Grünen-Chefin über Website verärgert
Der von der FPÖ organisierte Akademikerball in der Hofburg in Wien hat auch drei Tage danach Nachwirkungen. Die grüne Bundesprecherin Eva Glawischnig ist wegen deren Website Nowkr.at verärgert über die Jungen Grünen und droht ihnen als Jugendorganisation der Partei mit dem Rauswurf. Die FPÖ beklagt, dass auf der Website gehetzt worden sei, und überlegt Strafanzeige und eine Musterklage auf Schadenersatz.
Im Zentrum der Aufregung stand das Faktum, dass die Jungen Grünen die Domain Nowkr.at mit dem Slogan Unseren Hass den könnt ihr haben! als Open-Campaign-Plattform für unabhängige Antifaschist*innen zur Verfügung gestellt hatten. Die Jungen Grünen hatten zwar am Samstag betont, auf den Inhalt keinen Einfluss zu haben, ernteten am Montag aber harsche Kritik von Glawischnig.
Garantieerklärung verlangt
Ich habe absolut null Verständnis für jemanden, der das nicht gewaltfrei macht, sagte die Grünen-Chefin bei der Klubklausur ihrer Partei in Mauerbach zu den Protesten gegen den Ball, den sie als Bühne für die rechtsextreme politische Szene Europas verurteilte. Gewalt sei absolut daneben und schade den berechtigten Anliegen der friedlichen Demonstranten. Es gebe keine akzeptierte Nähe ihrer Partei dazu. Die Gewalt der Demonstranten bezeichnete Glawischnig als absolutes Desaster. Von den Jungen Grünen verlangte sie die Garantie, dass künftig niemand mehr auf einer ihrer Homepages etwas posten kann, ohne dass sie die Kontrolle darüber behalten. Andernfalls würden sie nicht mehr als grüne Jugendorganisation benannt.
An ihrer Kritik am Ball selbst änderte Glawischnig nichts. Es ärgere sie, dass den politischen Aushängeschildern der rechtsextremen Szene in den Prunkräumen der Republik eine Bühne geboten werde. Der FPÖ warf sie eine Inszenierung vor, um sich als Opfer zu stilisieren, der Ball in der Hofburg sei eine bewusste Provokation.
FPÖ überlegt Anzeige wegen Verhetzung
Die von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky geäußerte Klagsdrohung bezeichnete Glawischnig als lächerlich, genauso könnten die Grünen die FPÖ klagen. Vilimksy hatte eine Anzeige gegen die Jungen Grünen wegen des Verdachts der Verhetzung angekündigt. Auch werde eine Anzeige gegen die grüne Bundespartei geprüft, da diese möglicherweise auch Verantwortung tragen könnte, sagte der FPÖ-Generalsekretär am Montag gegenüber der APA. Den Tatbestand der Verhetzung sieht er u. a. dadurch erfüllt, dass es über Nowkr.at einen Aufruf dazu, die öffentliche Ordnung zu gefährden, gegeben habe. Außerdem prüfen die Freiheitlichen eine Musterklage auf Schadenersatz.
ÖVP: Das ist ein wirklicher Skandal
ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel fand es bemerkenswert, dass gerade die Grünen, die immer und überall sofort Skandal schreien würden, diese Seite betrieben. Verletzte Menschen, zertrümmerte Scheiben, zerstörtes Eigentum - das ist das Ergebnis! Das ist ein wirklicher Skandal, eine Schande für die Grünen und nicht zu akzeptieren, so Blümel am Sonntag in einer Aussendung. Er forderte klare Worte von der grünen Bundesführung.
Rücktrittsforderungen an Polizeichef Pürstl
Unterdessen wurden scharfe Kritik und mehrere Rücktrittsaufforderungen in Richtung des Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl laut. Stein des Anstoßes war dessen Aussage, dass die Polizei anhand Daten der Rettung Nachforschungen zu medizinisch versorgten Teilnehmern der Anti-Akademikerball-Demonstrationen anstellen werde.
So forderte etwa der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz die Absetzung Pürstls. Er muss gehen, und zwar wegen erwiesener Unfähigkeit, sagte Pilz. Als einen Skandal bezeichnete die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Wien, Marina Hanke, die offene Drohung Pürstls, verletzte Demonstranten, die auch Opfer der massiven Polizeigewalt wurden, mit Hilfe von Daten des Rettungseinsatzes zu verfolgen. Solche Aussagen würden an einen Polizeistaat erinnern und hätten in einem demokratischen Rechtsstaat nichts verloren.
Eine Rücktrittsaufforderung kam auch vom Verband Sozialistischer Studenten (VSStÖ): Wer versucht, durch massive Polizeigewalt verletzte Personen, die sich von der Wiener Rettung verarzten lassen, zu kriminalisieren, und droht, deren Daten von der Rettung zu benutzen, um sie auszuforschen, ist als Polizeipräsident untragbar, so VSStÖ-Vorsitzende Jessica Müller.
Vizerektor irrtümlich im Ehrenkomitee
Für Aufregung sorgte außerdem, dass der Vizerektor der Universität Wien, Heinz Faßmann, Mitglied im Ehrenkomitee des Akademikerballs war. Laut einer schriftlichen Stellungnahme der Universität habe er offenbar irrtümlicherweise die Zusage erteilt, da als Veranstalter des Balles ein Verein für Wissenschaft, Forschung, Kultur und Menschenrechte angegeben war.
ÖH und Akademie kritisieren Polizeieinsatz
Die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) und die Rektorin der Akademie der bildenden Künste, Eva Blimlinger, kritisierten unterdessen eine Polizeiaktion am Freitagabend vor der Kunstuni. Dabei seien Besucher des Tages der offenen Tür an der Akademie wahllos verhaftet und teilweise verletzt worden, hieß es in einer Aussendung der ÖH. Alle anwesenden Gäste seien gezwungen gewesen, ihre Personalien anzugeben.
orf.at