Ich denke, es geht weit mehr, als nur ums Lästern. Lästern finde ich eigentlich noch harmlos, aber wenns in Richtung Mobbing/Bullying ist, dann würde ich den Titel durchaus unterschreiben.
Meiner Erfahrung nach ist es doch so, dass man sich ständig mit anderen vergleicht. Instinktiv sucht man sich eine Umgebung von Menschen, die gleich oder einem sehr ähnlich ist. Trifft man aber auf welche, die anders sind, so wird dieser entweder als Freund oder Feind betrachtet. Je offener, toleranter und neugieriger man ist, wird das Fremde nicht als Feind oder Bedrohung betrachtet, sondern als gleichwertig. Ist man selbst aber eher in seiner Haltung eingeschränkt, eher intolerant oder verschlossen, wird das Fremde eher als Bedrohung und Feind wahrgenommen. ODER man betrachtet das Fremde als Konkurrenz.
Es kommt also auch sehr stark auf die frühkindliche Prägung und Sozialisation an. Kinder, die besonders ideologisch, religiös und somit dogmatisch geprägt und erzogen werden, werden auch alle anderen, die nicht dieser Gruppe zugehörig sind, eher distanziert und skeptisch, wenn nicht sogar feindselig gegenüber stehen. Hier können z.B. Institutionen wie Kindergärten, Schulen etc Einiges dazu tun, um die elterliche und die familiäre Prägung aufzuweichen. Sprich: Den Kindern eine eine größere Palette an Diversität anbieten.
Grade in Schulen sieht man sehr gut, wie frühkindliche Prägung und Sozialisation erlebt wird. Es gibt Kinder, die generell allem und jedem gegenüber offen und freundlich sind. Sie haben keine Hemmungen einfach Freundschaften zu schließen, weils ja einfach ist. Ich mag dich, also bist du mein Freund. Dann gibt es Kinder, die sehr früh gelernt haben, Distanz zu anderen zu wahren und diese Distanz durch Aggressivität zum Ausdruck bringen. Sie haben oft Probleme, ihre Wünsche und Bedürfnisse zu artikulieren, weil sie es von zu Hause nicht kennen und in einer Gruppe mit unterschiedlichen Menschen es nicht schaffen, sich entsprechend sozial zu verhalten. Gewalt, Mobbing, Bullying und generelles asoziale Verhalten wird hier offenkundig.
Es geht hier darum, dass ein vermeintlich stärkere Person eine meist körperlich! schwächere Person mobbt. Das kann verbal oder eben auch sehr physisch werden. Oder eine Gruppe von vermeintlich Stärkere mobbt eine Minderheit. Hier können Klischees sehr gut dienen um das Bild, welches man über die Person oder die Gruppe hat zu festigen um das Mobbing und die damit verbundene verbale/physische Gewalt zu rechtfertigen. Das geht hin bis zur Schaffung von Feindbilder und das Kreieren von politischer oder religiöser Ideologien die das Ausgrenzen des Fremden.
Wieder zurück zum Lästern: Ich lästere gerne, wer tut das nicht. Solange dieses Lästern oberhalb der Gürtellinie stattfindet, finde ich das durchaus unterhaltsam. Wichtig hierbei erachte ich aber bestimmte kommunikative Grenzen einzuhalten. Jemanden aufgrund von unveränderlicher Faktoren zu beleidigen, das ist kein Lästern mehr, sondern Beleidigung und das hat weder Stil noch ihre Berechtigung. Wer den Unterschied nicht kennt, sagt viel über sich selbst aus, nämlich die eigene Unzufriedenheit und Unzulänglichkeit.
Vielleicht ein Beispiel: Dass ich kleinwüchsig bin, ist ja kein Geheimnis und ich mach gern blöde Witze über mich selbst und auch in einer Runde mit Leuten stören mich Kleineleute-Witze eher nicht. Wird aber immer wieder und ständig auf meine Kleinwüchsigkeit hingewiesen, also das sichtbare Merkmal noch mehr hervorgestellt oder sich darüber auch noch auf recht unlustige Weise lustig gemacht, dann ist das beleidigend. Es ist eben eine Gratwanderung. Ist jemand intelligent genug, das zu erkennen, kann man schon mal böse Witze machen (bin da immer gerne dabei), weil sich dadurch auch keiner beleidigt fühlt. Nutzt man aber eine unabänderliche Eigenschaft um sich selbst besser zu stellen und um andere nieder zu machen, dann ist das ein Zeichen eines schlechten Charakters.