Habe ich in dem Video keine "Naziguys" gesehen (...)
Naja, wenn in einem britischen SM-Rollenspiel Uniformen und Sträflingskleidung getragen werden und man dazu deutsch redet, dann muss man glaube ich über eine Nähe dieser Inszenierung zum Thema Nazideutschland nicht wirklich diskutieren - die sehe ich gegeben.
Ich habe mit dem Video trotzdem kein Problem.
Man sollte es zum einen vor dem Hintergrund der britischen Gesellschaft sehen, der man eine gewisse Besessenheit und den Hang zu einer eher flachen Auseinandersetzung mit Nazideutschland und dem 2. Weltkrieg wohl nicht gänzlich absprechen kann.
Eine Nation, in deren Tabloids plump und obszön verfasste Nazi-Themen nicht unüblich sind, ohne daß sich jemand nennenswert darüber aufregt, empört sich nun darüber, daß so etwas in ein SM-Szenario eingeflossen ist?
Zum anderen darf man nicht übersehen, daß es sich um ein Rollen
spiel handelt. Wenn Kinder Räuber und Gendarm spielen, dann wirft ihnen auch niemand Mord und Totschlag und Pietätlosigkeit gegenüber den Opfern von Verbrechen vor. Und dann geht es auch tatsächlich nicht ums Töten. Erwachsene haben meiner Ansicht nach genau wie Kinder ein Recht auf spielerische Bewältigung ihrer Lebensinhalte. Nicht uneingeschränkt, also nicht zu jedem Zeitpunkt und in jeder Umgebung, aber im privaten Bereich, zu dem ein Besuch in einem Sex- oder SM-Studio unzweifelhaft gehört, muss für so etwas Raum bestehen dürfen.
In dem gefilmten Rollenspiel geht es, soweit ich das erkennen kann, nicht um das Ausleben antisemitischer Tendenzen, sondern vielmehr um eine spielerische, erotisch-sexuelle Auseinandersetzung mit Macht. Daß Menschen mit großer Macht, die ständig hart und dominierend auftreten müssen, nicht selten eine Affinität zu SM-Praktiken haben, in denen Dominanz und Unterwerfung ein Thema sind und Macht-Positionen gewechselt werden können, sollte eigentlich auch keine Neuigkeit mehr sein.
Wenn Max Mosley in Zukunft von Geschäftspartnern nicht mehr ernst genommen wird, weil sie ihn mit nacktem Arsch über einen Stuhl gelehnt gesehen haben, während ihn eine Prostituierte auspeitscht, dann lässt sich das nicht mehr ändern. Vor dem Hintergrund kann ein Rücktritt aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich sein. Bitter für ihn und etwas, wofür die Strippenzieher, die hinter der Anfertigung und Veröffentlichung des Videos stecken, verfolgt und bestraft werden sollten.
Was hier in die Öffentlichkeit gezerrt wurde, sind private Momente, die niemanden etwas angehen.
Es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, daß sowohl die Anfertigung als auch die Veröffentlichung eines solchen Videos die Intimsphäre aufs Empfindlichste verletzt. Wer sich dieses Video dennoch anschaut oder die Inhalte anders zugängig macht, hat anschließend nicht mehr das geringste Recht, sich moralisch über diesen Mann zu erheben.
Die Schweine sind die, die das Video erstellt und veröffentlicht haben und die, die es sich angucken und dann als Moralapostel auftreten, und nicht ein Mann, der fernab der Öffentlichkeit etwas tut, das eigentlich niemanden beleidigen kann, weil es eben im Privaten geschehen ist.