Distanzierungstechnik kann zb in einer Imagination bestehen: Kürzlich war ich 3h - im übertragenen Sinn - in einem sehr dunklen, sehr düsteren Tal. Es war voller Trauer und Einsamkeit. Ich hab mich eingelassen in die Schwärze dieses Tals, bin mitgeschwommen in dem bleiernen Sumpf aus Hoffnungslosigkeit. Es gab nichts, was es Aufmunterndes zu sagen gegeben hätte, das wäre alles lächerlich gewesen. Ich wäre in der Situation des Service Users genauso hoffnungslos. Beim Heimfahren hab ich bemerkt, dass diese Finsternis noch immer auf mir lastet. Noch dazu war kein einziges anderes Auto auf der Autobahn unterwegs. Als hätte ich die Einsamkeit, das totale Verlassensein mitgenommen. Es war richtig bedrohlich. Ich stellte mir dann vor, ich hätte aus dem finsteren Tal eine schwarze Wolke mitgenommen, die jetzt noch rund um mein Auto haftet. Ich stellte mir weiter vor, dass es dadurch in dem Tal vielleicht ein bisschen heller geworden ist, weil ein Teil dieser schwarzen Masse mit mir mitgekommen ist. Und ich lass sie jetzt los, sie blättert langsam von meinem Auto ab, wie eine magnetische Staubwolke deren Magnetismus langsam nachlässt und sich dann einfach auflöst. Und dann waren da auf einmal auch wieder andere Autos und ihr Licht.
Wow, das hast Du wirklich sehr schön beschrieben, Du bist eine Bereicherung für dieses Forum!
Ja, im Escort geht es eben nicht immer nur darum netten Small-Talk zu führen, Sex zu haben und Schlagsahne vom Körper zu lecken (letzteres hab ich noch nie getan und ich habe es auch in Zukunft nicht vor
).
Man wird als Escort auch durchaus mit wirklich schlimmen Schicksalen konfrontiert, die einen danach noch lange begleiten und wo man dann tatsächlich diese "Distanzierungstechnik" anwenden muss, damit es einen nicht zu sehr mitnimmt. Ich erinnere mich zB an ein Date mit einem Mann von Anfang 20, welches ich vor ein paar Jahren hatte. Dieser Mann war seit Geburt an ans Bett bzw. den Rollstuhl gefesselt. Als ich kam, waren seine Eltern gerade aus und sein Pfleger hat mir die Tür geöffnet und mich in sein Zimmer geführt. Dieses Zimmer sah aus wie ein Spitalszimmer mit allen möglichen Geräten neben dem Kopfende des Bettes. Der junge Mann konnte nur seinen Kopf bewegen, sonst nichts! Das Schicksal dieses jungen Mannes hat mich danach noch lange begleitet, weil er mir einfach wahnsinnig leid getan hat. Stellt Euch mal vor ihr seid von Geburt an ans Bett und den Rollstuhl gefesselt und könnt alleine NICHTS tun, da Ihr außer des Kopfes nichts bewegen könnt! Ich fand das so wahnsinnig traurig. Man trifft als Escort auch Männer, die zB nach einem schweren Unfall im Rollstuhl sitzen und deren ganzes Leben durch diesen Unfall plötzlich eine komplett andere Wendung nahm. Ich bewundere jeden, der dann nicht den Lebenswillen verliert! Oder Männer, die an einer schweren Krankheit leiden, von ihrer Frau verlassen wurden und nun ganz alleine mit ihrer Angst sind. Oder natürlich auch Männer, die psychische Probleme haben und sich deshalb auch in Behandlung befinden. Ich erinnere mich an ein Date mit einem jungen Mann, der mir in seiner Anfrage schrieb ich solle mich nicht wundern, wenn er beim Date nicht spricht. Ich hatte dies so interpretiert, dass er einfach keinen Small-Talk initiieren wird und auf Fragen meinerseits nur einsilbig antwortet. Beim Date stellte sich dann aber heraus, dass er seit seiner frühen Kindheit gar nicht spricht (außer mit seinem besten Freund) und er hat mir meine Fragen schriftlich auf einem Zettel beantwortet. Es gab keine Begrüßung zum Date, keinen Blickkontakt und absolut keine Worte. Ich habe ihm dann eine Rückenmassage angeboten in der Hoffnung ihn aufzulockern, aber sein gesamter Körper hat sich während der Massage so dermaßen verkrampft, dass ich das Gefühl hatte ihn zu vergewaltigen. Wir haben das Date dann abgebrochen.
Die meisten Dates sind amüsant, man hat Spaß miteinander, freut sich darüber die Fantasien der Herren verwirklichen zu können und sie glücklich zu sehen, man führt nette Gespräche und lacht zusammen, aber dann gibt es eben auch die Dates, die eine komplett andere Herausforderung darstellen und bei denen man mit wirklich schlimmen Schicksalen konfrontiert wird. Hier erfordert es dann einerseits die nötige Empathie und Bereitschaft sich auf den anderen verständnisvoll einzulassen, aber andererseits eben auch eine Distanzierungstechnik, damit man diese Schicksale nicht auch noch im Nachhinein zu nahe an sich heranlässt und wochenlang darüber grübelt.