Dich und dann steht auch etwas zwischen Euch. Probierst DU Dich erst aus und sie kommt dahinter ist es ganz aus.
Ich werde Dir nicht raten, aber ich will DIr erzählen was mir widerfahren ist.
Ich bin Trans, nur wusste ich das damals nicht. Als ich 12 war gab es Schwule und Perverse und für die bestenfalls was auf die Fresse. Kein Dr Sommer, kein Fernsehn, kein Internet, dass mir hätte sagen können, was "mit mir nicht stimmte". Mit 14 wollte ich nicht mehr nur zu hause und heimlich, sondern hab' mich in einem Wald ausgelebt. Dort wurde ich von einem Kerl aufgegriffen, vergewaltigt und über Wochen zum Dulden weiterer Handlungen erpresst. Ditta hat sich in der Folge so tief in mir versteckt, dass sie sich über Jahre und Jahrzehnte nicht mehr raus getraut hat. Sie hat erst später zaghaft und heimlich wieder herausgetraut.
Als ich mich vor Jahren meiner Frau, mit der ich seit über 42 Jahren verheiratet bin (Ditta ist 47, ich war 14 als ich Ditta so richtig und volle Bandbreite in mir wahrnahm), outete, traf mich fast der Schlag: Sie meinte nämlich nur "Das hab ich schon immer gewusst.". Auf meine Frage, warum sie denn nie was gesagt hat antwortete sie: "Ich habe darauf gewartet, dass Du soweit bist darüber sprechen zu können." - Geoutet habe ich mich, nach dem ich in Folge eines Wohnungseinbruchs (Ich habe eine Dienstwohnung in der Ditta Ditta sein kann, zu Hause bin ich "anders DItta" das führt jetzt zu weit) bei der auch die Wäsche und Kleider von Ditta durchwühlt wurden, psychiatrische Hilfe benötigte und auch annahm. Die Psychiaterin hat mich überhaupt erst sprachfähig gemacht, das war nach über dreissig Jahren das erste Mal, dass ich über die Vergwaltigungen sprechen konnte (aber auch das führt jetzt zu weit).
Gut möglich, dass Du Angst davor hast, was alles passieren könnte.
Aber sei mal ehrlich: Kannst Du das? Kann das einer der "Weisen" hier? Wissen was passieren wird, bevor es passiert?
Gut möglich, dass Du nicht weisst wo und wie Du anfangen sollst:
Aber gibt es für die Wahrheit je den richtigen Augenblick? Die Wahrheit eckt an, die Wahrheit kann verletzen, aber sie ist auch ein Zweichen der Achtung der Wertschätzung, wenn man ehrlich zu einander ist - oder?
Gut möglich, dass Du nicht weisst was Du und wie Du es sagen sollst.
Auch dafür gibt es keine Checkliste - vielleicht nur soviel: Sich zu outen heisst sich zu öffnen, den Mund aufmachen udn heraus zu lassen was man zu sagen hat. Darauf vertrauen, dass das was Du sagst die Wahrheit ist und die bricht sich, früher oder später, doch die Bahn.
Gut möglich, dass Deine Liebe all das längst weis und selbst Angst davor hat, die Wahrheit zu hören.
Aber vielleicht ist es ganz anders und Du nimmst ihr die Last ab, den ersten Schritt zu tun. Denn man glaubt mit seinen Gefühlen und Wünschen verstecken spielen zu können - können wir nicht, der Mensch ist nicht so. Er verrät sich. Er lässt ahnen und mutmassen, denn DU schaust anders, Du denkst und redest anders, DU bist anders als das was Du zu sein vorgibst. Frauen spüren das.
Es ist Deine Entscheidung und niemand kann sie dir abnehmen oder an Deiner Stelle für Dich sprechen.
Egal wie Du Dich entscheidest, ob für Dich oder gegen Dich, Du allein wirst mit dieser Entscheidung leben müssen.
Wenn ich heute noch einmal die Wahl hätte: Ich hätte viel früher was gesagt, denn neben der entgangenen Gelegenheit vollumfänglich Ditta sein zu können, bereue ich am meisten, dass ich mich so lange verstecken musste und dass ich mich immer schmutzig fühlte, wenn ich diese Ditta zuliess.
Deine Entscheidung.
Wenn ich an die vielen verschwendeten Jahre denke, die ich mir aufgeladen habe - mach' nicht den gleichen Fehler. Es ist besser auf dem Sterbebett zu liegen und an den Dingen zu zehren die man gelebt hat als dort darüber zu jammern was man alles verpasst hat.