K
Gast
(Gelöschter Account)
Hallo,
das Thema das ich damit behandle ist ein heikles und der Text ist vielleicht nichts für "schwache Nerven". Mich interessiert jedoch, wie ihr dazu steht!
Ich habe mir vor einiger Zeit die Mühe gemacht einen Text abzuschreiben, der mich selbst sehr berührt und damit in meinem Freundeskreis eine ziemlich kontroverse Diskussion ausgelöst. Der Text stammt vom uruguayischen Journalisten und Schriftsteller Eduardo Galeano.
Mich würde eure Meinung dazu interessieren!
Entspricht der Text der Wahrheit, wie ihr sie wahrnehmt, oder ist es vielmehr für euch übertrieben, oder gar total unrealistisch dargestellt? Was geht in euch vor, wenn ihr diesen Text lest?
Danke für euer Feedback!
lg,
k__77
Zustand einer verkehrten Welt
(Eduardo Galeano)
Tag für Tag wird den Kindern das Recht verweigert, Kinder zu sein. Die Tatsachen spotten nur über dieses Recht und teilen ihre Lehren im täglichen Leben aus. Die Welt behandelt die reichen Kinder, als seien sie Geld, damit sie sich daran gewöhnen, auch so zu handeln, wie das Geld handelt. Die Welt behandelt die armen Kinder als seien sie Müll, damit sie auch zu Müll werden. Und die in der Mitte, die Kinder, die weder arm noch reich sind, die bindet sie an den Fernsehapparat, damit sie schon von klein auf das Leben als Gefangene wie ihr Schicksal hinnehmen. Sehr viel Zauberkraft und sehr viel Glück besitzen die Kinder, die es schaffen, Kinder zu sein.
Im Ozean der Schutzlosigkeit erheben sich die Inseln der Privilegien. Es sind luxuriöse Konzentrationslager, wo die Mächtigen nur andere Mächtige treffen, und niemals, nicht einmal für ein Weilchen, vergessen können, dass sie mächtig sind. In manchen der großen Städte Lateinamerikas sind Entführungen inzwischen an der Tagesordnung, und die reichen Kinder wachsen in einer Schutzhülle aus Angst auf. Sie wohnen in Villen hinter hohen Mauern, großen Häusern oder Häusergruppen, die von elektrischen Zäunen umgeben sind und von bewaffneten Wächtern kontrolliert werden, und sie werden Tag und Nacht von Leibwächtern und Überwachungskameras im Auge behalten. Wie das Geld werden die reichen Kinder in gepanzerten Autos transportiert.
Ihre Stadt kennen sie nur vom Sehen. Sie entdecken die U-Bahn in Paris oder in New York, doch in Sao Paulo oder in Mexico City fahren sie nie damit. Sie leben nicht in der Stadt, in der sie leben. Diese riesige Hölle, die ihren winzigen privaten Himmel bedroht, ist für sie verboten. Hinter den Grenzen erstreckt sich eine Schreckensregion, wo die Menschen viele sind, hässlich, schmutzig und missgünstig. Mitten im Zeitalter der Globalisierung gehören die Kinder an keinen Ort mehr richtig, doch die am wenigsten Heimat haben, sind die, die über die meisten Sachwerte verfügen: Sie wachsen ohne Wurzeln auf, ohne kulturelle Identität, und mit keinem anderen sozialen Sinn als der Gewissheit, dass die Wirklichkeit gefährlich ist. Ihre Heimat - das sind die international berühmten Marken, mit denen sich ihre Kleidungen unterscheidet und alles, was sie benutzen.
Ihre Sprache ist die Sprache der internationalen elektronischen Streifencodes. In den unterschiedlichsten Städten und an den entferntesten Orten der Welt gleich sich die privilegierten Kinder untereinander an ihren Gewohnheiten und in ihren Ansichten, so wie sich die Shopping-Center und die Flughäfen gleichen, die außerhalb von Raum und Zeit zu liegen scheinen. In der virtuellen Realität erzogen, werden sie dazu verzogen, die Wirklichkeit zu missachten, die nur dazu da ist gefürchtet oder gekauft zu werden. Fast food, fast cars, fast life: Von Geburt an werden die Kinder der Reichen für den flüchtigen Konsum getrimmt, und schon von Kindesbeinen an finden sie bestätigt, dass Maschinen mehr Vertrauen verdienen als Menschen. Wenn die Stunde des Einweihungsrituals kommt, wird ihnen ihr erster allradgetriebener Geländewagen geboten. Die Jahre des Wartens darauf verbringen sie damit, sich Vollgas auf die kybernetischen Autobahnen zu werfen und ihre Identität damit zu bestätigen, dass sie Bilder und Waren verschlingen, beim Zapping und beim Shopping. Die Cyberkids reisen genauso locker durch den Cyberspace wie die alleingelassenen Kinder durch die Straßen der Städte ziehen.
Viel eher als die reichen Kinder aufhören Kinder zu sein, und die Drogen entdecken, die ihre Einsamkeit betäuben und die Angst verbergen, schnüffeln die armen Kinder schon Benzin oder Klebstoff. Während die reichen Kinder noch mit den Kugeln aus Laserwaffen Krieg spielen, werden die Straßenkinder schon von Bleikugeln bedroht. In Lateinamerika bilden die Kinder und die Heranwachsenden fast die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Die Hälfte dieser Hälfte lebt im Elend. Überlebende: In Lateinamerika sterben jede Stunde hundert Kinder an Hunger oder heilbaren Krankheiten. Es gibt immer mehr Kinder auf den Straßen und Feldern dieser Gegend der Welt, die Arme produziert, die Armut aber verbietet. Kinder sind in ihrer Mehrzahl die Armen; und arm sind in ihrer Mehrzahl die Kinder. Unter allen Geiseln des Systems sind sie es, die am schlechtesten wegkommen. Die Gesellschaft presst sie aus, überwacht sie, bestraft sie und tötet sie manchmal auch: Fast nie hört sie ihnen zu, niemals versteht sie sie.
Diese Kinder, Söhne und Töchter von Menschen, die nur ab und zu Arbeit finden oder gar keine Arbeit noch einen Platz auf der Welt haben, sind von klein auf gezwungen, irgendeine Arbeit zu tun, die ihnen ein Stück Brot gibt, und müssen sich für ihr Essen oder wenig mehr überall überall auf der Welt das Kreuz kaputt schuften. Kaum haben sie laufen gelernt, lernen sie schon die Belohnung kennen, die die Armen bekommen, wenn sie sich gut benehmen: Jungen wie Mädchen sind kostenlose Arbeitskraft in den Werkstätten, Läden oder Kneipen ihres Viertels, oder sie sind spottbillige Arbeitskraft in den Exportindustrien, die für die großen multinationalen Unternehmen Sportbekleidung herstellen. Sie schuften in der Ernte auf dem Land genauso wie bei den Arbeiten in der Stadt, oder sie schuften zu Hause im Dienste dessen der dort das Kommando führt. Sie sind die kleinen Sklavinnen oder Sklaven der Hauswirtschaft oder des informellen Sektors der Weltwirtschaft, wo sie die unterste Stufe der im Dienste des Weltmarktes aktiven Bevölkerung darstellen: Auf den Müllhalden von Mexico City, Manila oder Lagos sammeln sie Flaschen, Dosen und Papier und streiten mit den Geiern um Essensreste; im Meer bei Java tauchen sie nach Perlen; in den Minengebieten des Kongo suchen sie nach Diamanten; sie sind die Maulwürfe in den Gängen der Minen von Peru, unverzichtbar wegen ihrer geringen Körpergröße, und wenn ihre Lungen nicht mehr mitmachen, landen sie auf geheimen Friedhöfen; in Kolumbien und Tansania pflücken Sie Kaffee und vergiften sich mit Pestiziden; auch auf den Baumwollplantagen von Guatemala und den Bananenplantagen von Honduras vergiften sie sich mit Pestiziden; in Malaysia sammeln sie den Kautschuksaft der Gummibäume, an Arbeitstagen, die von Sonnenaufgang bis -untergang reichen; in Birma bauen sie Eisenbahnlinien; im Norden Indiens zerschmelzen Sie an den Öfen der Glasbrennereien, und im Süden an den Ziegeleiöfen; in Bangladesch üben sie dreihundert verschiedene Berufe aus, mit Löhnen, die vom Nichts bis zum Fastnichts reichen, für jeden endlos langen Tag; für die arabischen Emirate reiten sie bei Kamelrennen, und sie arbeiten als Hirten auf den großen Viehranches am Rio de la Plata; in Port-au Prince, Colombo; Djakarta oder Recife warten sie ihren Herren bei Tisch auf, im Tausch für das Recht, das zu essen, was von diesem Tisch herunterfällt; sie verkaufen Früchte auf dem Markt von Botgotá und Kaugummi in den Autobussen von Sao Paulo; sie waschen Windschutzscheiben an den Kreuzungen von Lima, Quito oder San Salvador; sie putzen Schuhe in den Straßen von Caracas oder Guanajuato; sie nähen Kleider in Thailand und Fußballschuhe in Vietnam; sie nähen Fußbälle in Pakistan und Baseballbälle in Honduras und Haiti; um die Schulden ihrer Eltern abzuzahlen, sammeln sie Tee- oder Tabakblätter auf Plantagen von Sri Lanka und ernten Jasmin in Ägypten, der für die französische Parfümindustrie bestimmt ist; von ihren Eltern vermietet, knüpfen sie Teppiche im Iran, in Nepal und Indien, von der Morgendämmerung bis weit nach Mitternacht, und wenn sie jemand dort herausholen kommt, fragen sie: "Sind sie mein neuer Herr?"; für hundert Dollar von ihren Eltern verkauft, bieten sie sich im Sudan für sexuelle Dienste oder jedwede Arbeit an.
Mit Gewalt werden in einigen Gegenden Afrikas, des Mittleren Ostens und Lateinamerikas Jungen für den Militärdienst rekrutiert. In den Kriegen ist es die Aufgabe dieser kleinen Soldaten, zu töten, doch vor allen zu sterben: Sie stellen die Hälfte aller Opfer in den jüngst vergangenen Kriegen Afrikas. Mit Ausnahme des Krieges, der, wie die Tradition weiß und die Wirklichkeit lehrt, Männersache ist, gelten die Mädchenhände als genauso nützlich wie die Hände der Jungen. Dabei reproduziert der Arbeitsmarkt bei den Mädchen dieselbe Diskriminierung, der er normalerweise an den Frauen praktiziert: Mädchen verdienen immer weniger als die Jungen, wenn sie überhaupt etwas verdienen. Die Prostitution ist das frühe Schicksal vieler Mädchen und in geringem Ausmaß auch einer Zahl von Jungen auf der ganzen Welt. So unglaublich es klingen mag: Man schätzt, dass es in den Vereinigten Staaten dem Unicef-Bericht von 1997 nach mindestens einhunderttausend (100.000) Prostituierte im Kindesalter gibt.
das Thema das ich damit behandle ist ein heikles und der Text ist vielleicht nichts für "schwache Nerven". Mich interessiert jedoch, wie ihr dazu steht!
Ich habe mir vor einiger Zeit die Mühe gemacht einen Text abzuschreiben, der mich selbst sehr berührt und damit in meinem Freundeskreis eine ziemlich kontroverse Diskussion ausgelöst. Der Text stammt vom uruguayischen Journalisten und Schriftsteller Eduardo Galeano.
Mich würde eure Meinung dazu interessieren!
Entspricht der Text der Wahrheit, wie ihr sie wahrnehmt, oder ist es vielmehr für euch übertrieben, oder gar total unrealistisch dargestellt? Was geht in euch vor, wenn ihr diesen Text lest?
Danke für euer Feedback!
lg,
k__77
Zustand einer verkehrten Welt
(Eduardo Galeano)
Tag für Tag wird den Kindern das Recht verweigert, Kinder zu sein. Die Tatsachen spotten nur über dieses Recht und teilen ihre Lehren im täglichen Leben aus. Die Welt behandelt die reichen Kinder, als seien sie Geld, damit sie sich daran gewöhnen, auch so zu handeln, wie das Geld handelt. Die Welt behandelt die armen Kinder als seien sie Müll, damit sie auch zu Müll werden. Und die in der Mitte, die Kinder, die weder arm noch reich sind, die bindet sie an den Fernsehapparat, damit sie schon von klein auf das Leben als Gefangene wie ihr Schicksal hinnehmen. Sehr viel Zauberkraft und sehr viel Glück besitzen die Kinder, die es schaffen, Kinder zu sein.
Im Ozean der Schutzlosigkeit erheben sich die Inseln der Privilegien. Es sind luxuriöse Konzentrationslager, wo die Mächtigen nur andere Mächtige treffen, und niemals, nicht einmal für ein Weilchen, vergessen können, dass sie mächtig sind. In manchen der großen Städte Lateinamerikas sind Entführungen inzwischen an der Tagesordnung, und die reichen Kinder wachsen in einer Schutzhülle aus Angst auf. Sie wohnen in Villen hinter hohen Mauern, großen Häusern oder Häusergruppen, die von elektrischen Zäunen umgeben sind und von bewaffneten Wächtern kontrolliert werden, und sie werden Tag und Nacht von Leibwächtern und Überwachungskameras im Auge behalten. Wie das Geld werden die reichen Kinder in gepanzerten Autos transportiert.
Ihre Stadt kennen sie nur vom Sehen. Sie entdecken die U-Bahn in Paris oder in New York, doch in Sao Paulo oder in Mexico City fahren sie nie damit. Sie leben nicht in der Stadt, in der sie leben. Diese riesige Hölle, die ihren winzigen privaten Himmel bedroht, ist für sie verboten. Hinter den Grenzen erstreckt sich eine Schreckensregion, wo die Menschen viele sind, hässlich, schmutzig und missgünstig. Mitten im Zeitalter der Globalisierung gehören die Kinder an keinen Ort mehr richtig, doch die am wenigsten Heimat haben, sind die, die über die meisten Sachwerte verfügen: Sie wachsen ohne Wurzeln auf, ohne kulturelle Identität, und mit keinem anderen sozialen Sinn als der Gewissheit, dass die Wirklichkeit gefährlich ist. Ihre Heimat - das sind die international berühmten Marken, mit denen sich ihre Kleidungen unterscheidet und alles, was sie benutzen.
Ihre Sprache ist die Sprache der internationalen elektronischen Streifencodes. In den unterschiedlichsten Städten und an den entferntesten Orten der Welt gleich sich die privilegierten Kinder untereinander an ihren Gewohnheiten und in ihren Ansichten, so wie sich die Shopping-Center und die Flughäfen gleichen, die außerhalb von Raum und Zeit zu liegen scheinen. In der virtuellen Realität erzogen, werden sie dazu verzogen, die Wirklichkeit zu missachten, die nur dazu da ist gefürchtet oder gekauft zu werden. Fast food, fast cars, fast life: Von Geburt an werden die Kinder der Reichen für den flüchtigen Konsum getrimmt, und schon von Kindesbeinen an finden sie bestätigt, dass Maschinen mehr Vertrauen verdienen als Menschen. Wenn die Stunde des Einweihungsrituals kommt, wird ihnen ihr erster allradgetriebener Geländewagen geboten. Die Jahre des Wartens darauf verbringen sie damit, sich Vollgas auf die kybernetischen Autobahnen zu werfen und ihre Identität damit zu bestätigen, dass sie Bilder und Waren verschlingen, beim Zapping und beim Shopping. Die Cyberkids reisen genauso locker durch den Cyberspace wie die alleingelassenen Kinder durch die Straßen der Städte ziehen.
Viel eher als die reichen Kinder aufhören Kinder zu sein, und die Drogen entdecken, die ihre Einsamkeit betäuben und die Angst verbergen, schnüffeln die armen Kinder schon Benzin oder Klebstoff. Während die reichen Kinder noch mit den Kugeln aus Laserwaffen Krieg spielen, werden die Straßenkinder schon von Bleikugeln bedroht. In Lateinamerika bilden die Kinder und die Heranwachsenden fast die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Die Hälfte dieser Hälfte lebt im Elend. Überlebende: In Lateinamerika sterben jede Stunde hundert Kinder an Hunger oder heilbaren Krankheiten. Es gibt immer mehr Kinder auf den Straßen und Feldern dieser Gegend der Welt, die Arme produziert, die Armut aber verbietet. Kinder sind in ihrer Mehrzahl die Armen; und arm sind in ihrer Mehrzahl die Kinder. Unter allen Geiseln des Systems sind sie es, die am schlechtesten wegkommen. Die Gesellschaft presst sie aus, überwacht sie, bestraft sie und tötet sie manchmal auch: Fast nie hört sie ihnen zu, niemals versteht sie sie.
Diese Kinder, Söhne und Töchter von Menschen, die nur ab und zu Arbeit finden oder gar keine Arbeit noch einen Platz auf der Welt haben, sind von klein auf gezwungen, irgendeine Arbeit zu tun, die ihnen ein Stück Brot gibt, und müssen sich für ihr Essen oder wenig mehr überall überall auf der Welt das Kreuz kaputt schuften. Kaum haben sie laufen gelernt, lernen sie schon die Belohnung kennen, die die Armen bekommen, wenn sie sich gut benehmen: Jungen wie Mädchen sind kostenlose Arbeitskraft in den Werkstätten, Läden oder Kneipen ihres Viertels, oder sie sind spottbillige Arbeitskraft in den Exportindustrien, die für die großen multinationalen Unternehmen Sportbekleidung herstellen. Sie schuften in der Ernte auf dem Land genauso wie bei den Arbeiten in der Stadt, oder sie schuften zu Hause im Dienste dessen der dort das Kommando führt. Sie sind die kleinen Sklavinnen oder Sklaven der Hauswirtschaft oder des informellen Sektors der Weltwirtschaft, wo sie die unterste Stufe der im Dienste des Weltmarktes aktiven Bevölkerung darstellen: Auf den Müllhalden von Mexico City, Manila oder Lagos sammeln sie Flaschen, Dosen und Papier und streiten mit den Geiern um Essensreste; im Meer bei Java tauchen sie nach Perlen; in den Minengebieten des Kongo suchen sie nach Diamanten; sie sind die Maulwürfe in den Gängen der Minen von Peru, unverzichtbar wegen ihrer geringen Körpergröße, und wenn ihre Lungen nicht mehr mitmachen, landen sie auf geheimen Friedhöfen; in Kolumbien und Tansania pflücken Sie Kaffee und vergiften sich mit Pestiziden; auch auf den Baumwollplantagen von Guatemala und den Bananenplantagen von Honduras vergiften sie sich mit Pestiziden; in Malaysia sammeln sie den Kautschuksaft der Gummibäume, an Arbeitstagen, die von Sonnenaufgang bis -untergang reichen; in Birma bauen sie Eisenbahnlinien; im Norden Indiens zerschmelzen Sie an den Öfen der Glasbrennereien, und im Süden an den Ziegeleiöfen; in Bangladesch üben sie dreihundert verschiedene Berufe aus, mit Löhnen, die vom Nichts bis zum Fastnichts reichen, für jeden endlos langen Tag; für die arabischen Emirate reiten sie bei Kamelrennen, und sie arbeiten als Hirten auf den großen Viehranches am Rio de la Plata; in Port-au Prince, Colombo; Djakarta oder Recife warten sie ihren Herren bei Tisch auf, im Tausch für das Recht, das zu essen, was von diesem Tisch herunterfällt; sie verkaufen Früchte auf dem Markt von Botgotá und Kaugummi in den Autobussen von Sao Paulo; sie waschen Windschutzscheiben an den Kreuzungen von Lima, Quito oder San Salvador; sie putzen Schuhe in den Straßen von Caracas oder Guanajuato; sie nähen Kleider in Thailand und Fußballschuhe in Vietnam; sie nähen Fußbälle in Pakistan und Baseballbälle in Honduras und Haiti; um die Schulden ihrer Eltern abzuzahlen, sammeln sie Tee- oder Tabakblätter auf Plantagen von Sri Lanka und ernten Jasmin in Ägypten, der für die französische Parfümindustrie bestimmt ist; von ihren Eltern vermietet, knüpfen sie Teppiche im Iran, in Nepal und Indien, von der Morgendämmerung bis weit nach Mitternacht, und wenn sie jemand dort herausholen kommt, fragen sie: "Sind sie mein neuer Herr?"; für hundert Dollar von ihren Eltern verkauft, bieten sie sich im Sudan für sexuelle Dienste oder jedwede Arbeit an.
Mit Gewalt werden in einigen Gegenden Afrikas, des Mittleren Ostens und Lateinamerikas Jungen für den Militärdienst rekrutiert. In den Kriegen ist es die Aufgabe dieser kleinen Soldaten, zu töten, doch vor allen zu sterben: Sie stellen die Hälfte aller Opfer in den jüngst vergangenen Kriegen Afrikas. Mit Ausnahme des Krieges, der, wie die Tradition weiß und die Wirklichkeit lehrt, Männersache ist, gelten die Mädchenhände als genauso nützlich wie die Hände der Jungen. Dabei reproduziert der Arbeitsmarkt bei den Mädchen dieselbe Diskriminierung, der er normalerweise an den Frauen praktiziert: Mädchen verdienen immer weniger als die Jungen, wenn sie überhaupt etwas verdienen. Die Prostitution ist das frühe Schicksal vieler Mädchen und in geringem Ausmaß auch einer Zahl von Jungen auf der ganzen Welt. So unglaublich es klingen mag: Man schätzt, dass es in den Vereinigten Staaten dem Unicef-Bericht von 1997 nach mindestens einhunderttausend (100.000) Prostituierte im Kindesalter gibt.