"Neue Züricher Zeitung"
Deutlich weniger Hospitalisierte:
So gut wirkt der Booster
Neue BAG-Zahlen zu Impfdurchbrüchen zeigen nun auch in der Schweiz: Die dritte Dosis sorgt noch einmal für deutlich tiefere Todesfall- und Hospitalisierungsraten.
Die Schweiz hat derzeit mit rekordhohen Corona-Infektionszahlen zu kämpfen. Gleichzeitig bleibt die Situation in den Spitälern zwar angespannt, eine Überlastung des Gesundheitssystems ist aber bisher nicht eingetreten.
Ein Grund dafür ist, dass die mittlerweile dominante Omikron-Variante weniger starke Verläufe auslöst. Doch auch die Impfungen sorgen dafür, dass weniger Menschen ins Spital eingeliefert werden müssen. Neue Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zeigen nun, dass der Booster hier noch einmal einen deutlichen Zusatzeffekt hat.
Betrachtet man die Zahlen der letzten drei Wochen, so reduziert sich die Zahl der Impfdurchbrüche unter den Geboosterten gegenüber den zweifach Geimpften um zwei Drittel, bei den Todesfällen sind es gar drei Viertel weniger. Gegenüber den Ungeimpften zeigt sich ein Rückgang der Hospitalisierungs- und Todesfallrate um weit über 90 Prozent.
Booster schützt auch vor Infektion
In den Wochen zuvor landeten ebenfalls vergleichsweise wenige Personen im Spital, die einen Booster erhalten hatten. Die fünfte Welle ist unter den Personen mit Auffrischimpfung über 60 Jahren deutlich flacher verlaufen als in der Gesamtbevölkerung. Bei den Ungeimpften hingegen waren die Inzidenzen um ein Vielfaches höher. Die Hospitalisierungsrate der zweimal Geimpften hat sich in den letzten Wochen jener der Gesamtbevölkerung angenähert – ein Hinweis darauf, dass die Wirksamkeit der initialen Impfung abnimmt.
Die Älteren haben früher einen Booster erhalten, dementsprechend sind Geboosterte im Schnitt älter als Ungeboosterte und haben damit auch ein höheres Hospitalisierungs- und Sterberisiko. Eine Beschränkung auf die Altersgruppe ab 60 begrenzt diese Verzerrung ein wenig. Ein noch präziseres Bild entsteht, wenn die Altersgruppen kleinteiliger gewählt werden.
Bei den Personen unter 50 Jahren zeigt sich hier aber kaum ein Unterschied zwischen zwei- und dreifach Geimpften. Dies ist aber wohl den relativ kleinen Fallzahlen in diesen Altersgruppen geschuldet, belastbare Aussagen lassen sich deshalb nicht treffen. Es zeigt sich auch, dass bei den Personen unter 50 Jahren nur ein verschwindend kleiner Teil der Hospitalisierungen auftritt.
Diese Zahlen bestätigen Beobachtungen in Israel. Laut einer Ende Dezember im «New England Journal of Medicine» veröffentlichten
Studie reduzieren sich nicht nur die Spitaleintritte und Todesfälle nach dem Booster über alle Altersgruppen stark, auch bei den Infektionen lässt sich ein solcher Effekt beobachten. Die Zahlen beziehen sich jedoch noch auf die Zeit vor der Omikron-Welle und auf mit dem Pfizer-Impfstoff geimpfte Personen. Auch
weitere Studien stellen deutliche Reduktionen der Todesfall- und Hospitalisierungsraten fest.
Die Schweiz hinkt hinterher
Mit Omikron wird die Auffrischimpfung noch einmal wichtiger, denn zwei Dosen bieten nach einiger Zeit
kaum Schutz gegen die neue Variante. In der Schweiz wurde die Booster-Kampagne jedoch klar
verschlafen.
Unsere Nachbarländer sind schon deutlich weiter, in Israel wird bereits ein
zweiter Booster verabreicht. In der Schweiz ist erst rund ein Drittel der Bevölkerung geboostert, die übrigen zwei Drittel haben gegenüber Omikron nur noch einen geringen Immunschutz. Ein bedeutender Teil der Bevölkerung dürfte sich also in den nächsten Monaten mit der neuen Variante anstecken. Derzeit verzeichnet das BAG täglich über 25 000 Fälle – die Positivitätsrate der Tests und damit die Dunkelziffer ist hoch.
Experten
gehen davon aus, dass aufgrund der hochansteckenden neuen Variante irgendwann über 90 Prozent der Bevölkerung eine gewisse Immunität gegen das Coronavirus aufweisen werden. In der dann herrschenden endemischen Phase dürften die grossen Infektionswellen ausbleiben, doch mit Todesfällen und Hospitalisierungen wegen Covid-19 müsse man weiter rechnen. Die Situation sei dann vergleichbar mit eine Grippewelle – jedenfalls solange sich keine neue, gefährlichere Variante durchsetze, welche den bisher aufgebauten Immunschutz in der Bevölkerung umgehen könne.