Artikel vom 21.11.2010 16:00
Platzverweis für Promi-Nachtlokal
Rotlicht im Zwielicht: Wiens bekanntestes Bordell hat Ärger mit dem Flughafen Schwechat und der rumänischen Justiz.
Österreichs exklusivste Nachtclub-Kette hat an mehreren Fronten zu kämpfen. Das Unternehmen Babylon, mit Nobel-Bordellen in Wien, Salzburg und Klagenfurt, findet sich plötzlich in den Negativschlagzeilen. So wurde vom Wiener Flughafen der Vertrag des bekannten, aber auch heftig kritisierten Werbeplakats gekündigt. Jährlich pilgern Millionen Fluggäste bei der Ankunft an lebensgroßen, in Unterwäsche und High Heels gekleideten Frauen vorbei.
Diese Zwangsbeglückung löste heftige Reaktionen aus. Denn auf dem Weg zu den Gepäck-Laufbändern sieht jeder Passagier die schlüpfrige Plakatwerbung. "Wir sind ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen, aber die Beschwerden nahmen zu. Der Vertrag wurde gelöst", bestätigt Airport-Sprecher Peter Kleemann. Babylon-Manager Richard Schweiger, 51, reagierte in seinem Salzburger Büro gelassen: "Alles verändert sich."
Weniger gelassen reagiert er auf den Vorwurf, in seinen Häusern hätten minderjährige Rumäninnen ihre Liebesdienste angeboten, auch bei prominenten Gästen. Sogar US-Filmstars seien mit ihren Privatjets für einige Tage angereist.
Menschenhändler
Denn am kommenden Mittwoch startet in Rumänien (Regionalgericht Slobozia) die Hauptverhandlung gegen vier mutmaßliche Menschenhändler. Einer der Angeklagten, Ion T. (34), soll Ermittlern auch bereits die Vorgangsweise gestanden haben.
Demnach seien Teilnehmerinnen an rumänischen Missen-Wettbewerben mit dem Versprechen von Profi-Fotoshootings nach Österreich gelockt worden. Sie würden auch fotografiert werden, müssten aber - um die entstandenen Kosten abzudecken - in den Nachtlokalen als Prostituierte arbeiten.
Babylon-Manager Schweiger spricht von einer Intrige: "Wir engagieren für Shootings Mädchen verschiedenster Modellagenturen. Etwa für Kalender, Wäschewerbung oder TV-Spots. Einige sind auch jünger als 18. Das ist international so üblich. Keines dieser jungen Mädchen hat jemals in einem unserer Nachtclubs gearbeitet."
Nachsatz: "Wenn Damen über 18 Jahre alt sind und als Prostituierte arbeiten wollen, dann ist das möglich." Die Mittwoch in Rumänien vor Gericht stehenden Menschenhändler (oder Agenturbetreiber) sollen an die Babylon-Kette 25 Mädchen für Foto-Shootings vermittelt haben.
Modellverträge
Insgesamt, so Schweiger, hätten 300 junge Frauen aus 22 Nationen Modellverträge mit Babylon. 170 Damen arbeiteten in den drei Bordellen. Schweiger: "Sie sind als selbstständig Erwerbstätige in Österreich gemeldet, zahlen Steuern und absolvieren die vorgeschriebenen Untersuchungen."
Oberst Gerald Tatzgern, Leiter des Büros gegen Menschenhandel im Bundeskriminalamt, ist vorsichtig: "Wir unterstützen die Kollegen in Rumänien vorerst mit Amtshilfe. Gefährliches Halbwissen hilft nicht weiter.
Wir sind gerade dabei, die Abklärung in Österreich zu starten."
Rumänien: Prostitution gesetzlich verboten (Anm. in Österreich nur "sittenwidrig" )
Im EU-Mitgliedsland Rumänien ist Prostitution verboten. Somit gibt es auch keine gesetzlich vorgeschriebenen Gesundenuntersuchungen. Ein Nährboden für Geschlechtserkrankungen. So hat das Land in der europäischen Union die meisten Syphilis-Kranken.
(Anm. Danke, für diese Info, auch in Deutschland gibt es längst keine Zwangs-Untersuchung für "Sittenwidrige" mehr!)
Der Ruf, Prostitution zu legalisieren, wird immer lauter. (Anm. aber anscheinend nur in Rumänien )
Viele Politiker wollen oder können diese Forderung aber nicht durchsetzen. Denn hochrangige Funktionäre arbeiten mit den Zuhälterringen zusammen. Zumindest garantieren sie einen gewissen Schutz vor den Behörden.
Das niedrige Einkommensniveau und fehlende Berufsperspektiven treiben junge Rumäninnen in die Fänge der Menschenhändler. Unter Vortäuschung eines normalen Jobs (vom Kindermädchen über Putzfrau bis zur Tänzerin) werden die Mädchen nach Österreich, Deutschland und Italien geschleust und dort zur Prostitution gezwungen.
http://kurier.at/nachrichten/wien/2051762.php