Inspiriert durch des Steirers Beitrag zur Bekleidung - eine fast wahre Geschichte...
Kleiderkauf mit 17-jähriger Tochter. Sie braucht was Schickes für eine ganz besondere Gelegenheit, und sie braucht Mamas Geldbeutel, also darf ich mit. Weil's Schnürl regnet, fahren wir nicht in die Stadt zum
Shoppen Einkaufen, sondern in ein Monstrum samt Glasdach, Kunstpflanzen, Parkhaus optional: Auto-nach-dem-Einkauf-Suchhaus namens Zittigalerie. Die Zittigalerie könnte sich überall befinden, Dresden, Stuttgart, Hamburg, ganz egal. Und die Eigenart, die Cs in Center und City durch ein scharfes Z/Tsss zu ersetzen, habe ich von meiner Oma übernommen, die, des Englischen unkundig und auch in gewisser Weise lernresistent, beharrlich eben von Einkaufszenter, Zitti und Interzitti sprach und auch nur dann, wenn sie's gar nicht vermeiden konnte. Lieber nannte sie die Dinge und Orte so, wie sie sie kannte: Kaufhaus, Innenstadt, Schnellzug. Früher, ja früher fand ich sie stur, weil sie sich so sehr weigerte, halbenglische Begriffe zu verwenden, heute würde ich ihr gerne sagen, wie
cool lässig sie war. Sie meinte einfach: Des is mir doch wurscht, des englische G'raffl.
Ich halt mittlerweile auch nicht mehr viel von dem englischen G'raffl. Aber es verfolgt mich, immer und überall. Magst das mal anprobieren?, sage ich zu meiner Tochter und nehme ein Kleid vom Kleiderständer. Never, sagt sie, türkis ist ein absolutes Nogo, das beißt sich ja mit meiner Augenfarbe. Never. Gut, ich häng's zurück, schnell, bevor ich...
Da tippt mir jemand auf die Schulter. Petra, eine frühere Nachbarin, sie
jobbt arbeitet in dem Laden. Meine Tochter schnappt sich ein paar Kleider und verschwindet in der Umkleidekabine. Petra sieht ihr nach. Die hätt ich fast nicht mehr erkannt!, meint sie
Und deine anderen Kids, wie alt sind die jetzt? Alles klar in der Family?
Grrmmpff. Ich murmle ein paar Worte, Petra hört nur halb zu. Du, ich hab gleich Pause. Treffen wir uns nachher im CoffeeShop?
Da kommt meine Tochter aus der Kabine, gewandet in ein blaues, knöchellanges Kleid. In Augenfarbe. Mama, das ist reduziert, sie deutet auf einen Aufkleber auf dem Preisschild, es hat einen Webbfehler, aber ich weiß nicht wo, das nehmen wir, okay?
Sie sagt tatsächlich Webbfehler. Vergessen meine Aufklärungsstunden, dass nicht alles, was sich web schreibt, mit dem WWW zu tun hat, vergessen meine Bemühungen, ihr klarzumachen, dass eine Emailpfanne nichts, aber schon gar nichts mit dem Versenden elektronischer Post zu tun hat. Sie sieht hinreißend aus in dem blauen Kleid, ich gehe um sie herum, mustere sie und das Kleid auf der Suche nach dem vermeintlichen Fehler im Gewebe. Ich kann nichts entdecken. Petra hilft weiter.
Das ist nicht unbedingt ein Fehler, unser Sales and Store Manager legt sowas fest. Auf Anweisung vom Marketing Department. Kleiner price optimizer. Ganz easy, weißt du?
Ja, ich weiß. Petra geleitet uns zur Kasse. Zahlst du cash, card, oder hast du vielleicht schon unsere my personal daily easy shopping card?
Jo mei, was es net alles gibt...
Die Blicke meiner Tochter bleiben an einer Jacke hängen. Wow, is die geil!, sagt sie.
Mann, das ist ne Jacke, denke ich, und die ist geil? Wahnsinn!
Ja, sehr schön. Nicht zu warm, nicht zu kalt, nicht zu dick, nicht zu dünn...und wir haben ja schließlich was gespart, wegen des Webbfehlers und der price policy. Kind probiert die Jacke an, Petra greift nochmal ein.
Die ist aus der hip'n'cheap collection! Hippntschiippkollekschn.
Ich bin ergriffen, meine Tochter auch. Allerdings überlegt sie, wann sie die Jacke anziehen soll denn: nicht zu warm, nicht zu kalt, nicht zu dick, nicht zu dünn.
Na, wann wohl? Klarer Fall für den Übergang! Das sage ich allerdings nicht, das denke ich bloß. Der Übergang ist in der Tat noch schwerer zu erklären als die Email-Pfanne.