Sex und Naturvölker

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Gast

(Gelöschter Account)
Anlaß ist ein gestriges Gespräch mit einer Bekannten über Aufklärung von Kindern/Jugendlichen. Sie hat erzählt wie sie es bei ihrem 13 jährigen so macht, und ich wie ichs bei meinen 2 (13 und 11j.) so anstelle, etc. etc.

Dabei ist die Frage aufgetaucht wie machen das eigentlich Naturvölker. Ein Indianerstamm im Amazonasdschungel zum Beispiel. Wo alle von der Oma bis zum Enkelkind in einer Blätterhütte, praktisch in einem Raum zusammenwohnen. Ist es eine ganz normale Handlung wie Essen und Trinken? Schauen die Kids zu wenns der Papa der Mama besorgt, oder wie? Nehmen die Kids dabei Schaden wie sie es ja in der "zivilisierten" Welt anscheinend tun?

Weiß darüber jemand näheres? Oder ist es ein "weisser Fleck" in den Büchern der Wissenschaft?
 
klingt interessant,... würde auch gerne mehr darüber erfahren!!
 
Vielleicht findest ja da was!

Ich hab mich mit diesem Thema noch nicht befasst, wird aber vielleicht ähnlich sein, wie es früher bei uns auf den Bauernhöfen war. Dort wurde von den Kindern ja auch sowohl die tierische als auch die menschliche Sexualität quasi hautnah miterlebt.
 
Das ist eines der Kernarbeitsgebiete der Ethnologin Margaret Mead. In ihrem Werk Coming of Age in Samoa (Erwachsenwerden in Samoa) evaluiert sie Interviews mit 68 jungen Frauen zwischen 9 und 20 Jahren und kommt zu dem Schluss, dass diese in jungen Jahren sexuell freizuegiger sind, um spaeter in stabilen PartnerInnenschaften zu leben (Meads Werk war allerdings stets sehr kontroversiell).

Foucault geht fuer Europa davon aus, dass das Tabu der Sexualitaet erst sehr spaet (im 17. Jahrhundert) um sich griff, vorher wurde die Sexualitaet der Erwachsenen offen ausgelebt und die spielerische der Kinder nur mit Heiterkeit bedacht. Er beschreibt die parallele Entwicklung der Medizin, die "Ausschweifungen" mit "Geisteskrankheiten" verbindet, die psychiatrische Verurteilung von Onanie und "Perversionen" und nennt exemplarisch den Fall eines etwas toerichten Landarbeiters, der 1867 in einem franzoesischen Dorf namens Lapcourt "von einem kleinen Maedchen ein paar Zaertlichkeiten ergattert, wie er es frueher schon getan und gesehen hat, wie alle Burschen und Maedchen um ihn herum es taten, wenn sie [...] das Spiel spielten, das man Dickemilch nannte". Er wird nach seinen "Gedanken, Neigungen, Gewohnheiten, Gefuehlen, Urteilen" befragt, behoerdlich vernommen, zum Sprechen gebracht und lebenslaenglich in einem Hospital untergebracht.

Erst ab dieser Zeit, der Zeit des Gentleman Walter und der industriellen Revolution, hatten sich die staatlichen und kirchlichen Ueberwachungs- und Sanktionierungsapparate so weit eingespielt (Beichte, Beobachtung und Aufzeichnung des Sexualverhaltens durch die Gendarmerie), und erst dann war auch die Bevoelkerung so weit "diszipliniert", dass Sexualitaet tatsaechlich als tabu gelten konnte, und erst dadurch konnte eine sexuelle Aufklaerung als sinnvoll erachtet werden.

Wenn Sexualitaet nicht tabuisiert und zu einem Fetisch erhoben ist, besteht dementsprechend wohl auch weniger Bedarf an Aufklaerung, in anthropologischen Berichten finden sich ueblicherweise eher Initiationsriten, Uebergaenge von der Kindheit ins Erwachsenwerden, die nicht unbedingt explizit sexuellen Inhalt haben muessen (aber auch koennen).
 
klingt interessant,... würde auch gerne mehr darüber erfahren!!

... dieses Thema war noch vor 100 Jahren auch bei uns aktuell. die beengten Wohnverhältnisse der "armen" Leute liessen damals die heute selbstverständliche Privatsphäre kaum zu.
 
stimmt aber so alt bin ich nicht:mrgreen: ich bin auch in ganz kleine wohnung mit samt grosseltern aufgewachsen aber sex vor kinder oder eltern war bei uns tabu!! später wie wir umgezogen sind, hab ich mal meine mutter stöhnen gehört :roll: ich trage heute noch schaden davon:kotzen: es war für mich sehr komisch, obwohl ich schon 13 war...:oops: deswegen ist interessant für mich, dass diese völker sex sehr selbstverständlich empfunden haben!!
 
... später wie wir umgezogen sind, hab ich mal meine mutter stöhnen gehört :roll: ich trage heute noch schaden davon:kotzen: es war für mich sehr komisch, obwohl ich schon 13 war...

Falls das für Dich auch heute noch zum Kotzen ist, tust Du mir leid. Warum kannst Du Deinen Eltern keine Sexualität zugestehen?
 
Ich bin ebenfalls in einer sehr kleinen Wohnung aufgewachsen aber ich kann mich nicht erinnern, meine Eltern jemals erwischt zu haben oder auch nur ansatzweise was mitzubekommen.
Bei den Nachbarn war das allerdings was anderes :mrgreen:
Mir wars wurscht, meine Mutter war peinlich berührt und konnte überhaupt nicht damit umgehen.

Meine ersten eigenen Erfahrungen hatte ich so mit 9, war aber mehr spielerischer Natur und mit einer Gleichaltrigen. Schamgefühl kam damals keines auf, erst später, als mir die "Erwachsenen" in der Pubertät versuchten ein solches zu indoktrinieren kam sowas wie ein Genierer auf -zumindest das Bedürfnis, das damals erlebte möglichst nicht kund zu tun.
Insofern könnte ich mir gut vorstellen, daß die Kinder auch im sexuellen Bereich einfach das übernehmen, was ihnen die Erwachsenen vorleben und der s.g. "Schaden" eigentlich erst viel später auftritt. Dann nämlich, wenn man ihnen sagt, daß es eigentlich pfui ist was sie taten weil "es sich nicht gehört" und überhaupt blablabla ....
Das gilt natürlich nicht für Mißbrauch, Vergewaltigung, Nötigung und alles was gegen den Willen passiert.
 
Falls das für Dich auch heute noch zum Kotzen ist, tust Du mir leid. Warum kannst Du Deinen Eltern keine Sexualität zugestehen?

hey das sind meine eltern!!! ich gönne es ihnen nur ich finde es komisch,.. na ja das kann ich nicht erklären:oops:
 
hey das sind meine eltern!!! ich gönne es ihnen nur ich finde es komisch,.. na ja das kann ich nicht erklären:oops:

So wirds sein. Genau wie meine Bekannte erzählt: Immer wenn sie bei ihrem Sohn mit Aufklärung anfängt blockt er sofort ab. Möglicherweise deshalbe weil er es "komisch" findet das seine Mutter (Alleinerziehend) "sowas macht"
@ Anna_privat: Btw, schaust aber gut aus auf die Bilder! Muß schon sagen.....mein lieber Schwaaaaan!

@Steirerbua:
Kann mir nicht vorstellen das es bei uns auf Bauernhöfen bei dem ganzen erzkatholischen Getue so zugegangen ist.

@Prosodos:
Gewaltiges Statement. Respekt! :daumen: Werd mich gleich mal in die links einlesen.
 
@ anna: ich will dich ja nicht zum kotzen bringen - aber wie genau glaubst du eigentlich, dass du entstanden bist....? :cool: :mrgreen:

nix für ungut - die frage drängte sich irgendwie auf... ;)

ich selber finde, dass man innerhalb der familie sehr wohl über sex reden kann - aber man muss einander ja nicht unbedingt zuschauen dabei!
ich habe in letzter zeit sehr viel über offenheit und ungezwungenen umgang mit sexualität innnerhalb der familie erfahren und bin zugegegebendermaßen schwer beeindruckt, dass es mütter gibt, die mit ihren töchtern (und umgekehrt) über alles reden (können). :daumen:

wenn nämlich eine tochter meint: "mit vierzig kann man keinen sex mehr haben, das ist eklig, das will ich mir nicht vorstellen!", dann würde sie wahrscheinlich einen nervenzusammenbruch bekommen bei dem, was gerade bei meinen altersgenossen so abgeht! :cool:
aber dann fragt man sich: haperts da nicht vielleicht doch in der sexualerziehung?

so - tschuldigen für die verwässerung! :oops:

ich persönlich glaube nicht, dass naturvolkkinder psychisch geschädigt werden durch das miterleben von sexualität.
das werden auch unsere kinder nicht - sofern man sie nicht gegen ihren willen hineinzieht.
wenn sexualität als etwas normales, schönes erlebt werden kann, wird es sicher zu keinem trauma kommen!
ich rede allerdings nicht von kindesmissbrauch!
 
ich selber finde, dass man innerhalb der familie sehr wohl über sex reden kann - aber man muss einander ja nicht unbedingt zuschauen dabei!
ich habe in letzter zeit sehr viel über offenheit und ungezwungenen umgang mit sexualität innnerhalb der familie erfahren und bin zugegegebendermaßen schwer beeindruckt, dass es mütter gibt, die mit ihren töchtern (und umgekehrt) über alles reden (können). :daumen:

Wenns die Mutter nicht kann, kanns ja eventuell der Vater :mrgreen:
 
ich habe in letzter zeit sehr viel über offenheit und ungezwungenen umgang mit sexualität innnerhalb der familie erfahren und bin zugegegebendermaßen schwer beeindruckt, dass es mütter gibt, die mit ihren töchtern (und umgekehrt) über alles reden (können). :daumen:

sag bloß, du kennst meine mama?! :shock: :mrgreen:
 
Ich hab gott sei dank nie mitbekommen wie meine mutter oder mein vater sex hatten.
allerdings bin ich sehr offenherzig erzogen worden. mein vater hatte ein puff und zu meinem 10 geburtstag hat sogar ein mädel für mich zu nem lied von cats getanzt(angezogen allerings):mrgreen:

als teeny wollt ich nie über sexuelle dinge sprechen.ich erinne mich lebhaft an eine szene aus meiner frühen jugend:Klein kätzchen fährt nachts mit ihrer mutter im auto.eine leicht bekleidete profesionelle dame steht am strassenrand und wird von klein kätzchen begutachten.
mama fragt na weisst du was das ist?Kätzchen dreht sich peinlich berührt weg dreht mirt den augen und sagt geh bitte mama:mrgreen:

Ich denk allerings nicht das die naturvölker desswegen schaden nehmen nur weil sie diese dinge mitbekommen, für diese menschen ist das eben selbstverständlich und sie kennen es nicht anders.meine meinung zumindest.

im übrigen heute hab ich eine super beziehung zu meiner mutter und wir sprechen über alles.

ich glaube auch nicht das es mich in meiner psyche verändert hat das ich so aufgeschlossene eltern hatte,vielleicht in dem sinn das ich heute auch aufgeschlossener bin.
 
Die in Nr. 5 genannten Thesen und Werke stellen nur eine Seite der Medaille dar, die im Großen und Ganzem auf Norbert Elias´ Theorie vom Zivilisationsprozeß hinauslaufen. Verkürzt dargestellt: früher hat man fröhlich und ohne Scham in der Öffentlichkeit kopuliert. Erst durch "Zivilisation" (festgemacht an Phänomenen wie Urbanisierung, Christianisierung etc.) entstanden Tabus, Schamgefühl u.ä.

Dazu gibts aber auch Gegenstimmen. Hans-Peter Duerr hat in seinem 5-bändigen Mammutwerk "Der Mythos vom Zivilisationsprozeß" ("Nacktheit und Scham", "Intimität", "Obszönität und Gewalt", "Der erotische Leib" und "Die Tatsachen des Lebens", alle Suhrkamp) den Nachweis zu erbringen versucht, dass dieser Zivilisationsprozeß eben ein Mythos, eine Konstruktion der Kulturanthropologen ist und dass auch bei den oft paternalistisch-herablassend "Naturvölker" genannten Kulturen sehr hohe Schamstandards galten und gelten (so ist z.B. FKK für Aborigines-Frauen undenkbar).

Duerr ist nicht unumstritten, bietet aber ein Fülle von Belegen für seine These.
 
Wir sehen uns damit konfrontiert, daß sehr vieles das völlig naturgegeben und daher schwer ok ist, als abartig umdefiniert wurde.
(Gesunder Hausverstand, freier Wille, Sexualität,...)
Damit haben vermutlich unsere Machthaber (wie Kirche, Staat und was weiß ich der Golfclub) zu tun, damit sie weiterhin willenlose Sünder beherschen können und ihre Vorteile draus ziehen.

Dafür sind völlig sinnlose und vertrottelte Dinge als normal zu betrachten, worden. (Willenlose Dauerfernseher, Desingermuschis,..)
 
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