Tschernobyl und Hiroshima

Mitglied #336556

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Ich habe mal folgende Frage zum Thema Physik und Wissenschaft. In Tschernobyl gab es im Jahr 1986 ein Atomunglück. Wo alle Bewohner der Stadt evakuiert wurden sind. In Hiroshima wurde eine Atombombe vom Flugzeug abgeworfen. Jetzt meine Frage. Warum können also die Leute in Hiroshima weiterhin leben? Und in Tschernobyl hingegen nicht? Die Atomstrahlung müsste doch in Hiroshima genauso hoch sein wie in Tschernobyl? Wisst ihr die richtige Antwort dazu? Diese Atom-Frage wurde mir gestellt und ich weiß die Antwort überhaupt nicht. :(
 
Servus @Mitglied #336556

Ich nehme mal an, dass dies auf die unterschiedlichen Einwirkungen auf die Umwelt zurückzuführen ist. Die Atombombe vom Hiroshima wurde ja einige hundert Meter (580m) über der Stadt gezündet. Somit hatte die Bombe nur unmittelbar nach deren Explosion die größte Strahleneinwirkung.
 
Mit einfachn Worten: die Bombn hats zrissn, die is weg und das verstrahlte Gelände lässt relativ schnell nach zu strahlen.
Der Reaktorkern von Tschernobyl ist noch da und wird noch lange vor sich hin strahlen.
 
Ich habe mal folgende Frage zum Thema Physik und Wissenschaft. In Tschernobyl gab es im Jahr 1986 ein Atomunglück. Wo alle Bewohner der Stadt evakuiert wurden sind. In Hiroshima wurde eine Atombombe vom Flugzeug abgeworfen. Jetzt meine Frage. Warum können also die Leute in Hiroshima weiterhin leben? Und in Tschernobyl hingegen nicht? Die Atomstrahlung müsste doch in Hiroshima genauso hoch sein wie in Tschernobyl? Wisst ihr die richtige Antwort dazu? Diese Atom-Frage wurde mir gestellt und ich weiß die Antwort überhaupt nicht. :(
Eine Atombombe ist kein Kernkraftwerk. Atombombe ist nicht Atombombe, auch Kernreaktor ist nicht gleich Kernreaktor!

Die Bombe auf Hiroshima war eine relativ primitive Uranbombe die man ohne Witz auch in einem Keller bauen könnte. Problematisch ist da nur die Besorgung des Uran. :) Die Wissenschaftler in Japan fanden z.B. nach dem Abwurf recht schnell raus das es "nur" eine Uranbombe war, was sie erst etwas aufatmen lies, da weitere Bomben dieser Art damals nicht schnell zu erwarten waren.

Interessanter ist da schon die zweite Bombe die auf Nagasaki geworfen wurde. Das war nämlich eine Plutonium Bombe. Und da braucht es schon wesentlich mehr Aufwand, dazu wurde den Japanern auch dieses Prinzip durch Messungen bewusst und man hatte die Erkenntnis das diese Art von Bombe quasi in Serie produziert werden kann, was dann auch eine Kapitulation erzwungen hat weil jeder Widerstand gegen eine Massenproduktion sinnlos war.

Bei Tschernobyl reden wir von etwas ganz anderem. Bei diesem russischen Schrottraktor wurde etwa 200 mal so viel Strahlung freigesetzt wie bei der Uranbombe. Hauptproblem war das Graphit das dabei im Siedewasserreaktor verwendet wurde und durch die Schmelze Feuer fing, was die Verteilung der Strahlung erst so richtig anheizte.

Anders als im Volksmund war es aber kein reiner Unfall, sondern eine Folge der Überbelastung durch fahrlässige Tests. Ich persönlich gehe bis heute davon aus das dieser Djatlow der dafür verantwortlich war ein Saboteur war. Denn so verdammt dämlich war er nicht und letzten Endes hat Tschernobyl der UDSSR den finanziellen Gnadenstoß gegeben.

Bei den Atombomben konnte man je nach Wetter nach zwei Wochen wieder aus dem Bunker kriechen wenn man nicht in unmittelbarer Nähe der Explosion war. Strahlung wird bei der Explosion freigesetzt, verteilt sich durch den Pilz und endet als Niederschlag. Dabei werden ein paar Kilo Material eingesetzt.

Der Reaktor in Tschernobyl sorgte aber mit Tonnen von Material dafür das wir wahrscheinlich bis heute in ganz Europa vermehrt Krebs haben. Zusätzlich zu den Krebsraten die wir den vielen überirdischen Atomtests verdanken.

Reaktoren westlicher Bauart waren da bedeutend sicherer. Wirklich weiterentwickelt hat man diese aber praktisch nie. So basieren alle aktiven Reaktoren auf dem gleichen 50er Jahre Prinzip. Inzwischen könnte man seit vielen Jahren völlig sichere Atomkraftwerke bauen die sogar den Abfall alter Kraftwerke in Energie umwandeln können. Z.B. ein Laufwellenreaktor mit Flüssigmetall. Versagt da die Kühlung wird das bis dahin flüssig gehaltene Metall fest und Ende.

Auch bei den Atomwaffen hat sich viel getan, man baut in letzter Zeit vermehrt auf kleine taktische Atomwaffen die man im Ernstfall auch einsetzen könnte ohne einen internationalen Gegenschlag zu provozieren und ohne die eigenen Truppen dadurch enorm mit Strahlung zu gefährden.

Im Gegensatz dazu gab es natürlich auch eine Weiterentwicklung der strategischen Atomwaffen. Von der Wasserstoffbombe bis hin zur Neutronenbombe.

Zusammengefasst und blöd formuliert, eine normale Atombombe kannst du nach dem Knall abwaschen und wegkehren, bei einer Katastrophe wie in Tschernobyl kannst du für immer wegziehen.

Rein wissenschaftlich erklärt, bei Atombomben basiert die Hauptenergiequelle auf der Spaltung von Uran 235 oder Plutonium 239, während in Kernkraftwerken wie Tschernobyl in der Regel Uran 235 oder Uran 238 zur Energieerzeugung verwendet wird. Dadurch entstehen unterschiedliche Arten von radioaktiven Isotopen (Cäsium 137 und Jod 131) mit unterschiedlichen Langzeitauswirkungen und Zerfallsraten.

Dazu kommt natürlich noch in welcher Höhe eine Waffe gezündet wird, wie viel Material diese trägt im Vergleich zu den Folgen welche Auswirkungen die Kernschmelze auf die direkte Umgebung hat. Eine große Rolle spielt auch immer das Wetter.

Viele stellen sich aber ein Atomkraftwerk wie eine Bombe vor die ständig im Zaum gehalten wird. Das ist natürlich "Simpsons" und hat nicht viel mit der Realität zu tun. Gefährlich wird es immer wenn die Kühlung versagt bzw. angesichts der heutigen Möglichkeiten veraltet ist und es dadurch zu Kettenreaktionen kommt.

Das schlimmste was aktuell wohl passieren könnte wäre wahrscheinlich eine russische Atomwaffe gegen ein ukrainisches Atomkraftwerk. Aber wenn der Irre das macht können wir unseren Enkeln wahrscheinlich den "East Canyon" zeigen wo einmal ein Gebäude mit hübschen Zwiebeltürmen stand. :)
 
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@Mitglied #506400

Wow wusste gar nicht das wir solche Physik Profis im Forum haben, super erklärt.
Interessantes Detail am Rande ist ev. noch, daß die zweite Bombe im WW2 eigentl. gar nicht Nagasaki
hätte treffen sollen, sondern Nagoya eine Industriestadt, aber die Wolken waren so dicht das die Bomber der US AirForce
keine Sicht hatten und wieder umkehrten, als man dann aber über Nagasaki flog lichteten sich die Wolken etwas und man warf die Bombe dort ab.
Heute sind beides wunderschöne Städte besonders Nagasaki, der Hafen ist super, Hiroshima ist auch schön, das Wahrzeichen d. Stadt
wenn man so will ist der A-Bomb Dome, das alte Handelsministerium welches der Bombe getrotzt hat.
Es gib dort auch Museen, hoch interessant , ganz besonders die stehengebliebene Uhr und die Betonstufen mit dem eingebrannten Schatten,
eines Menschen.
 
Eine Atombombe ist kein Kernkraftwerk. Atombombe ist nicht Atombombe, auch Kernreaktor ist nicht gleich Kernreaktor!

Die Bombe auf Hiroshima war eine relativ primitive Uranbombe die man ohne Witz auch in einem Keller bauen könnte. Problematisch ist da nur die Besorgung des Uran. :) Die Wissenschaftler in Japan fanden z.B. nach dem Abwurf recht schnell raus das es "nur" eine Uranbombe war, was sie erst etwas aufatmen lies, da weitere Bomben dieser Art damals nicht schnell zu erwarten waren.

Interessanter ist da schon die zweite Bombe die auf Nagasaki geworfen wurde. Das war nämlich eine Plutonium Bombe. Und da braucht es schon wesentlich mehr Aufwand, dazu wurde den Japanern auch dieses Prinzip durch Messungen bewusst und man hatte die Erkenntnis das diese Art von Bombe quasi in Serie produziert werden kann, was dann auch eine Kapitulation erzwungen hat weil jeder Widerstand gegen eine Massenproduktion sinnlos war.

Bei Tschernobyl reden wir von etwas ganz anderem. Bei diesem russischen Schrottraktor wurde etwa 200 mal so viel Strahlung freigesetzt wie bei der Uranbombe. Hauptproblem war das Graphit das dabei im Siedewasserreaktor verwendet wurde und durch die Schmelze Feuer fing, was die Verteilung der Strahlung erst so richtig anheizte.

Anders als im Volksmund war es aber kein reiner Unfall, sondern eine Folge der Überbelastung durch fahrlässige Tests. Ich persönlich gehe bis heute davon aus das dieser Djatlow der dafür verantwortlich war ein Saboteur war. Denn so verdammt dämlich war er nicht und letzten Endes hat Tschernobyl der UDSSR den finanziellen Gnadenstoß gegeben.

Bei den Atombomben konnte man je nach Wetter nach zwei Wochen wieder aus dem Bunker kriechen wenn man nicht in unmittelbarer Nähe der Explosion war. Strahlung wird bei der Explosion freigesetzt, verteilt sich durch den Pilz und endet als Niederschlag. Dabei werden ein paar Kilo Material eingesetzt.

Der Reaktor in Tschernobyl sorgte aber mit Tonnen von Material dafür das wir wahrscheinlich bis heute in ganz Europa vermehrt Krebs haben. Zusätzlich zu den Krebsraten die wir den vielen überirdischen Atomtests verdanken.

Reaktoren westlicher Bauart waren da bedeutend sicherer. Wirklich weiterentwickelt hat man diese aber praktisch nie. So basieren alle aktiven Reaktoren auf dem gleichen 50er Jahre Prinzip. Inzwischen könnte man seit vielen Jahren völlig sichere Atomkraftwerke bauen die sogar den Abfall alter Kraftwerke in Energie umwandeln können. Z.B. ein Laufwellenreaktor mit Flüssigmetall. Versagt da die Kühlung wird das bis dahin flüssig gehaltene Metall fest und Ende.

Auch bei den Atomwaffen hat sich viel getan, man baut in letzter Zeit vermehrt auf kleine taktische Atomwaffen die man im Ernstfall auch einsetzen könnte ohne einen internationalen Gegenschlag zu provozieren und ohne die eigenen Truppen dadurch enorm mit Strahlung zu gefährden.

Im Gegensatz dazu gab es natürlich auch eine Weiterentwicklung der strategischen Atomwaffen. Von der Wasserstoffbombe bis hin zur Neutronenbombe.

Zusammengefasst und blöd formuliert, eine normale Atombombe kannst du nach dem Knall abwaschen und wegkehren, bei einer Katastrophe wie in Tschernobyl kannst du für immer wegziehen.

Rein wissenschaftlich erklärt, bei Atombomben basiert die Hauptenergiequelle auf der Spaltung von Uran 235 oder Plutonium 239, während in Kernkraftwerken wie Tschernobyl in der Regel Uran 235 oder Uran 238 zur Energieerzeugung verwendet wird. Dadurch entstehen unterschiedliche Arten von radioaktiven Isotopen (Cäsium 137 und Jod 131) mit unterschiedlichen Langzeitauswirkungen und Zerfallsraten.

Dazu kommt natürlich noch in welcher Höhe eine Waffe gezündet wird, wie viel Material diese trägt im Vergleich zu den Folgen welche Auswirkungen die Kernschmelze auf die direkte Umgebung hat. Eine große Rolle spielt auch immer das Wetter.

Viele stellen sich aber ein Atomkraftwerk wie eine Bombe vor die ständig im Zaum gehalten wird. Das ist natürlich "Simpsons" und hat nicht viel mit der Realität zu tun. Gefährlich wird es immer wenn die Kühlung versagt bzw. angesichts der heutigen Möglichkeiten veraltet ist und es dadurch zu Kettenreaktionen kommt.

Das schlimmste was aktuell wohl passieren könnte wäre wahrscheinlich eine russische Atomwaffe gegen ein ukrainisches Atomkraftwerk. Aber wenn der Irre das macht können wir unseren Enkeln wahrscheinlich den "East Canyon" zeigen wo einmal ein Gebäude mit hübschen Zwiebeltürmen stand. :)
Wow was für eine ausführliche Erklärung. Wieder was gelernt. 🥰
 
Ich habe mal folgende Frage zum Thema Physik und Wissenschaft. In Tschernobyl gab es im Jahr 1986 ein Atomunglück. Wo alle Bewohner der Stadt evakuiert wurden sind. In Hiroshima wurde eine Atombombe vom Flugzeug abgeworfen. Jetzt meine Frage. Warum können also die Leute in Hiroshima weiterhin leben? Und in Tschernobyl hingegen nicht? Die Atomstrahlung müsste doch in Hiroshima genauso hoch sein wie in Tschernobyl? Wisst ihr die richtige Antwort dazu? Diese Atom-Frage wurde mir gestellt und ich weiß die Antwort überhaupt nicht. :(

Dabei sind grundsätzlich zwei verschiedene Arten 'Strahlung' zu unterscheiden: Teilchenstrahlung (Alpha- & Beta-Strahlung) & Photonenstrahlung (Gamma- und Röntgenstrahlung).
Teilchenstrahlung ist der sogenannte Fallout (langlebige Radionuklide, die freigesetzt werden und selbst durch ihren radioaktiven Zerfallsprozess Photonenstrahlung und andere, sehr gefhährliche Zerfallsprodukte produzieren, sich überall anlagern und zentausende Jahre gemütlich vor sich hin strahlen).
Photonenstrahlung ist dageben im Prinzip nur 'sehr energiereiches Licht' - andere Frequenz, gleiches Prinzip: Ist die Quelle weg, ist auch die Photonenstrahlung weg.
Eine Atomwaffe besteht aus ein paar kg spaltbaren Materials, die in einer unkontrollierten Kettenreaktion durch die entstehende Druckwelle und die Hitze eben möglichst große Zerstörung anrichten soll. Das spaltbare Material, das die Reaktion überlebt und als Fallout niedergeht, ist wohl eher zu vernachlässigen.
In einem Kernreaktor hingegen werden Tonnen von dem Zeug gelagert (aktuell verwendeter und alter, eingelagerter Brennstoff), zudem das Kühlwasser und es gibt Tonnen an Material, das im jahrelangen Dauerbetrieb kontaminiert wird. Beim Unglück von Tschernobyl war in den ersten Tagen das größte Problem, dass der brennende, offene Reaktor seine Abfallprodukte durch den Wind in alle Richtungen verteilte. Ähnliches 2011 bei Fukushima mit dem Kühlwasser: Es wird/wurde (so genau weiß es wohl keiner) von außen Kühlwasser eingespeist, das am anderen Ende natürlich kontaminiert rauskam und in Containern auf der Insel gelagert wird (Wieviel Platz wird man dafür wohl noch haben?).

Fies ist, das die Alpha- und Beta-Strahlung, da sie aus Teilchen besteht, zwar viel schädlicher ist als Photonenstrahlung, allerdings nur eine sehr kurze 'Reichweite' hat und gut Abschirmbar ist (im Falle von Alpha-Strahlung reicht ein Blatt Papier, bei Beta-Strahlung Alufolie)...zu sich nehmen sollte man das Zeug allerdings nicht (z.B. in Form von mit Fallout kontaminierten Lebensmitteln). Photonenstrahlung ist dagegen wesentlich ungefährlicher, hat dafür allerdings (theoretisch) unendliche Reichweite und ist per Definition auch nie komplett abschirmbar.
Das führte in Fukshimia z.B. zu absurden Bildern, in denen auf einer Straßenseite striktes 'Betreten verboten' war, auf der anderen jedoch (relativ) normaler Verkehr möglich war.
 
Wow was für eine ausführliche Erklärung. Wieder was gelernt. 🥰
Vor allen Dingen lernt man sowas gar nicht in der Schule. :( Was der Unterschied zwischen einen verunglückten Atomkraftwerk und einer Atombombe ist. Eine Atombombe würde mehr zerstören durch die Druckwelle. Aber für die Umwelt wohl keine Langzeitschäden verursachen als ein verunglücktes Atomkraftwerk. Wo Jahrhunderte lang alles verstrahlt ist, beim verunglückten Atomkraftwerk.
 
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