rechtliche Situation bez. HIV

G

Gast

(Gelöschter Account)
Es gibt auf der Homepage der Aidshilfe ein Rechtsgutachten, dass ich euch nicht vorenthalten möchte:
http://www.aidshilfen.at/pdf/rechtgut.pdf
Es geht darin um die Strafbarkeit des sexueller Handlungen eines HIV-Postiven (solange dieser von seiner Krankheit weiß bzw. wissen müsste) mit einem HIV-Negativen.
Strafbar ist demnach ungeschützter analer oder vaginaler GV, orale Befriedigung des HIV-postiven Mannes mit Ejakulation in den Mund und orale Befriedigung der HIV-postiven Frau. Nicht strafbar: geschützer Geschlechtsverkehr (anal oder vaginal), orale Befriedigung des Mannes ohne Samenerguss im Mund, küssen, petting, NS usw.
Interessant: Für eine Strafbarkeit muss keine tatsächliche Ansteckung erfolgt sein (aber für eine weitere Verfolgung wegen fahrlässiger Körperverletzung), und auch die Einverständnis des negativen Partners verhindert die Strafverfolgung nicht.

liebe Grüße
GA
 
Da werden sich aber die Prostituierten, die Naturfranzösisch mit Aufnahme anbieten, gleich um einen Anwalt umschauen müssen. Wenn nämlich gilt, daß das Tatbild des § 179 StGB erfüllt sein soll, "...Wenn er .... begründeten Anlass gehabt hätte, sich über seinen HIVStatus zu informieren, zB weil er mit einer Prostituierten ungeschützten Geschlechtsverkehr vollzog ...", dann träfe dies umgekehrt ebenso auf eine Prostituierte zu. Wenn nun eine nicht-infizierte Person (und das wäre nun z.B. die Prostituierte) "... nach § 179 strafbar [ist], wenn sie nach vollzogenem ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einer HIV-positiven Person nunmehr – in Kenntnis bzw fahrlässiger Unkenntnis der potentiellen Übertragungsgefahr – mit einer nicht HIV-infizierten Person ungeschützten Geschlechtsverkehr durchführt", dann träfe das - da ja nur die abstrakte Eignung einer Handlung für eine Gefährdung ausreichend sein soll - auf jede Prostituierte zu die Naturfranzösisch mit Aufnahme anbietet. Denn damit "... nämlich setzt sie eine Verhaltensweise, die abstrakt geeignet ist, eine Gefahr der Verbreitung des HIV-Virus herbeizuführen; denn dieses Verhalten ist nicht mehr bloß als straflose notwendige Mindestwirkung zu einer von einem anderen ausgehenden Gefahr anzusehen".

Aber warum denn bei den Prostituierten stehenbleiben: jede Frau, die mit einem Partner Naturfranzösisch mit Aufnahme macht und daher nicht wissen kann, ob dieser Partner nicht vielleicht ein HIV-Träger ist, hat damit das Fahrlässigkeitsdelikt des § 179 StGB verwirklicht. Damit sich jetzt die Damen nicht ungerecht behandelt fühlen: dasselbe ist umgekehrt auch von Männern, welche Frauen ungeschützt oral befriedigen, zu sagen. Denn auch diese s.o. ...

Sollte also irgendwann in der Zukunft jemand mit HIV infiziert werden, wären amtswegige Ermittlungen hinsichtlich aller Sexualpartner vorzunehmen, die der betreffende seit dem Eintritt der Geschlechtsreife (bzw. einem etwaig nachweislich negativen letztvorhergehenden negativen HIV-Test) hatte, da diese offfenbar Handlungen setzten, die geeignet waren den Tatbestand des § 179 StGB zu verwirklichen. Die Betreffenden hätten dann darzutun, daß sie mit dem HIV-Infizierten stets nur geschützten Verkehr hatten, denn selbst die Tatsache, daß sie selbst — bis auf (statistisch nachweisbar) vernachlässigbar wenige Fälle — HIV-negativ sind, ist nicht geeignet, die abstrakte Eignung ihrer Handlung für eine Gefährdung iSd § 179 StGB auszuschließen.

In logischer Fortführung dieser wertvollen rechtsdogmatischen Gedanken von Herrn Assistenzprofessor Hinterhofer ist somit davon auszugehen, daß jegliche sexuelle Betätigung jedes Menschen, soferne sie nicht mit fachgerecht angelegtem Kondom erfolgt, die abstrakte Eignung dieser Handlung für eine Gefährdung iSd § 179 StGB in sich birgt, sodaß nahezu die gesamte geschlechtsaktive Bevölkerung Österreichs, welche unverantwortlicherweise noch immer den Geschlechtsverkehr zu ca. 99% ungeschützt vollzieht, nach dem vorliegenden Rechtsgutachten als potentielle Straftäter in Betracht kommt.

(Und dann san's aufg'wacht)
 
Das ist richtig, allerdings weist er glaub ich an einer Stelle darauf hin, dass man zum Beispiel dann damit rechnen muss, sich potentiell mit HIV infiziert zu haben, wenn man mit bestimmten gefährdeten Berufsgruppen (wie eben z.b. Prostituierten) ungeschützten GV hat, ich bin mir nicht sicher ob das auch etwa für monogame Partnerschaften gilt (vor allem wenn man sich in einer wirklich monogamen Partnerschaft infiziert, dann wäre der andere ja auch HIV-positiv und man würde sich mit ihm nicht strafbar machen).
Für den Oralverkehr gilt halt... man muss ja nicht schlucken. Blöd ist es nur für die Frauen, die würden nach diesen Richtlinien überhaupt nicht mehr zum Oralverkehr kommen. Das würde meine Freundin z.b. sicher schade finden...

lg
GA
 
@GoldenAvatar:
Net bös' sein - aber wenn die Menschen zu einem nennenswerten Prozentsatz zeitlebens in monogamen Beziehungen leben würden, gäbe es nicht nur kein HIV sondern vermutlich überhaupt keine Geschlechtskrankheiten! Die Tatsache, daß es welche gibt, ist wohl ein statistisch evidenter Beweis, daß Menschen in erheblichem Prozentsatz eben nicht dauernd monogam leben. D.h. mit anderen Worten: woher wollen Sie wissen, ob nicht auch ihr(e) Partner(in) zu den "Nicht-Monogamen" gehört? Folglich greift die "abstrakte Eignung einer Handlung für eine Gefährung gem. § 179 StGB" nach diesem "Gutachten" (ich würde es eher als "Schlechtachten" :mrgreen: bezeichnen) in jedem Falle - maW: kein Leckenlassen für Frauen ohne Lecktuch! Kein In-den-Mund-abspritzen für Männer ohne Kondom :(

Die Sache wird im Effekt freilich dadurch entschärft, daß es wohl nur bei einer tatsächlichen Gefahr einer HIV-Übertragung zu einer Anklage kommen wird (der Staatsanwalt will sich ja nicht lächerlich machen!) — also wenn ein(e) HIV-Positive(r) jemand anderen tatsächlich infiziert bzw. nachweislich wahllos in der Gegend herumvögelt, z.B. als (Geheim-)Prostituierte.

Daß das Rechtsgutachten, das ständig auf dem Kothurn der "abstrakten Gefährdung" einherschreitet, natürlich insoferne an den Tatsachen vorbeigeht, als die Übertragung von HIV auch durch ungeschützten vaginalen GV von einer HIV-positiven Frau auf einen Mann nur in seltensten Fällen (lt. AIDS-Report des Robert-Koch-Instituts: ~ 0,1% Inzidenzrate) erfolgt, ist bei einem von der AIDS-Hilfe in Auftrag gegebenen Gutachten nicht weiter verwunderlich ("Wes Brot ich eß, des Lied ich sing").

Die Gefahr bei diesem "Gutachten" liegt jedoch darin, daß, wenn es unwidersprochen bleibt, dadurch ein weiterer Schritt zu Lustfeindlichkeit und Bevormundung durch das Rechtssystem (analog dem Werbeverbot für Tabakwaren, oder - geplant - für Alkohol und Fastfood) gesetzt wird. Und das sollte einem freiheitsliebenden Bürger eigentlich zu denken geben!

MfG

Spencer

P.S.: Leider habe ich die Erfahrung machen müssen, daß die Freiheitsliebe ebenso wie das Denken etwas sind, das seltener vorkommt, als man glaubt ...
 
Das ist mir schon klar, dass manche Rechtsbestimmungen nicht so umgesetzt werden, wie sie vielleicht ausgelegt werden könnten. Man muss sich als Beispiel nur das Jugendschutzgesetz ansehen, wenn sich da jeder Jugendliche genau daran halten würde, dürften sie WESENTLICH weniger.
Das ärgste Beispiel zu den Sexualbestimmungen sind aber sicherlich die USA, wo ja in manchen Bundesstaaten etwa Ehebruch oder Oralverkehr grundsätzlich strafbar sind (auch das Alter, ab dem man Sex mit einem Erwachsenen haben darf, ist deutlich höher, das wird aber dann auch tatsächlich so umgesetzt). Das hat mit Freiheit sicher nichts mehr zu tun, obwohl das die USA ja immer so anpreisen.
Zu der Sache mit der Monogamie... natürlich kann man sich nicht sicher sein, aber im Straßenverkehr ist das mit dem Vetrauensgrundsatz genau das Gleiche. Man verlässt sich darauf, dass andere Verkehrsteilnehmer sich richtig verhalten, bis sie sich augenscheinlich falsch verhalten, oder wenn sie vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen sind (Kinder, alte Menschen, Menschen mit Behinderung), in unserem Fall wären dass dann etwa Prostituierte die GV ohne Kondom praktizieren etc.

lg
GA
 
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