Ich habe ein bisschen ein Problem damit, dass sobald jemand 'nicht der Norm' (wer definiert Norm?) entspricht, zum Seelenschlosser geschickt werden soll und 'therapiert' wird.
Ich habe ein bisserl ein Problem damit, dass hier sehr verzerrt gelesen wird. Wo wird hier jemand zum "Seelenschlosser" geschickt? Warum die von vornherein abwertende Bezeichnung "Seelenschlosser"? Warum "Therapiert" in Anführungszeichen?
Ich rufe in Erinnerung: Der Threadersteller leidet unter seinem Problem und sieht sich aus eigener Kraft nicht imstande, daran etwas zu ändern. Das ist die komplexe Angelegenheit (über die wir ansonsten zu wenig wissen, um sie halbwegs sinnvoll einzuschätzen), die nahelegt, dem TE die Wahl eines guten therapeutischen Begleiters zu empfehlen. Entscheiden wird er das selbst ...
Interessant finde ich, wie sensibel da viele reagieren, wenn eine solche Empfehlung unter ganz klaren Rahmenbedingungen ausgesprochen wird - ich wiederhole: es geht um die selbst so empfundene Unfähigkeit, ein destruktives Suchtverhalten zu verändern. Es geht NICHT darum, SM in allgemeinen oder irgendwelche Vorlieben pauschal in Therapie zu schicken. Wo wäre das herauszulesen gewesen? Wenn jemand selbst damit befriedigend zu leben vermag und auch nicht ins Leben anderer unzulässig eingreift ... viel Vergnügen. Wo jemand unter den Formen leidet, in denen sie/er Sexualität lebt, dann kann therapeutische Begleitung viel Gutes bewirken.
Kurz auch noch zur merkwürdigen Empfindlichkeit, die hier gegenüber Kindheitserfahrungen und ihren Bedeutungen für Haltungen und Verhalten im Erwachsenenalter ausgedrückt wird. Selbstverständlich geht es nicht um triviale Kausalzusammenhänge ... es ist jedoch quer durch die allermeisten psychotherapeutischen Schulen und Lehrmeinungen eins der wenigen übereinstimmenden Merkmale, dass frühe Kindheitserfahrungen zu den wesentlichen Faktoren psychologischer Erklärungsmodelle gehören. Natürlich nicht nur im Zusammenhang mit sexuellen Präferenzen, sondern alles in allem. So wird's an den Universitäten gelehrt, Rubberinchen ... unwissenschaftlich?
Interessant find ich's schon, wie sich gleich etliche in Verteidigungs- und Angriffspositionen werfen, wenn für einen ganz konkreten Anlass auf eine ganz konkrete Frage hin eine Empfehlung gegeben wird ... ich denke, wenn jemand mit sich und seiner gelebten Sexualität souverän im Reinen ist, kann ihn/sie das doch kaum jucken, oder?
Ein wenig schwingt hier natürlich immer auch der Generalverdacht mit, man würde damit quasi automatisch auch den Bereich SM oder normdevianter Sexualität vernadern und in den Bereich von psychischen Erkrankungen rücken. Da wird's dann irgendwie schizophren. Auf der einen Seite möchte man nicht "normal" sein und sich von den Vanillas unterscheiden, auf der anderen Seite möchte man dann aber schon als ganz normal angesehen werden. Ist es denn so schwer, auf das Pickel "normal" zu verzichten? Also ich für mein Teil bin mir durchaus im Klaren, dass meine Sexualität mit normalem Sexualverhalten wenig zu tun hat und in weiten Bereichen durchaus als pervers bezeichnet werden darf ... warum nicht? Wenn das jemand so bezeichnen möchte, dann viel Vergnügen. Mich tangiert das nicht. Im Gegenteil. Ich genieße es, einen deutlich umfangreicheren Bereich an lustvoller Erotik auskosten zu können, als das Vanilla-Normalverbrauchern möglich ist. Und mir ist - nicht zuletzt auch dank praktischer und theoretischer Befassung mit verschiedenen Formen von Psychologie und Therapie - auch einigermaßen klar, wo in meiner Biographie und meinen systemischen Kontexten Zusammenhänge liegen mögen, die mir mein heutiges So-Sein einigermaßen begreiflich machen und mir für die nächsten Schritte auf dem Lebensweg eher mehr Freiheiten als unwillkommene Einschränkungen bieten. Es geht ja nicht darum, irgendwen für irgendwas verantwortlich zu machen oder zu beschuldigen, wenn ich eh gut zu mir stehen kann und mein Leben genussvoll lebe. Ich bin nicht normal, ich bin anders als du und anders als du und anders als irgendwer ... ich bin ich. So what?