Das stimmt natürlich. Ich finde es übrigens unglaublich toll, dass Du Dich da ehrenamtlich engagierst. Meine Hochachtung, ganz ehrlich!!! Aber ich denke, dass wohl gerade diese Frauen, von denen Du sprichst leider gar nicht selbst entscheiden können, ob sie jetzt ihre Dienste anbieten oder nicht.
Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. Die Welt hat nicht nur Licht und Schatten, viele Grautöne und zum Glück oft auch schöne Farben. Deshalb versuche ich viele Dinge differenziert und genauer zu betrachten. Kein Mensch sollte zuerst mit Fingern auf andere Zeigen, immer erst reflektieren was man selbst tut. Da nehm’ ich mich auch nicht aus.
Zu "gerade diese Frauen" möchte ich noch etwas genauer werden. Die meisten könnten selbst entscheiden. Warum es manche nicht tun, hat ebenso viele unterschiedliche manchmal verständliche, manchmal (für mich zumindest) unverständliche Gründe. Fängt an bei sehr jungen SW ohne Lebenserfahrung, die nie etwas anderes kennen gelernt haben. Geht bis zu: "ich mache mir doch nicht die Finger schmutzig". Deshalb plädiere ich immer genauer hinzusehen, bevor man sich ein Urteil erlaubt. "Das P6", "die SW" und damit immer alle zu meinen ist falsch. Das fängt bei Kirche und Politikern an und hört auch bei SW nicht auf. Es ist nie ein Berufsstand es sind immer einzelne Menschen, unterschiedlichste Schicksale.
Auch ich bin kein Gutmensch. Mache Fehler wie jeder andere. Stoße Menschen die ich liebe vor den Kopf, u. U. mit Worten die man oft zu schnell sagt, oder schlimmer. Habe das ehrenamtliche auch nur geschrieben, um zu erklären, woher ich meine Informationen habe. Unterstütze auch nur bei Amtsgelegenheiten, Gericht oder Wohnungs- Arbeitssuche also nicht so viel. Was ich da alles an Vorurteilen von der anderen Seite höre? Manchmal unglaublich diese "Doppelmoral?" oder schlimmer. Aber auch hier nicht alle, habe auch im Amt schon großartige Hilfe und Unterstützung erlebt.
Ich hatte erst sehr spät, nach einer Lebenskrise, erste Begegnungen im P6, das aber auch vorher nie verurteilt, im Gegensatz zu vielen anderen in unserer Gesellschaft. Für mich ist SW einer der schwersten Berufe überhaupt. Gibt sicher schöne Momente, aber wie haltet ihr das eigentlich mit den ganzen Idioten durch? Die ganz schweren Fälle könnt ihr (die es sich leisten können?) sicher vorher schon aussortieren. Aber ich denke, es rutschen auch zu euch immer noch genug ... durch.
Schon bei bei meinen ersten Begegnungen (die vielleicht etwas anders als normal verliefen, wohl wegen meiner längeren Buchungsdauer?) fand ich mich schon bald (eigentlich ungewollt) in Aufenthalts bzw. Raucherzimmer der Damen wieder. Habe dann etwas später (wegen Abholung) oft warten müssen und konnte so in die Gesichter der Frauen schauen. Viele (nicht alle!) gezeichnet von zumindest Alkohol, sicher auch anderen Drogen, Hoffnungslosigkeit (Vermutungen) auf jeden Fall einer gewissen Leere. Muss noch dazu sagen, verkehrte diesbezüglich nicht in “Billa”. Und bevor mich jemand missversteht, das soll keine Verallgemeinerung des ganzen Gewerbes sein. Einfach nur meine Beobachtungen, die erste Spuren hinterlassen hatten.
Das war noch nicht der Anfang mich zu engagieren. Erst das mehr oder weniger Zusammenleben mit einer damals Ex SW hat mich zu weiteren Einblicken gebracht, wie unterschiedlich Ursachen und Schicksale sein können. Das für mich schmerzliche Ende,hat dann den Ausschlag gegeben. Auch bei anfangs allem Groll gegen "sie" und das P6, letztlich
mein Eingeständnis, vielleicht
selbst nicht genug getan zu haben.....
Genug von mir. Für alle die jetzt Zeit haben, nicht wissen was sie machen sollen und gern ein Buch lesen, kann ich "Teufelskreis Prostitution" (ACABUS Verlag) empfehlen. Gib’s auch als ebook. Braucht also nicht vor die Tür.
Also keine Ansteckungsgefahr!
Is nicht so teuer, gibt auch Leseproben bei google books glaube ich. Lasst euch vom Titel nicht gleich abschrecken.
Eine Frau erzählt einen Teil ihres Lebens, vor, in und nach P6. Ohne Zeigefinger, einfach ihre Beweggründe und Erlebnisse wie ich finde, man (oder besser gesagt Frau) offener, ehrlicher und unverblümter nicht schreiben kann. Trotz meines Wissens über das P6, hat es mich sehr bewegt. In meinem ersten Lebensabschnitt hätte ich vielleicht gesagt, schöne Geschichte mit "Happy End". Aber vieles aus dem Buch konnte ich selbst erleben (wie Chistian), leider bis auf das Ende.
Sicher auch nicht auf das ganze P6 zu verallgemeinern (werden die Hobby Buchkritiker schreiben). Sie haben Recht. Aber auf jeden Fall Lesenswert, und ich verspreche euch, jede und jeder hier, wird sich in diesem Buch ein bisschen wiederfinden....
Bleibt gesund Leute