PAPST SUCHT SCHUTZ BEI BUSH
ROM In Texas läuft ein Prozess wegen sexuellen Missbrauchs von Knaben. Und auf der Anklageliste sticht ein Name heraus: Joseph Ratzinger.
Eigentlich ist klar: Papst Benedikt XVI ist nicht nur Oberhaupt der katholischen Kirche. Er gilt auch als Staatsoberhaupt und geniesst somit diplomatische Immunität. Dennoch gelangten seine Anwälte in einer delikaten Sache an den US-Präsidenten. Sie haben George W. Bush selber streng gläubig um Immunität für den Pontifex gebeten.
Denn der heutige Papst wird in einem Zivilverfahren in Texas angeklagt. Im Prozess geht es um die sexuelle Misshandlung von drei Jungen durch einen Priesteranwärter.
Die Kläger werfen nun Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. vor, als damaliger Leiter der Glaubenskongregation gemeinsam mit dem Erzbistum Galveston-Houston die Vorfälle in den 90er Jahren vertuscht zu haben.
Der Anwalt eines Opfers berief sich dabei auf einen Brief Ratzingers auf dem Jahr 2001. Darin heisse es, dass alle schweren Vergehen wie der Missbrauch von Minderjährigen von Ratzingers Kongregation behandelt werden sollten.
(Blick ch 17.8.05)
Papst "behinderte" Sexualmißbrauchs-Untersuchung
Vertraulicher Brief enthüllt, daß Ratzinger die Bischöfe anwies,
Anschuldigungen geheimzuhalten.
Jamie Doward, Korrespondent für religiöse Angelegenheiten
Sonntag, 24. April 2005
The Observer
Übersetzung des englischen Originalartikels aus "The Observer"
Gestern abend sah sich Papst Benedict XVI. mit der Behauptung konfrontiert, Gerechtigkeit behindert zu haben, nachdem herauskam, daß er Anweisungen gab, die sicherstellten, daß kirchliche Untersuchungen der Anschuldigungen von sexuellem Mißbrauch an Kindern im Geheimen erfolgen sollten.
Die Anordnung wurde in einem vertraulichen Brief erteilt, der dem Observer in die Hände gelangte; er war im Mai 2001 an jeden katholischen Bischof gesandt worden.
Der Brief macht das Recht der Kirche geltend, ihre Untersuchungen hinter verschlossenen Türen abzuhalten und Beweise bis zu 10 Jahren, nachdem die Opfer Volljährigkeit erreichen, geheimzuhalten. Der Brief war unterzeichnet von Kardinal Joseph Ratzinger, der letzte Woche zum Nachfolger von Johannes Paul II. gewählt wurde.
Anwälte, die für die Mißbrauchsopfer tätig sind, behaupten, daß der Brief geschrieben wurde, um zu verhindern, daß die Anschuldigungen an die Öffentlichkeit gelangen oder von der Polizei untersucht werden.
Der Brief bezüglich sehr schwerwiegender Sünden wurde von der Kongregation für Glaubensfragen versandt, jener Stelle im Vatikan, die einst der Inquisition vorstand und die Ratzinger überwachte.
Er macht den Bischöfen den Standpunkt der Kirche bezüglich einer Reihe von Angelegenheiten deutlich, die von der Feier der Eucharistie mit einem Nicht-Katholiken bis zum sexuellen Mißbrauch durch einen Kleriker mit einem Minderjährigen unter 18 Jahren reichen. Ratzingers Brief erklärt, daß die Kirche in den Fällen die Zuständigkeit beanspruchen darf, in denen der Mißbrauch von einem Kleriker mit einem Minderjährigen begangen wurde.
Der Brief sagt aus, daß die Zuständigkeit der Kirche an dem Tag beginnt, an dem der Minderjährige das 18. Lebensjahr vollendet hat, und 10 Jahre lang andauert.
Er ordnet an, daß Voruntersuchungen jedweder Mißbrauchsanschuldigungen an Ratzingers Büro geschickt werden sollen, welchem die Möglichkeit offensteht, diese an private Tribunale zurückzuverweisen, in denen die Funktion des Richters, des Förderers der Gerechtigkeit, des notariellen und gesetzlichen Vertreters in diesen Fällen nur durch Priester in gültiger Weise ausgeübt werden kann.
Fälle dieser Art unterliegen der pontifikalen Geheimhaltung, schließt der Brief Ratzingers. Der Bruch der pontifikalen Geheimhaltung zu irgend einem Zeitpunkt während des Laufs der 10-jährigen Rechtszuständigkeit, zieht Strafen nach sich, einschließlich der Androhung der Exkommunizierung.
Auf den Brief wird Bezug genommen in den Unterlagen eines Prozesses zweier angeblicher Mißbrauchsopfer gegen eine texanische Kirche und Ratzinger Anfang dieses Jahres. Durch Übersendung des Briefs erklären die für die angeblichen Opfer tätigen Anwälte, daß der Kardinal sich verschworen habe, Gerechtigkeit zu behindern.
Daniel Shea, der Anwalt der beiden angeblichen Opfer, die den Brief entdeckten, sagte: Der Brief spricht für sich selbst. Man muß sich fragen: Warum läßt man die Uhr nicht laufen, bevor das Kind 18 wird? Das bedeutet eine Behinderung der Gerechtigkeit.
Pater John Beal, Professor für kanonisches Recht an der katholischen Universität von Amerika, gab unter Eid eine mündliche Stellungnahme am 8. April letzten Jahres ab, in welcher er Shea gegenüber zugab, daß der Brief die Zuständigkeit der Kirche und deren Kontrolle über sexuelle Mißbrauchsverbrechen überschritt.
Der Ratzinger-Brief wurde von Erzbischof Tarcisio Bertone mit unterzeichnet, der vor zwei Jahren ein Interview gab, in welchem er andeutete, daß die Kirche sich dagegenstellt, außenstehenden Behörden die Untersuchung von Mißbrauchsklagen zu erlauben.
Meiner Meinung nach ist die Forderung unbegründet, daß ein Bischof verpflichtet sein soll, die Polizei einzuschalten, um einen Priester zu beschuldigen, der das Vergehen der Pädophilie zugegeben hat, sagte Bertone.
Shea kritisierte die Anordnung, daß Mißbrauchsanschuldigungen nur in geheimen Tribunalen untersucht werden sollten. Sie verhängen Vorgehensweisen und Geheimhaltung über diese Fälle. Wenn die Behörden zur Durchführung der Gesetze von einem solchen Fall erfahren, können sie handeln. Aber sie können nicht einen Fall untersuchen, wenn sie nie davon erfahren. Wenn man es schafft, ihn 18 plus 10 Jahre geheimzuhalten, wird der Priester damit durchkommen, fügte Shea hinzu.
Eine Pressesprecherin des Vatikans verweigerte einen Kommentar, als man ihr den Inhalt des Briefes darlegte. Das ist kein öffentliches Dokument, also werden wir nicht darüber reden, sagte sie.
http://www.buerger-beobachten-kirchen.de/vatikan/index.html#53498896f20c87401
Die Meinungen im Forum sind ganz schön lieb naiv. Wer der Wahrheit etwas näher kommen möchte, sollte sich schon etwas mehr mit der Materie befassen!