Guten Abend zusammen.
Ich bin kürzlich auf eine interessante These gestossen:
Es gibt keine Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Es gibt nur Emanzen, die ständig "Gleichberechtigung" fordern. Aber denen geht es nicht um Gleichberechtigung, sondern nur um Sonderrechte.
Wären Mann und Frau wirklich gleichberechtigt, könnten die Frauen das nicht ertragen.
Was sagt ihr zu dieser These?
Erstens und das Allerwichtigste: Es gibt nicht DIE Frauen.
Mag sein, dass es ein paar Frauen gibt die so denken wie du es hier darstellst. Ich zähle mich und viele in meinem Umkreis als Feminist_innen, die nicht so denken. Leute wie du würden uns wohl als Emanzen bezeichnen (zumindest den weiblichen Teil), doch geht es uns um tatsächliche Gleichberechtigung bzw. einer Hinterfragung und Reflexion von Geschlechterrollen, wie diese zu Stande kommen, wie ich den Erwartungen die an das jeweilige Geschlecht herangetragen werden begegne, etc. Auch die "Sonderrechte" die du hier benennst, werden dabei hinterfragt.
Stell Dir mal vor, Mann und Frau wären in jeder Hinsicht gleichberechtigt, im Positiven wie im Negativen.
Das würde bedeuten, dass man Frauen nicht mehr als Frauen wahrnimmt, sondern als Neutrum. Auf die ganzen Vorteile und Vorzüge, die eine Frau hat, eben weil sie eine Frau ist, müssten die Frauen dann verzichten.
Welche Frau möchte als Neutrum angesehen werden und sich so fühlen?
Und auch auf die ganzen Sonderrechte und Privilegien, die Frauen geniessen, müssten sie dann verzichten.
Entweder ist das echt schlecht ausgedrückt oder du bestätigst hier wunderbar die Thesen von - angefangen bei Aristoteles über Irigaray, Lacan, Beauvoir,... die davon ausgehen dass der Mann das einzige Geschlecht ist und die Frau das Andere darstellt dass sich nur in Abhängigkeit zum Mann definieren kann (Thesen die ich allerdings für Schwachsinn halte - zumindest gegenwärtig). Daher die Frage: Wieso ist dann nur die Frau ein Neutrum und der Mann nicht? Abgesehen davon: Nur weil mensch Gleichwertigkeit fordert schließt das nicht zwingend Gleichartigkeit ein.
Gut, nehmen wir noch ein Beispiel:
Für gewöhnlich ist es so, dass der Mann den ersten Schritt machen muss, wenn er eine Frau kennenlernen will. Und die Frauen fühlen sich in dieser Position ganz wohl, da sie so sehr gut selektieren können.
Gäbe es in diesem Bereich Gleichberechtigung, wären Männer und Frauen gleich viel aktiv/passiv. Die Frauen müssten also ihre bequeme Position aufgeben.
Im vorletzten Jahrhundert vielleicht. In meinem Umfeld liegt die AKtivität und Passivität eines Menschen nicht am Geschlecht, sondern an der individuellen Persönlichkeit.
Seit 40 Jahren machen sich die Männer Gedanken darüber, was sie alles falsch machen, was sie anders und besser machen können.
Auch das ist für die Frauen eine sehr gemütliche Position, die es ihnen sogar ermöglicht, Macht über die Männer auszuüben. Gäbe es Gleichberechtigung, müssten die Frauen diese Machtposition aufgeben und selbst anfangen, darüber nachzudenken, was sie anders und besser machen können.
Seit Anbeginn der Menschheit machen Männer sich Gedanken darüber was die Frau IST! Männer hatten bis vor diesen 40 Jahren die du hier ansprichst, mehr Zugang zu Bildung und daher (fast ausschließlich) die Macht über die Gestaltung von Wissen. Sie haben das Wesen der Frau beschrieben, die Anatomie der Frau - bis vor einigen Jahrzenten oft einhergehend mit der Erklärung der Unterlegenheit der Frau gegenüber den Mann. DAS wiegt für mich um einiges mehr als die Feststellung, dass ein paar Frauen sich bestimmte Charaktereigenschaften von einem Mann wünschen.
Zusammengefasst: Ich glaube bei deiner "These" handelt es sich eher um deine Angst eine bestimmte Machtposition aufzugeben.