Als Teenager konnte ich mit "klassischer" Musik gar nichts anfangen. Die Opernplatten, die meine Mutter so gerne hörte, ließen mich die Flucht aus der Wohnung antreten.
Besonders schlimm fand ich den "Liedervortrag", wo als Pinguin verkleidete Männer unverständliche, obwohl auf Deutsch gesungene, Schubertweisen zum Besten gaben. "Am Brunnen vor dem Tore" usw.
Gleiches empfand ich bei den in Zelten gewandeten Damen, die mit bebendem Busen Arien vortrugen und Töne hielten wo es mich wunderte, dass die Gläser in der Wohnzimmerschrankvitrine nicht zersprangen.
Gut, manchmal gab es auch Ausnahmen, Stücke die mir besser gefielen, und um meiner Mutter eine Freude zu machen, blieb ich dann bei ihr und hörte zu. Eine kleine Nachtmusik, Die Moldau, manche "Ohrwurmarien" z.B. aus Aida, Carmen oder der Zauberflöte.
Außerdem waren mir die Anhänger und Protagonisten der klassischen Musik gleichermaßen suspekt. Karajan mag ein Dirigent von Weltklasseformat (gewesen) sein, ein Mitläufer des Nazi-Regimes war er aber auch.
Außerdem hatten sie ja überhaupt nichts über für zeitgenössische moderne Musik - ja nicht einmal Jazzmusiker, die ihre Musik mit Virtuosität und Inspiration spielten, wurden von ihnen ernst genommen und anerkannt.
Dafür fuhren sie Mercedes, stolzierten im Frack und teurem Abenkleid am Opernball oder im Konzerthaus, die Jungen marschierten zum Elmayer um die richtigen Tanzschritte und die richtigen Manieren zu lernen, und sie galten für mich und meine Freunde als so ziemlich das fadeste, was man sich vorstellen konnte. Angepasst und brav eben. *Würg*
Ausgerechnet die Rockmusik brachte mir die Klassik näher, und sie ermöglichte mir diese Musik ohne ihre unsymphatischen Anhängsel neu zu entdecken.
Ich hörte Mussorskys "Pictures of an exibition" in der Bearbeitung von Emerson, Lake & Palmer, "Sarabande" von John Lord (dem Deep Purple Keyborder) u.ä. und schon war ich neugierig auf die Werke der "Alten".
Wie bringt man den revolutionären Gestus und klassische Musik zusammen? Wie kann man genialen Werkschöpfern wie z.B. Mozart, Bach oder Beethoven huldigen, wenn sie so vom Konservatismus vereinnahmt werden?
Wir befinden uns im Jahre 1985 n. Chr. Das ganze weltberühmte musikalische Österreich ist in der Hand des "Klassenfeindes"..........das ganze Österreich? Nein! Ein unbeugsamer, unbequemer Querspieler hört nicht auf, der Verzopftheit des klassischen Musikbetriebs Widerstand zu leisten.
Dank ihm habe ich schlußendlich meinen Zugang zur Klassik gefunden.
Danke Fritzl!
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PS: Die anderen 6 Teile dieses filmischen Porträits kann ich jedem nur wärmstens empfehlen!