Ich persönlich halte es für ein sehr positives Zeichen, dass man nach vielen Jahren, in denen man sehr ungustiöse Bezeichnungen für diese Tätigkeit verwendet hat, nun endlich zu einem Begriff übergegangen ist, der nicht herabwürdigend ist. Sprache verändert doch was
Ich sehe das so:
Man kann aus jedem Wort ein Schimpfwort machen. Meine Mutter bezeichnet höhergestellte Frauen als Dame. Und gewisse als
Dame. Den Unterschied kann man nicht überhören, ein und das selbe Wort dient als Lob, oder der Herabwürdigung. Worte sind aus sich heraus neutral. Wenn ich mir ein Wort ausdenke, Knylphtgiht, zum Beispiel, dann hat es weder eine positive, noch eine negative Bedeutung, es hat überhaupt keine. Wenn wir uns darauf einigen, ein Ding, eine Person, was auch immer, damit zu bezeichnen, dann gewinnt es eine Bedeutung. Immer noch ist es weder positiv, noch negativ konnotiert. Die Konnotation kommt erst im Sprachgebrauch. "Hure", um dieses Wort geht es Dir vermutlich, bezeichnet eine Frau, die sich für Geld beschlafen lässt. Es leitet sich von
quar, lieb, ab, im Althochdeutschen ist es bereits zu
hour verschoben und bedeutet außerehelichen Geschlechtsverkehr. Eine
huora ist eine Ehebrecherin. Man könnte es in die moderne Sprache vielleich mit Schlampe übersetzen, ein Wort, das nur teilweise negativ besetzt ist, zum Teil von Kids aber auch als Selbstbezeichnung verwendet wird (aber noch keine Frau, die sexuelle Dienstleistungen anbietet). Wer Frauen, die sexuelle Dienstleistungen für Geld anbieten, nicht mag, für den sind alle möglichen Worte gleich abwertend, weil sie etwas "minderwertiges", etwas "verabscheuungswürdiges" bezeichnen. "
Hure" lässt sich ja durch beliebige Synonyme, auch Sexworkerin ist ja im Prinzip nichts anderes als ein Synonym für Hure, ersetzen. Wenn Frauen, die sich für Geld anbieten, das normale deutsche Wort als Schimpfwort akzeptieren, dann akzeptieren sie, dass ihr Beruf, der ja damit bezeichnet wird, und letztendes auch sie selbst, negativ konnotiert ist.
Um 1900 war Jude ein Schimpfwort, so sehr, dass sich jüdische Gemeinden "mosaisch" oder "israelitisch" genannt haben (die Wiener Gemeinde heißt daher bis heute "Israelitische Kultusgemeinde (IKG)). Das hat, wie wir wissen, unsren Vorvätern überhaupt nicht viel genutzt. Wir verwenden das Wort Juden spätestens seit '45 wieder als Selbstbezeichnung. Wenn man mich fragt, was ich bin, sag ich "Ein Jud". Natürlich gibt es Leute, die mich dann nicht mehr mögen, aber was solls, die hätte ich ohnehin nicht gemocht. Es ist kein Schimpfwort, es ist die Bezeichnung für ein Volk, für eine Religion, oder, genauer gesagt, auf höchst verwirrende Weise für beides in Einem. Wir fahren gut damit.
Ich bezeichne Frauen nicht als Huren, weil ich weiß, dass das Wort von manchen, die damit bezeichnet werden, als abwertend empfunden wird, und ich finde an diesem Gewerbe nichts Schlechtes, an den Mensxhen, die es ausüben schon gar nicht. Für mich ist es eine Frage der Höflichkeit. Ich spreche Leute so an, dass ich sie nach Möglichkeit nicht beleidige. Aber nicht immer ist mir klar, was an einem bestimmten Wort abwertend sein soll, und was nicht.