Ich bin zwar nur Medizin Student aber ich kann sicher ein paar Fachmeinungen weitergeben
Bericht von Dr. Britta Bürger
Das Phänomen der Ejaculatio praecox lässt Mann nur selten kalt. Doch ist dieses weiter verbreitet, als man geneigt ist anzunehmen, und einer der Hauptgründe für Männer, einen Sexualtherapeuten aufzusuchen. Dabei ist die "Vorzeitigkeit" unterschiedlich definiert.
Wann liegt tatsächlich ein vorzeitiger Orgasmus vor? Da im Fall dieser Störung der Samenerguss (Ejakulation) als solches eigentlich unbeeinträchtigt bleibt, und nur der Orgasmusreflex zu früh ausgelöst wird, sollten nach Beier et al. ("Sexualmedizin", Urban und Fischerverlag 2001) besser der Terminus "vorzeitiger Orgasmus" gebraucht werden. Dieser wird definiert als anhaltendes oder wiederkehrendes Einsetzen des sexuellen Höhepunkts vor, während oder kurz nach der Penetration - und bevor es der Mann wünscht. Wichtig dabei ist die persönliche Wahrnehmung. Somit kann jeder Orgasmus, der unkontrolliert und/oder gegen den Willen des Mannes auftritt, als zu früh oder vorzeitig definiert werden. Die Zeitspanne spielt diesbezüglich eine eher untergeordnete Rolle, da auch der durchschnittliche Geschlechtsverkehr nach dem Eindringen in die Scheide bis zum Orgasmus nur etwa drei bis fünf Minuten dauert. Außerdem kommt beinahe jeder Mann hin und wieder einmal zu "früh" am Gipfel der Lust an. Das ist normal und noch lange kein Grund, darin ein Problem zu sehen. Wieso kommen viele Männer "zu früh"? Männer erlernen bei den ersten sexuellen Erfahrungen, die Ejakulation zu kontrollieren. Dieser Mechanismus kann - begünstigt durch Aufregung, Leistungsdruck, Ängste oder andere psychische Faktoren - beeinträchtigt sein. Mit der Folge, dass die Steuerung des Orgasmusreflexes nicht mehr möglich ist. Die Wünsche und Vorstellungen der Frauen können vor dem Hintergrund männlicher Mythen zu einer Verstrickung aus Erwartungshaltung, Versagensangst und überhöhter Selbstanforderung führen. Nicht zuletzt, weil die weibliche Sexualität durch den gesellschaftlichen Wandel einen anderen Stellenwert bekommen hat. Frauen achten heutzutage verstärkt auf ihren Lustgewinn, sprechen offener über ihre Wünsche und Vorlieben und legen mehr Wert auf Befriedigung. Es zählt nicht mehr nur die Häufigkeit, sondern auch die Qualität des Geschlechtsverkehrs und die Dauer. Wenig tröstend, doch nicht uninteressant dürfte für Betroffene die Tatsache sein, dass im Tierreich ein früher Orgasmus völlig normal ist und letztlich sogar der Arterhaltung dient. Sind Tiere doch während des Sexualaktes abgelenkt und schutzlos, weshalb dieser an sich eher kurz gehalten wird. Vielleicht handelt es sich beim schnellen Höhepunkt um ein Erbe unserer Urahnen?
In erster Linie kommt als Ursache für vorzeitige Orgasmen ein falsch erlerntes oder auch verlerntes Verhalten in Frage. Auch tief liegende Störungen im seelischen Bereich sind in Erwägung zu ziehen. Nur selten lässt sich der vorzeitige Orgasmus hingegen auf körperliche Probleme zurückführen. Das ist für Männer manchmal nur schwer nachzuvollziehen, da eine körperliche Behandlung doch vermeintlich einfacher durchzuführen wäre und somit eher der Psyche vieler Männer entsprechen würde, als sich mit Körper & Seele eingehend auseinander zu setzen. Andererseits würde sich gerade dadurch eine Möglichkeit bieten, selbst etwas zu ändern. Lerndefizit Die Lerndefizite betreffen einerseits die persönliche Körpererfahrung, aber auch die allgemeine sexuelle Entwicklung und Aufklärung. Manche Männer klagen über einen vorzeitigen Orgasmus, weil sie ihre Aufklärung und folglich auch ihre diesbezüglichen Vorstellungen aus einschlägigen Filmen erfahren haben. Sie sind daher überzeugt, dass der halbstündige oder sogar länger andauernde Koitus die Regel ist, und zweifeln an sich, wenn sie "dabei" weniger Ausdauer zeigen. In den allermeisten Fällen erfahren Männer ihre ersten sexuellen Erlebnisse in Form der Selbstbefriedigung. Obwohl in der heutigen aufgeklärten Zeit bekannt sein sollte, dass Masturbation weder schädlich noch verwerflich ist, gibt es aber Männer, die auf diese Art und Weise keine Erfahrungen sammeln können bzw. möchten und im Nachhinein mit Schuldgefühlen zu kämpfen haben, wodurch ihre sexuelle Entwicklung erschwert wird. Dabei bietet gerade die Selbstbefriedigung die Möglichkeit, das lustvolle Spiel zwischen Erregung und Kontrolle zu erlernen. Liegen jedoch diesbezüglich Hemmungen vor, kann die Steuerung der Erregung und der sexuellen Reaktion beeinträchtigt sein. Das wichtigste "Instrument" zur Beeinflussung des Orgasmusreflexes stellt die innere Wahrnehmung der Lust und der Erregung dar.
Wobei es beim Mann meistens sehr viel rascher zum Orgasmusreflex kommt als bei der Frau. Die männliche Erregungskurve steigt also steiler an, bis schließlich der Punkt erreicht wird, an dem unweigerlich der Orgasmus einsetzt. Diesen "point of no return" kann der Mann allerdings mit ein wenig Erfahrung kommen spüren. Durch bestimmte Maßnahmen lässt sich dann das Erregungsniveau senken, der Orgasmus hinauszögern. Die in Frage kommenden "Tricks" muss dabei jeder Mann selbst für sich herausfinden. Wenig Erfolg versprechend ist es, dabei an etwas anderes zu denken. Dies schadet eher der Lust und Erregung, mit der möglichen Konsequenz, dass aus dem Problem des "vorzeitigen Orgasmus" unter Umständen ein Lustmangel oder eine Erektionsstörung resultiert.
Nicht geklärt ist, ob die Schwelle beim frühzeitigen Orgasmus niedriger liegt oder ob diese einfach zu schnell erreicht wird. Aufregung, Nervosität, neue Partnerin Längere sexuelle Abstinenz oder Nervosität, etwa einer neuen Partnerin gegenüber, können die Kontrollfähigkeit vermindern. Der vorzeitige Orgasmus hat auch nichts mit dem Alter zu tun, obwohl er vermehrt bei jungen Männern beobachtet wird. Ein reduziertes Selbstwertgefühl, die Vorstellung, ein schlechter Liebhaber zu sein oder ein erhöhtes Angstniveau begünstigen den vorzeitigen Orgasmus.
Erste Sexualkontakte unter Zeitdruck Das Problem der Ejaculatio praecox kann sich auch aus Situationen während der ersten sexuellen Kontakte heraus entwickeln. So etwa, wenn diese unter einem gewissen Zeitdruck verlaufen, weil befürchtet werden muss, dabei entdeckt zu werden (durch Eltern, Geschwister etc.). Diese Verhaltensweise prägt sich ein und ist zunächst schwer wieder zu ändern. Körperliche Ursachen Es besteht die Möglichkeit, dass eine Überempfindlichkeit der Eichel vorliegt, aber auch Entzündungen der Harnröhre kommen als Ursache in Frage. Es kann jedoch auch der Fall sein, dass in den Gehirnzentren, welche die Ejakulation steuern, vermehrt Dopamin-Rezeptoren vorhanden sind. Diese sind für die Ejakulation verantwortlich und können durch den Botenstoff Serotonin gehemmt werden.
Welche Folgen hat der vorzeitige Orgasmus? Ein solches Problem kann zu einer Belastung der partnerschaftlichen Beziehung führen. Oft empfindet der Mann beim vorzeitigen Orgasmus weniger Befriedigung oder spürt den Höhepunkt gar nicht richtig. Gleichzeitig hat die Partnerin oft auch nicht viel vom sexuellen Erlebnis, so dass beide den sexuellen Kontakt als frustrierend empfinden. Häufig haben die Männer gegenüber dem Partner auch ein schlechtes Gewissen, weil sie bemerken, dass das Vis-a-Vis nicht ausreichend befriedigt ist, wodurch wiederum ein großer Druck aufgebaut werden kann. Diese zusätzliche Belastung beeinträchtigt das sexuelle Zusammenspiel weiter, so dass letztlich der Spaß an der sexuellen Begegnung verloren geht. In weiterer Folge können daraus Lust- oder Erektionsstörungen entstehen bzw. sexuelle Kontakte völlig vermieden werden