Hallo,
bin da gerade mal reingestolpert und sehe, dass interessante und wichtige Dinge zur Diskussion stehen, wo ich vielleicht ein bisserl beitragen kann:
HIV kann prinzipiell über ALLE Schleimhäute in den Körper gelangen.
Warum es zu einer Invasion (Eindringen des Virus) und in weiterer Folge zu einer Infektion kommt oder nicht, liegt in allererster Linie an der Erregermenge. Bei ausreichend hoher Viruszahl ist selbstverständlich auch die Mundschleimhaut eine mögliche Eintrittspforte.
Die Mechanismen der natürlichen Abwehr (NICHT jene der Ak-gestützten Immunität!) bieten auch gegen HIV hinlänglich antiviralen Schutz. In der Mundhöhle ist dies vor allem der Speichel, dessen niedriger pH, sowie der Gehalt an Lysozym und Oxidasen den meisten Erregern bereits nach deren Eintritt den Garaus machen.
Nur Viren, die per Tröpfcheninfektion übertragen werden, also solche, die eingeatmet werden (z.B. Grippeviren), kommen an dieser Barriere ungehindert vorbei. Das Nasensekret enthält gleichfalls Lysozym (antimikrobielles Enzym).
Bei geringer Keimzahl wird also kaum eine Übertragung über Sekrete möglich sein (sonst würden wir täglich mehrfach erkranken müssen).
Bei hoher Keimzahl jedoch kann eine Infektion sogar auf ZWEI Wegen erfolgen:
Virusmaterial kann durch mikroskopisch kleine Schleimhautschäden in Kapillaren und somit in den Körperkreislauf gelangen.
Wichtig : es müssen hierzu keinesfalls sichtbare Verletzungen, Zahnfleischbluten, Mundwinkelrhagaden, Fieberblasen, Aphten o. dgl. vorliegen!
Nach dem Verzehr einer Ananas z.B. sind Zunge und Gaumen übersät mit abertausenden Mikroläsionen (mikroskopisch sichtbaren Verletzungen).
Wo immer sich unsere Zunge ausgiebig gütlich tut, entstehen mehr oder minder viele solcher Mikroläsionen.
Nachteilig für leckfreudige Männer ist, dass speziell das Vaginalsekret HIV-positiver Frauen einen sehr hohen Virustiter aufweist (= wesentlich höher als jener der Samenflüssigkeit!).
Eine HIV-Trägerin oral zu verwöhnen, ist mitunter sehr riskant, da die solcherart in die Mundhöhle gelangende Viruszahl außerordentlich groß sein kann. Vor allem mehrmaliger Kontakt kann auch hier eine Übertragung nahezu garantieren!
Das Risiko der Frau ist vergleichsweise geringer, da, wie gesagt, der Virusgehalt der Samenflüssigkeit i.d.R. viel niedriger ist (der Samen selbst ist virusfrei). Aber auch hier sind Infektionen möglich und auch beschrieben. Die Tröpfchen des Präejakulats (vor dem
Orgasmus austretende Flüssigkeit) ist Samenflüssigkeit, also virushaltig und zumindest potentiell gefährlich.
Der Vorteil für Frauen: sie können sich via Kondom besser schützen als wir.
Bitte ja nicht dem Irrglauben verfallen, auch bei der Frau sei lediglich die Orgasmusflüssigkeit infektiös, wie man öfter hört, das ist(gefährlicher) Schwachsinn. Das Vaginalsekret ist hier das virushaltige Substrat.
Um auf die ursprüngliche Frage einzugehen, - welche Erreger prinzipiell oral übertragbar seien...
Ganz einfach: Von den bei uns vorkommenden ALLE!
Allerdings ist im Falle der eigentlichen Geschlechtskrankheiten der orale Übertragungsweg eher die Ausnahme. Es handelt sich ausschließlich um Bakterien oder bakterienähnliche Keime, die sich allesamt in der Mundhöhle nicht sehr wohl fühlen, - es ist nicht deren bevorzugtes Erregerreservoire (Biotop), weswegen sie dort rasch absterben. Lediglich Gonokokken (Erreger des Tripper/Gonorrhoe) und Chlamydien können Infektionen im Kopfbereich setzen (Augen), aber die Infektionswege sind meist nicht sexueller Natur.
Eine Lues/Syphilis (Stadium I/II) kann zumindest theoretisch ebenfalls oral übertragen werden. Die überall (auch in der Mundhöhle) auftretenden Geschwüre sind hochinfektiös.
Obwohl gegenwärtig eine leichte Zunahme der klassischen Geschlechtskrankheiten zu verzeichnen ist, nehmen sie europaweit ab und spielen epidemiologisch nur mehr eine untergeordnete Rolle, da die Therapie dank hochwirksamer Antibiotika heute relativ unproblematisch ist.
Die eigentliche Gefahr lauert jedoch in Form der Hepatitis-Viren!
HBV (Hepatitis B Virus) ist das Virus, das (neben den Grippeviren) weltweit jährlich die meisten Todesopfer fordert! Alleine in Österreich sterben jährlich mehr Menschen an den Folgen der Hepatitis B, als in 20 Jahren ingesamt bei uns durch Folgeerkrankungen des AIDS hingerafft wurden! Und dennoch ist HIV in aller Munde - und über Hepatitis B, C, D.. spricht keiner. Ganz und gar unverständlich!
Entgegen bisherigen Vermutungen, wonach HCV, HDV und weitere Hepatitisviren lediglich über den Blutweg (Transfusionen, Transplantationen) übertragen würden, weiß man heute mit ziemlicher Sicherheit, dass dieselben Übertragungswege anzunehmen sind, die auch für HBV gelten. Es handelt sich also gleichfalls um sexuell übertragbare Erkrankungen (Sexually Transmitted Diseases = STD) und, wie HBV, sind sie höchstwahrscheinlich allesamt auch oral übertragbar, also per Zungenkuß!
Vor allem, wenn man kein "Kostverächter" ist, liegt eine der wesentlichsten Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge überhaupt in der Hepatitis B- Impfung. Leute, lasst Euch BITTE impfen!
Die Immunisierung ist im Gegensatz zu früher sehr nebenwirkungsarm (kaum Impfreaktionen, da Totimpfstoff) und wirklich ein Klacks.
Bei allen Pflanzereien, die registrierte Mädels in der Neutorgasse über sich ergehen lassen müssen, ist mir ein Rätsel, warum für Prostituierte die Impfung nicht längst verbindlich vorgeschrieben ist. Ärzte und Pflegepersonal müssen sich ja auch impfen lassen!
Aber das nur nebenbei.
Andere wichtige oral übertragbare Erkrankungen sind die Tuberkulose (seit einigen Jahren v.a. in Deutschland wieder beträchtlich im Vormarsch, viele multiresistente Bakterienstämme!), und diverse Formen des Herpes.
Zu den Herpesviren zählt auch der Erreger des Pfeiffer'schen Drüsenfiebers (Kussfieber), das mit einer Durchseuchung von mehr als 80% zu den besten Bekannten unseres Immunsystems überhaupt zählt. Herpes simplex Typ I und II sind die klassischen Fieberblasen an Lippen und Genitale, die gleichnamigen Viren sind oral übertragbar.
Die Aphten verursachenden Viren gehören ebenfalls hierher.
Die immer stärker in den Blickpunkt rückenden Papilloma-Viren (Erreger von Warzen) werden gleichfalls oral, vor allem aber über Hautkontakt übertragen. Manche der über 50 verschiedenen Serotypen stehen in ursächlichem Zusammenhang mit der Entstehung bestimmter Tumoren, sie werden heute als direkte Karzinogene betrachtet.
Auch Pilze und Parasiten werden gelegentlich oral weitergegeben :
Die alkalisierte
Vagina einer Frau, die es mit der Intimhygiene etwas zu genau nimmt (häufige Waschungen/Intimduschen), ist sehr empfänglich für Sproßpilze, die man
z.B. häufig dann auf der Zunge spazieren trägt, wenn man eine längere Antibiotika-Kur hinter sich hat.
Die solcherart gleichfalls gemeuchelte Flora der Mundschleimhaut bietet z.B. Candida albicans, dem Erreger des Soor (Candidiasis) paradiesische Wachstumsbedingungen. Die Übertragung erfolgt auch bei geringgradigem Befall.
Soor macht zwar nur bei Immundefekten/Immunschwäche (AIDS) ernsthafte Probleme, aber auch sonst sind die Schwammerln recht lästig, weil man sie nur schwer wirklich los wird. Einmal da, kommen sie stets getreu zum Vorschein, sobald die lokalen Verhältnisse es gestatten (pH-Anstieg, reduzierte Vaginalflora/"Döderleins"...).
Der umgekehrte Infektionsweg (Vagina > Mund) ist natürlich u.U. genauso möglich.
Das war natürlich nur ein geraffter Auszug dessen, was oral wirklich übertragbar bzw. "erwerbbar" ist. Sind zu irgendeinem Punkt detailliertere Infos gewünscht, bitte fragen!
lg, der unentwegte