Nach Darstellung des palästinensisch-amerikanischen Politologen und Mitglieds des Palästinensischen Nationalrats Ibrahim Abu-Lughod gab es schon während des Palästinakriegs 1948 Gerüchte, Israel sei im Besitz einer Atombombe. Angeblich wurden diese Gerüchte von Israel selbst gestreut, um die benachbarten arabischen Staaten vom geplanten Angriff auf den jungen Staat abzuhalten.[3]
Der Vorsitzende der Israelischen Atomenergie-Kommission, Ernst David Bergmann, empfahl 1952 den Bau von Atombomben.[4]
In Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten im Rahmen des Programms Atoms for Peace unter Präsident Dwight Eisenhower wurde ab 1958 ein amerikanischer Leichtwasserreaktor im Soreq Nuclear Research Center errichtet. Auf der Grundlage eines Geheimabkommens zwischen Schimon Peres und Guy Mollet 1957 unterstützte auch Frankreich den Bau eines Forschungsreaktors im Negev Nuclear Research Center südöstlich von Dimona in der Negev-Wüste.[5] Die nachrichtendienstliche Abschirmung und Unterstützung des Atomprogramms übernahm ein eigens dafür ins Leben gerufener Dienst, der Lakam.
Frankreich stellte 1962 die Lieferung von Uran an Israel ein. Im Jahr 1968 wurden in Antwerpen 200 Tonnen Yellowcake (uranhaltiges Verbindungsgemisch) mutmaßlich vom Mossad gekauft.[6] Eigner des beladenen Schiffs, der Scheersberg A, war Dan Ert, ein Angehöriger des Mossad. Zuvor war das aus Zaire stammende Uran vom deutschen Unternehmen Asmara Chemie GmbH in Hettenhain nahe Wiesbaden von der belgischen Société Générale des Minerais gekauft worden.[7] Der Vorfall wurde erst 1977 öffentlich.[7] Bei der Apollo-Affäre um in den Vereinigten Staaten in den 1960er Jahren verschwundenes Uran werden israelische Verbindungen vermutet.[8] Nach Darstellung der Journalistin Gaby Weber lieferte Argentinien Uran, Großbritannien verkaufte an Israel über Norwegen zwischen 1959 und 1962 20 Tonnen schweres Wasser.[9] Auch von Frankreich und den Vereinigten Staaten wurde schweres Wasser geliefert.[10]
Im Jahr 1967 war nach Darstellung des Spiegels die erste israelische Atombombe fertiggestellt.[11] Die deutsche Bundesregierung war laut den Akten des Auswärtigen Amts über das israelische Atomwaffenprogramm seit 1961 informiert; Helmut Schmidt sprach 1977 mit Mosche Dajan über das Thema.[12]
Den 1970 in Kraft getretenen Atomwaffensperrvertrag hat Israel wie auch die Chemiewaffenkonvention[13] und die Biowaffenkonvention[14] nicht unterzeichnet.
Während des Jom-Kippur-Kriegs 1973 befahl die israelische Ministerpräsidentin Golda Meir, nachdem sie in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober von Mosche Dajan informiert worden war, dass eine militärische Niederlage gegenüber Syrien und Ägypten drohe, 13 Atombomben mit der Sprengkraft von 20 Kilotonnen TNT für die Jericho-Raketen auf der Sdot Micha Raketenbasis und die F-4 auf der Tel Nof Airbase gefechtsbereit zu machen.[11][15][16][17][18] Präsident Richard Nixon und sein Außenminister Henry Kissinger erfuhren von dieser Maßnahme am Morgen des 9. Oktober und ordneten die Operation Nickel Grass an, eine massive Unterstützung mit militärischem Material für Israel.[19][18]
Israelische F-15 I Raam, eine Variante der als Atomwaffenträger geeigneten McDonnell Douglas F-15E Strike Eagle
Im Jahr 1975 bot Schimon Peres als Verteidigungsminister Südafrika Raketensprengköpfe in drei Größen an. Der Journalist Sasha Polakow-Suransky vermutete 2010, dass es sich dabei um Nuklearsprengköpfe handele.[20] Peres bestritt, dass Israel mit Südafrika über die Lieferung von Nuklearwaffen verhandelt habe, und warf Polakow-Suransky selektive Interpretation der Dokumente vor.[21] Südafrika belieferte Israel laut Darstellung von Polakow-Suransky mit insgesamt 500 kg Uran.[22] Der Vela-Zwischenfall in Südafrika am 22. September 1979 wurde von einigen Wissenschaftlern als südafrikanisch-israelischer Nukleartest gewertet, von anderen bestritten. Erst im Jahre 1993 räumte de Klerk, der Präsident Südafrikas, vor seinem Parlament ein, dass Südafrika Atomwaffen gebaut habe.[23]
Bereits 1982 berichtete der Spiegel von Vermutungen, dass Israel auch an der Neutronenbombe baue.[24]
1985 machte der israelische Nukleartechniker Mordechai Vanunu öffentlich, dass Israel Nuklearwaffen besitze. Photographien von israelischen Atomsprengköpfen wurden in der Londoner Sunday Times veröffentlicht.[25][4] Um sicher zu gehen, ließ die Zeitung das Material vorher durch die Experten Frank Barnaby und Theodore B. Taylor prüfen.[26] Vananu gehörte zu den 150 Personen, die zum Komplex Machon 2 (von insgesamt zehn mit mehreren tausend Beschäftigten) Zutritt hatte. Hier wird in den sechs unterirdischen Etagen Plutonium getrennt und als Bombenkomponenten auch Tritium und Lithium (Isotop 6Li) (für eine höhere Energieausbeute bei thermonuklearen Waffen verwendbar) hergestellt.[27] Vanunu wurde 1986 noch vor der Presseveröffentlichung von der israelischen Agentin Cheryl Ben Tov von London nach Rom gelockt, dort verschleppt und wegen Landesverrats zu 18 Jahren Haft verurteilt. Vanunu erklärte nach seiner Freilassung erneut, Israel baue auch Wasserstoffbomben und Neutronenbomben. Er wurde 2007 wieder inhaftiert.[28]
Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert deutete bei seinem Besuch in Deutschland in einem Interview am 11. Dezember 2006 bei N-24 Israel als Atommacht an: Iran hat offen, öffentlich und ausdrücklich damit gedroht, Israel von der Landkarte ausradieren zu wollen. Kann man sagen, dies ist das gleiche Niveau, wenn man nach Atomwaffen strebt, wie Amerika, Frankreich, Israel, Russland?[29][4] Gernot Erler (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, kommentierte hierzu, es sei in der Welt lange bekannt, dass Israel Atomwaffen habe.[30]
Die Schätzungen über die Anzahl der Nuklearsprengköpfe beruhen in der Regel auf Berechnungen, wie viel waffenfähiges Material die Reaktoren in Israel jährlich produzieren können. Israelische Wissenschaftler nannten 1982 die Zahl von 250 Sprengköpfen.[31] Die Federation of American Scientists vermutete 2007, dass Israel über 100 bis 250 Atomsprengköpfe für Mittelstreckenraketen verfüge.[4] Oberstleutnant Warner D. Farr von der Air University der US-Luftwaffe schätzte die Zahl der Atomsprengköpfe für das Jahr 1997 auf über 400.[32] Das International Institute for Strategic Studies vermutete 2009 hingegen eine Zahl von bis zu 200 Sprengköpfen.[1]
Die 1973 in Dienst gestellte Jericho-Rakete ist für konventionelle, chemische oder nukleare Sprengköpfe geeignet.[33] Die Jericho 2, entwickelt auf Basis der Shavit, besitzt eine Reichweite von etwa 5000 km bei etwa 1000 kg Nutzlast.[34] Von der Militärbasis Sdot Micha südlich von Tel Aviv aus können sämtliche Länder erreicht werden, mit denen sich Israel jemals im Krieg befunden hat.[35] Raketen des Typs Jericho 3 mit 5000 bis 7500 km Reichweite könnten nach Auffassung des russischen PIR-Centers ab 2010 einsatzbereit sein.[36]