Ja Steirer, genau so war das damals ...
.. man legte - oft notgedrungen - mehr Wert auf andere Dinge. Selbstverständlich in unserer Familie war, dass man den Silvesterabend frisch gebadet und in feierlicher Kleidung beging. Unter feierlicher Kleidung ist zu verstehen, dass damals noch unterschieden wurde zwischen Alltagskleidung und den "guten" Sachen, die eben nur sonn- und feiertags getragen wurden.
Was noch gut erhalten, aber halt zu klein geworden war, weil man rauswuchs, wurde dann an die nachfolgenden Kinder weitervererbt ... und nicht immer waren diese sehr glücklich darüber.
Wenn man heute schnell unter die Dusche springt, den Heißwasserhahn aufdreht und im Nu gerichtet ist, so war das Wochenendbaden seinerzeit eine Prozedur, die den ganzen Nachmittag dauern konnte.
Im Bad stand ein riesiger mit Holz oder Kohle beheizbarer Wasserbehälter direkt neben der Badewanne, und so man denn Heizmaterial hatte, hieß es nach dem Anzünden warten, warten, warten ... bis das Wasser die entsprechende Temperatur hatte.
So knapp ist es bei uns daheim nie gewesen, dass wir nacheinander das gleiche Badewasser benutzen mussten, aber wir drei Kinder haben anfangs schon gemeinsam in der Wanne geplanscht .. und uns manche Schimpfe eingefangen, weil oft mehr Wasser auf dem Boden landete als in der Wanne verblieb.
Der Spass dauerte meist so lange, bis das Wasser zu kalt wurde, denn natürlich konnte man nicht einfach heißes nachlaufen lassen, da ja auch die Eltern noch genügend zur Verfügung haben mussten.
Die Winter in der Nachkriegszeit kommen mir in der Erinnerung extrem kalt vor. Ich weiß, dass mich eines abends mein Vater auf den Arm nahm, dick eingemummelt, und mir vom Garten aus das Nordlicht gezeigt hat. Ein außergewöhnliches Schauspiel in unseren Breitengraden, aber in seinen am dunklen Nachthimmel schlingerden Farbwechseln so beeindrucken, dass ich es noch heute vor mir sehe.
Unsere Etagenwohnung und die beiden Kinderzimmer im 2. Stock wurden durch Kohleöfen beheizt, die später durch Ölöfen ersetzt wurden. Die angelieferten Briketts wurden über eine Rutsche durch das Kellerfenster in den Keller befördert und es war keine sehr beliebte Aufgabe, die Kohlestücke dort ordentlich zu stapeln, so ähnlich wie man das heute noch mit Kaminholz macht.
Ich war noch sehr klein, vermutlich so ca. 5 Jahre alt, und muss wohl mitbekommen haben, dass die Eltern sich Sorgen um den zur Neige gehenden Brikett-Vorrat machten.
Jedenfalls hatten unsere Nachbarn eine Kohlelieferung bekommen, die noch direkt zwischen unseren Grundstücken lagerte, welche durch einen Maschendrahtzaun getrennt waren.
Es hat mich ziemliche Mühe gekostet, eines dieser kostbaren Briketts durch den Drahtzaun auf unsere Seite zu expedieren. Und ich erinnere mich noch, dass ich zutiefst enttäuscht war, als ich es stolz meiner Mutter brachte, die darüber - ganz anders als erwartet - gar nicht erfreut war. Damals habe ich gelernt, dass man das Stehlen nennt und musste das Brikett wieder an seinen Platz zurückbringen.
Seltsamerweise fällt mir noch sehr viel ein, aus der Zeit damals ...
vielleicht mag`s ja jemand lesen ...