Durch Abs. 2 sollen Personen unter sechzehn Jahren davor geschützt werden, dass sich ein anderer unabhängig von seinem Alter eine Zwangslage des Opfers für dessen Bereitschaft zu sexuellen Kontakten zunutze macht. Der Begriff "Zwangslage" kommt unterhalb bzw. außerhalb der Schwelle zur Nötigung zum Tragen und ist im gegebenen Kontext naturgemäß nicht auf eine wirtschaftlich bedrängende Situation im Sinne der §§ 154 und 155 StGB (Wucher) beschränkt, vielmehr wäre insbesondere an Fälle ernsthafter Drucksituationen wie Drogenabhängigkeit, illegaler Aufenthalt, Obdachlosigkeit, Angst vor der Gewalt des Täters oder an jugendspezifische Zwangslagen wie die Notsituation von zu Hause fortgelaufener oder aus einem Heim entwichener Jugendlicher zu denken. Die bloße Befürchtung elterlicher Sanktionen z.B. für zu spätes Nachhausekommen hingegen soll nicht ausreichen.
Unter Ausnützung einer solchen Zwangslage handelt der Täter, wenn diese sein Vorhaben ermöglicht oder zumindest begünstigt, er dies bewusst als einen Faktor einkalkuliert und die ihm damit gebotene Gelegenheit wahrnimmt. Beruhen die Sexualkontakte hingegen nicht auf der Zwangslage des Opfers, sondern auf einer echten Liebesbeziehung zwischen ihm und dem Täter, fehlt es bereits begrifflich an der "Ausnützung" einer Zwangslage.
Auch hier muss auf der subjektiven Tatseite zumindest bedingter Vorsatz hinsichtlich aller Elemente (Alter des Jugendlichen, Umstände, die seine Zwangslage begründen und Ausnützen derselben) gegeben sein.