Die Info von travis1981 hätte ich früher lesen sollen:
16.07.2014 gegen 1400 Uhr stand ich vor dem Andiamo und freute mich zuerst über den überraschend leeren Parkplatz. Drinnen an der Rezeption standen Scharen noch angekleideter Mädchen und diskutierten irgendwas mit der Rezeptionistin.
Der (sichtlich aufgeregte, deutschsprechende) Geschäftsführer (?) verscheuchte mich sofort mit:
"Das Andiamo ist heute geschlossen, wir haben derzeit nur 3 Mädchen....Nein, ich kann noch nicht sagen wann wir wieder aufsperren."
Abends machte ich nochmals einen "Kontrollanruf" dort und auf Anfrage hiess es dass "ganz normal geöffnet" sei.
Zur Rechtsunsicherheit nach dem ab 1.7.2014 geltendem Erlass des Finanzministeriums siehe hier:
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=141481#141481
Hier der Erlass im Original:
http://www.erotikforum.at/attachment.php?attachmentid=1234801&stc=1&d=1405704709
Seit 1.7. werden also die in Bordellen tätigen Prostituierten als lohnsteuerpflichtige "Arbeitnehmer" des Bordells gewertet, sofern das Bordell "klassisch" betrieben wird als Barbereich mit Anbahnung samt Möglichkeit sodann am Zimmer Sex zu haben.
Der Erlass ist derart weitreichend dass die Finanz damit absolute Narrenfreiheit hat:
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Finanz auch die in FKK Clubs tätigen Prostituierten als lohnsteuerpflichtige "Arbeitnehmer" des FKK Clubs sehen.
Dass die Prostituierten ihren "Lohn" nicht vom Bordellbetreiber sondern direkt vom Freier kriegen ist laut Erlass rechtlich unerheblich. Der Bordellbetreiber hat für jede der Prostituierten Lohnsteuer abzuführen; tut er dazu die Erlöse der Mädchen nicht "melden" wird er geschätzt.
Seit 1.7. wird per Erlass auch die Pauschalbesteuerung einer selbständigen Prostituierten nicht mehr akzeptiert:
Wenn die Prostituierte nicht als lohnsteuerpflichtiger "Arbeitnehmer" sondern als "Selbständige" zu werten ist muss sie von ihren Erlösen die volle tarifmässige Einkommenssteuer abführen.
Seit 1.7. verdienen damit in Österreich die Mädchen entweder drastisch weniger, denn wenn sie (oder ihr Bordellbetreiber) weitertun wie bisher dann tun sie vorsätzlich Abgaben hinterziehen.
Ein neues Gesetz dazu gab und gibt es übrigens nicht - die Situation ab 1.7.2014 ist ausschliesslich Folge des obigen Erlasses. Das BMF tut mit dem Erlass einfach nur die in den letzten Jahren ergangenen Urteile des Vwgh bzw die Erkenntnisse der UVS/UFS zusammenfassen zum Thema Prostitution/Steuerpflicht/Arbeitnehmereigenschaft/Ausländerbeschäftigung und "kocht" daraus die Lohnsteuerpflicht der Prostituierten bei gleichzeitiger Abschaffung der Möglichkeit der Pauschalbesteuerung - somit ab 1.7.2014 volle Steuerlast, egal ob die Prostituierte selbständig oder "Arbeitnehmerin" ist.
Als ich vor 2 Wochen im Andiamo war sagte mir ein Mädchen wegen der Situation ab 1.7. will die Geschäftsführung vom Andiamo dass alle Mädchen irgendwas unterschreiben; sie konnte mir nicht genau sagen was, jammerte aber gleichzeitig dass dann künftig alle Mädchen Steuern zahlen sollen.
Sie kündigte dann an dass sie nichts unterschreiben wird weil sie es 1. nicht versteht und 2. dann weniger verdient wegen der Steuern.
Samt einigen Freundinnen würde sie nun aber sicher nach ROM abreisen und via Telefon die Lage checken, allenfalls auch nie mehr ins Andiamo zurückkommen sondern nach CH oder sonstwohin ausweichen.
...ich sehe schon ein leeres Andiamo wenn die Mädchen kapieren dass sie gar nicht nach CH DE müssen sondern gleich in den neuen slowenischen Clubn wechseln können...
16.07.2014 bin ich dann also ins Wellcum ausgewichen wo man, wie von travis1981 beschrieben, organisatorisch den kritischen Erlass umgehen will:
- der Zimmerbereich ist jetzt mit einer Tür verschlossen, auf der steht "Hotel Flex Betriebsgesmbh" (wohl damit jeder Finanzpolizist kapiert dass dies eine andere Rechtspersönlichkeit ist)
- Hinter der Türe ist eine "Rezeption" mit Kassier aufgebaut
- Mädchen und Mann zahlen jeweils 35 Euro Eintritt für das "Hotel".
Jeder kriegt dann (wie im AI Club) ein Papierband um die Hand gebunden; geht man nochmals Zimmer weist man das Papierband vor und kann rein ohne nochmals 35 Euro zu zahlen
Nach der im Erlass zitierten Judikatur ist es ein Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft der Prostituierten wenn die Damen mit Namen oder Bild präsentiert werden auf der HP des Bordells; Wellcum und andere Clubs haben daher ihre Damen von ihrer HP verschwinden lassen, Andiamo noch nicht.