...Und deshalb die Frage an die Venedigkenner: Was muß man gesehen haben, wo muß man essen und trinken ?
Uns ist schon klar, das sich an einem WE nicht allzu viel ausgehen wird. Es sollte aber schon ein WE werden, wo man das typische Venedig kennen lernt. Zur Info: Wir wohnen sehr zentral 5 Gehminuten vom Markusplatz entfernt !
............
Also, an alle Vorposter, welche Tauben nicht mögen: wie seid ihr auf die irrwitzige Idee gekommen, nach Venedig zu fahren?
Wer Jazz nicht mag, sollte nicht nach New Orleans fahren (um sich nachher zu beschweren)...
Je nachdem, wie sehr ihr kulturlastig seid, hat es Sinn, sich mit der Kultur, bzw. mit der Geschichte auseinander zu setzen. Venedig war in seiner größten Zeit (um das 12. Jhdt etwa) eine maritime Supermacht und beherrschte die Seewege im Mittelmeer. Durch den Handel mit den orientalischen Händlern konnten Luxusgüter weiterverkauft werden, welche über die Seidenstraße aus China und Zentralasien kamen. Pfeffer wurde etwa mit Gold aufgewogen (das ist jetzt nicht sprichwörtlich gemeint). Der Staatshaushalt Venedigs war etwa gleich groß, wie jener Frankreichs oder der gesamten deutschsprachigen Staaten.
Die Macht Vendigs beruhte auf den Arsenalen, das war damals die modernste Industrieanlage der Erde. Anstatt einen Krieg zu führen, luden die Venezianer damals einmal einen ausländischen Fürsten zu einem reichhaltigen Bankett. Davor und danach führten sie ihn durch die Arsenale - nach dem Essen stand dort in einem der Docks eine fertige Galeere. Die Venzianer hatten dieses Schlachtschiffs während dieser Zeit vom Kiel weg neu gebaut, und der fremde Fürst bemühte sich danach um friedliche Verhältnisse mit der kleinen Republik.
Man kann die Arsenale leider nur teilweise besuchen, große Bereiche sind noch heute Sperrgebiet der Marina Militare. Aber es gibt glaub ich ein Marinemuseum. Die anderen Zentren der Macht, des Glanzes und der Kunst sind offen, der Dogenpalast, die Bleikammern, die Seufzerbrücke, der Briefkasten für die Denunzianten
und vieles mehr. Dort wurde über viele hundert Jahre globale Machtpolitik betrieben, unermessliche Geldsummen verdient, umgewälzt und wieder ausgegeben - vor allem auch für Kunst, um die schiere Leistungsgewalt der kleinen Stadt auch gegen jeden Zweifler zu verdeutlichen. Regimekritiker wurden durch ihre Feinde in einem speziellen Briefkasten angeschwärzt (müßte für Österreicher gut nachvollziehbar sein
), danach mußten sie den Weg über die Seufzerbrücke in den Gefängniskomplex antreten, welcher nur durch einen kleinen Kanal vom Gerichtszentrum im Dogenpalast getrennt ist. Das Gefängnis - die Bleikammern - wurde bei uns vor allem dadurch bekannt, weil Giacomo Casanova daraus geflohen war. Zu dieser Zeit hatte Venedig seine Macht schon lange verloren, und war zu einem politisch unbedeutendem Vergnügungs und Entertainmentzentrum (in der Art von Las Vegas etwa
) herunter gekommen.
Dann folgten ein paar Jahrzehnte unter der österreichischen Krone. Als Vorläufer von Pula war Venedig das maritime Zentrum der habsburgischen Seemacht. Im Krieg 1866 war Vendig das Zentrum der italienischen Forderungen. Schon vor dem Krieg war klar, dass die Monarchie Venedig verlieren würde, daran änderte auch der glorreiche Sieg des Admiral Tegetthof nichts. In dieser Glanzstunde der österreichischen Militärgeschichte
kämpften kroatische Matrosen unter venzianischen Offizieren und österreichischen Admirälen
um den Erhalt Venedigs für die österreichische Krone und gegen andere Italiener
- in einem Krieg, in welchem von Anfang an klar war, dass Venedig danach zum neuen italienischen Staat gehören würde. Dank seines militärischen Genies und der Tüchtigkeit seiner Kroaten siegte Tegetthoff, man stellte sein Denkmal auf den Praterstern und danach gingen die Österreicher weg aus Venedig - und mit dieser wunderbaren Stadt (die viele hier offenbar nicht mögen
) ging ein magischer Ort für die Monarchie unwiederbringlich verloren.
Zu dieser Zeit war der alte Südbahnhof bereits gebaut. Der albanischstämmige Venzianer Karl Ritter von Ghega hatte in den Fünfzigern davor in einer technischen Glanzleistung die erste Hochgebirgs-Eisenbahnlinie durch die Alpen geschlagen. Dadurch war der Südbahnhof mit Venedig direkt verbunden. Als Symbol dafür wurde er von Löwen geziert, den Symbolen des Hl.Markus, dem Schutzpatron Venedigs. Nur in einer kleinen historischen Ungenauigkeit unterschieden sich die Löwen des alten Südbahnhofs von den ECHTEN Markuslöwen Venedigs. Jeder Besucher der Stadt kann sich davon noch heute überzeugen - alle Abbildungen der Raubkatze in Venedig STEHEN MIT DEN HINTERBEINEN IM WASSER. Damit symbolisierten die Venzianer ihre Verbundenheit mit dem Meer - welches sie über viele Jahrhunderte befahren hatten, und das ihnen ihren sagenhaften Reichtum verschafft hatte. Die Österreicher hatten das bei der Gestaltung der Löwen für den Südbahnhof ÜBERSEHEN
Noch was, als Nachtrag: wer vorhat um den Winter herum nach Venedig zu fahren, der sollte vor allem etwas nicht vergessen: GUMMISTIEFEL
Und noch ein Rätsel als Abschluß, und als Vorbereitung für eine Venedigfahrt: eine venezianische Gondel wird nur auf einer Seite gerudert, warum fährt sie dann eigentlich nicht im Kreis???