Heute gehts zum Ran du Chabrier, also aufgestanden, Zelt abbauen und alles am Moped verstauen. Immer wieder unglaublich wieviel Gerödel auf so einem Motorrad platz hat! Über Monpeilier und Nimes, gehts ins Landesinnere bis nach Barjac. die Gegend ist richtig idyllisch schön, das Wetter ist top! Ab Barjac ist der Campingplatz ausgeschildert, die letzten 2 km gehen über eine geschotterte Serpentinenstraße runter. Mich beschleicht wie immer bei sowas dieses aufgeregte Kribbeln in der Magengegend.
Ein Tor am Ende des Weges und rechts ein nie fertiggestelltes Gebäude an dem der Zahn der Zeit schon schwer genagt hat mit der Aufschrift "Reception". Davor sitzt eine ältere Dame auf einem Plastiksessel. Ich bringe meinen amerikanischen Eisenhaufen zum stehen. Die Dame erhebt sich, schlurft ins Gebäude und ich folge ihr. Die Dame ist "Madame" wie sie von den Gästen mit leicht ironischem Respekt genannt wird und die Chefin der Anlage (Chef gibts keinen), eine Frau jenseits der 50 in Jogginghose und Strickweste und mit einem gehäkelten Umhang. Sie dürfte zu jener Sorte Mensch zählen die im Leben nicht mehr so leicht irgendwas aus der Fassung bringt. Die Rezeption ist gleichzeitig ein kleiner Lebensmittelladen in dem vor 30 Jahren die Zeit stehen geblieben ist. Madame passt haargenau in dieses morbide Ambiente, es fehlt nur noch die schwarze Katze die auf ihrer Schulter sitzt. Aber sie spricht ganz gut deutsch. Wie lang ich bleibe ist ihr egal ich soll mich wenns geht irgendwo im Zentrum hinstellen und wenn ich morgen was zum Frühstück möchte soll ich jetzt bei ihr Brot bestellen, bedeutet sie mir mit stoischer Gelassenheit. Alles klar, ein Bagguet bitte!
Ich roll auf den Platz, offenbar sind erst ganz wenig Gäste da. Nachdem ich eine Runde absolviert habe und von jedem Anwesenden interessiert beäugt wurde entscheide ich mich für einen Platz neben einem großen deutschen Wohnmobil welches den Smiley, das Erkennungszeichen vom deutschen Ran du Chabrier Forum, hinter den Scheibenwischer geklemmt hat. Das Zelt steht nach kurzer Zeit, das Handy hat keinen Empfang und so frage ich meinen Nachbarn obs den hier keinen Handyempfang gibt. "Nein" meint er "gibts hier nicht" und mit einem breiten Grinsen: "Warum bist'n du hier?" "Wegen der schönen Landschaft" entgegne ich mit ebenso breitem Grinsen. Es stellt sich heraus das Steve hier ein alter Hase ist. Er ist seit 2 Wochen hier seine Freundin kommt nächste Woche nach und er bleibt bis Anfang August. Auf die Frage in welchem Job man so viel Urlaub hat, er ist schätzungsweise 40 - 45 Jahre alt, meint er "Ich bin fertig mit Arbeit" Er erzählt das er 3 Swingerclubs hatte, die hat er alle verkauft, jetzt betreibt er nur noch ein paar Internet-Paysites und läßt es sich hier gut gehen.....irgendwas mach ich falsch im Leben.
Später oben an der Milkbar lerne ich Maurice aus Avignon kennen. Er ist auch mit dem Motorrad hier und schwärmt von seinen Thailandreisen und den netten Leuten dort: "They always smile on you, everybody respects you, they have another mind....." Maurice entpuppt sich als relativ durchgeknallter Freak. Er hat ein volles Filmdöschen mit, wie er versichert, bestem marokanischem Marihuana dabei. Bei Sonnenuntergang sitzen wir am Flußufer und während Maurice von seinen Experimenten mit psychodelischen Drogen erzählt, allem voran Meskalin ("My mind went out of my body...") ziehen wir uns einen dicken Joint rein.......sind zwar kaum Frauen da, aber auf die Art wirds doch noch ein schöner Abend.
Abends an der Milkbar sind außer uns beiden nur 2 ältere Paare, Stammgäste, aus Holland da. Sie sagen Jungs ihr seit 2 Wochen zu früh hier. Ab Juni sind hier 200 Leute am Platz und alle haben nur Sex im Sinn, Abends hier auf der Terrasse gehts schon voll zur Sache und in den Zelten und Wohnwagen gehts dann weiter. Sie erzählen Schwänke vom letzten Sommer, zb. von dem deutschen Motorradpärchen wo er sie erst nackt an einen Baum gekettet hat. Dann mußte sie den Auspuff des Motorrads sauberlecken und schließlich allen zuschauenden umstehenden Herren dann einen blasen.
Gegen Mitternacht veroll ich mich ins Zelt. Platzbeleuchtung? Fehlanzeige! Wenn man nicht über eine Wurzel stolpern will braucht man zum schlafengehen eine Taschenlampe oder Feuerzeug. Überhaupt alles Natur pur: Es herscht ein Mordsspektakel, hunderte Frösche quaken, etliche Uhus rufen ihr unheimliches huuuhuuuu, huuuhuu in die stockdunkle Nacht, und irgendwie würde es einen gar nicht wundern wenn plötzlich noch ein Rudel Wölfe vorbeikommt.
cu
Lucky
PS: Fotos vom RdC gibts hier:
http://ran-info.sysali.com/