aktuelle Lage im arabischen Raum

Noch haben die Militärs in Ägypten die reale Macht nicht aus der Hand gegeben. Wenn dies aber doch geschehen sollte, wo geht dann die Reise hin? Die islamistischen Gruppierungen verfügen im Parlament über die 2/3 - Mehrheit, genauer gesagt besetzen sie 70 % der Sitze. Islamistische Abgeordnete verweigern den Eid auf die Verfassung und reklamieren eine Aufnahme der Scharia in das Grundgesetz. Würden die Militärs die Macht tatsächlich an eine zivile Regierung abtreten, dann ist ein islamischer Gottesstaat nicht mehr unmöglich.

Und Libyen? Gaddafi - Anhänger haben die Stadt Bani Walid unter ihrer Kontrolle gebracht. Stabile innenpolitische Verhältnisse werden dadurch nicht gerade demonstriert.

Keine positiven Aussichten für den Mittelmeerraum.
 
Wahlsieger ist ja die FJS, die aus der Muslimbruderschaft entstanden ist, und sich selbst als moderat islamisch bezeichnet.
Ich bin schon neugierig, ob und wie sich dieses "moderat" im Vergleich/Gegensatz zu der "radikal islamistischen Partei des Lichtes" (zweitstärkste Fraktion) äußern wird.
 
und sich selbst als moderat islamisch bezeichnet.

Da gebe ich dir recht, es wird interessant werden, wie sich diese beiden Gruppen voneinander abgrenzen. Wenn man jetzt noch berücksichtigt, dass 10 % der Parlamentssitze auf die koptischen Christen entfallen, dann haben die Liberalen, die ja die eigentlichen Träger des Widerstandes gegen das Regime waren, aus der Revolution nicht profitieren können.
 
Muslimbrüder gibt es seit Jahrzehnten in Ägypten. Auch als gut organisierte Gruppe, die politisch aktiv war und ist. So wie viele andere Gruppen war es ihnen bisher verwehrt an den Parlamentswahlen teilzunehmen. Lediglich als Einzelpersonen konnten sie gewählt werden, wenn nicht Ausschlußgründe vorlagen. Grundsätzlich war und ist das in allen Demokratien so der Fall - der Unterschied war, daß es unzählige Ausschlußgründe und Einfluß Wahllistenverbote gab, sodaß man bis vor einem Jahr nicht von freien Wahlen sprechen konnte.

In Wirklichkeit waren die Muslimbrüder aber immer Ansprechpartner im poltitischen Prozeß. Auch die Ägyptischen Präsidenten konnten nie diametral gegen die Muslimbrüder agieren, unter Nasser waren sie marginalisiert, unter Sadat gewannen sie Einfluß und unter Mubarak waren sie eine bedeutende einflußreiche Gruppe, die sich sehr geschickt verhielt: Nichts tun gegen die Kerninteressen der USA und des Militärs sowei der Regierung, Hilfe in Notsituationen, solange die Fernsehkameras zur Stelle waren, publizistisch aktiv im Sinne Anprangern von sozialen Ungerechtigkeiten, im Alltagsleben erkennbar gläubige Moslems,... also in Summe: sehr populistisch. Der Unterschied zum Regime war: Muslimbrüder stellen die Religion vor die Nation, das Regime stellte die Nation vor die Religion.

Daß nun diejenigen, die die meisten Wähler haben auch die meisten Sitze im Parlament besetzen, liegt in der Natur einer Demokratie. Mehr Angst haben als bisher braucht sicher niemand. Daß sich die Lage nicht radikalisiert, ist das Interesse aller, außer derer, denen schon bisher das allgemeine Wohlergehen ein Anliegen war. Die Muslimbrüder gehören sicherlich dazu. Wenn die neuen Machthaber die Grundversorgung der Bevölkerung sicherstellen können und dazu noch die extremen Ungereichtigkeiten beseitigen, dann werden sie lange regieren. Wenn sie es nicht schaffen, gibt es Hungerrevolten, die - egal, wer die Macht innehat - in einem Blutbad größten Ausmaßes enden.

Die Quellen des Wohlstands sind in Ägypten: der Tourismus (der derzeit völlig darniederliegt), die Ölförderung und die Einnahmen der Gastarbeiter aus den Staaten der arabischen Halbinsel (übrigens: diese Gastarbeiter kehren nach mehreren Jahren religiös radikalisiert zurück und bilden den größten Teil der Salafiten), dazu kommen die enormen Zahlungen im Zusammenhang mit der US-Militärbasis (übrigens: der weltweit größten außerhalb der USA).

Es wird daher auch im Bereich der Europäer liegen, ob Ägypten auf dem Weg des Tourismus Einnahmen erhält und dadurch indirekt auch ein gewisser Liberalismus im Land erhalten bleibt. Die Bevölkerung spürt sehr gut, von wo die Wohltaten kommen und orientiert de facto sich daran, solange es keine Einflüsse sind, von denen empfunden wird, daß sie die (nationale oder religiöse) Kulturbasis beschädigt.
 
Ich sagte nämlich nicht, daß das säkulare Israel mit den Orthodoxen keine Probleme hat, sondern, daß es weniger Probleme hat, als Du vermutest.

Ich vermute gar nichts. Aber wenn das hier "weniger Probleme" sind?:hmm:

Salzburger Nachrichten von heute

Ultraorthodoxe griffen erneut Frau in Israel an

Todesangst. Fünf Männer fühlten sich durch die Kleidung einer jungen Frau provoziert und jagten sie durch die Straßen.

Tel Aviv (SN, dpa). Erneut ist eine Israelin Opfer ultraorthodoxer Juden in der religiösen Hochburg Beit Schemesch, westlich von Jerusalem, geworden. Die Männer hätten die Scheiben ihres Autos eingeschlagen, die Reifen zerstochen, ein Bleichmittel ins Innere des Wagens geschüttet und die Frau mit Steinen beworfen, berichteten israelische Medien am Mittwoch. „Ich dachte, dies ist das Ende, ich werde sterben“, zitierte die Zeitung „Haaretz“ das Opfer Natali Maschiah. Sie wurde bei dem Überfall leicht am Kopf verletzt. Fünf Verdächtige seien festgenommen worden, sagte der Sprecher der israelischen Polizei, Mickey Rosenfeld.

Die Stadt Beit Schemesch war schon Ende des vergangenen Jahres in die Schlagzeilen geraten, nachdem das Fernsehen einen Bericht über ein Schulmädchen gezeigt hatte, das von einem ultraorthodoxen Mann bespuckt worden war, weil es seiner Meinung nach nicht sittsam gekleidet war. Auch bei dem jüngsten Angriff sollen sich die Männer durch die Kleidung der Frau provoziert gefühlt haben. ..........
 
Ich vermute gar nichts. Aber wenn das hier "weniger Probleme" sind?

Was denn sonst?

Natürlich veurteile ich diesen Fall und zum Glück wurde die Frau nur leicht verletzt und die Täter verhaftet.
Ohne diesen Fall verharmlosen zu wollen, muß man sich aber schon nach der Intention der SN fragen.
Würden sie z.B. auch einen Artikel darüber bringen, wenn etwa in Schweden 5 jugendliche Skins einen Immigranten leicht verletzten würden, oder ist die Geschichte für die SN deshalb besonders berichtenswert, weil Juden die Täter sind?

Ich hab übrigens gehört, daß es gestern in Tel Aviv bei einem Verkehrsunfall 2 Leichtverletzte gegeben hat und warte jetzt, was die SN morgen dazu zu sagen hat!
Da Du sie ja abonniert hast, bitte ich Dich mich am Laufenden zu halten!
;)
 
Natürlich kann man Medien, die nicht immer nur so berichten, wie man es selber gerne hätte, in´s antisemitische Eck stellen. Würdest du regelmäßig die SN lesen, dann wüsstest du es besser. Wenn du jetzt den Eindruck vermitteln willst, dass dies eine exklusiv von der SN verbreitete Geschichte sei, dann hast du übersehen, dass sie von der Zeitung "Haaretz" gebracht und von der dpa übernommen wurde. Und die SN sind nicht das einzige deutschsprachige Printmedium, wo die Meldung erschienen ist.

Ist der FOKUS auch ein antisemitisches Hetzblatt?

Und wie ist es mit dem Spiegel?

Und dann erst die Süddeutsche ........

Und in Berlin .....


Aber auch in Österreich sind die SN mit dieser Meldung nicht alleine ......

Ich hab übrigens gehört, daß es gestern in Tel Aviv bei einem Verkehrsunfall 2 Leichtverletzte gegeben hat und warte jetzt, was die SN morgen dazu zu sagen hat!



Wer weiß ....... vielleicht berichten israelische Medien ja auch über den Stau auf der Tangente. :ironie:
 
Zuletzt bearbeitet:
Natürlich kann man Medien, die nicht immer nur so berichten, wie man es selber gerne hätte, in´s antisemitische Eck stellen. Würdest du regelmäßig die SN lesen, dann wüsstest du es besser. Wenn du jetzt den Eindruck vermitteln willst, dass dies eine exklusiv von der SN verbreitete Geschichte sei, dann hast du übersehen, dass sie von der Zeitung "Haaretz" gebracht und von der dpa übernommen wurde. Und die SN sind nicht das einzige deutschsprachige Printmedium, wo die Meldung erschienen ist.


Ich hab da nix übersehen, aber eventuell Du, daß nämlich die von mir sehr geschätzte Haaretz eben israelisches Medium ist.
Sprich; für sie ist das eine interne G'schicht über die sie nonaned berichten.
Wenn sich etwa in Ottakring ein paar Jugendliche untereinander vermöbeln und es 3 Leichtverletzte gibt kannst das sicher in Krone, Kurier, etc. lesen, z.B. einer finnischen Zeitung wird das eher blunzen sein, oder?
Aber bei Israel ist alles immer gleich ++breakingnews++, selbst wenn's nur ein Hund ist, der in Nachbars Garten scheißt, kommt mir manchmal vor. Das sag ich jetzt absichtlich so und betone nocch einmal, daß ich die Geschehnisse wie von Dir zitiert nicht verharmlosen möchte!
Da hilft mir der Hinweis, daß nicht nur die SN, sondern auch andere deutschsprachige Medien darüber berichten auch ned wirklich weiter, denn Du springst ja auch ned von der Stadionbrücke, nur weil 4 andere das auch tun.

Den Antisemitismus bringst jetzt Du ins Spiel, ich kenne die Motivation von den SN, Focus, Spiegel, etc. nicht.
 
Aber bei Israel ist alles immer gleich ++breakingnews++, selbst wenn's nur ein Hund ist, der in Nachbars Garten scheißt,

War aber kein Hund, der in Nachbars Garten geschissen hat. Es war ein Bericht über bedenkliche Tendenzen in der israelischen Gesellschaft. Genau so, wie die jüngsten Vorfälle am Tharir - Platz eben über Tendenzen in Ägypten zu denken geben .........
 
War aber kein Hund, der in Nachbars Garten geschissen hat. Es war ein Bericht über bedenkliche Tendenzen in der israelischen Gesellschaft. Genau so, wie die jüngsten Vorfälle am Tharir - Platz eben über Tendenzen in Ägypten zu denken geben .........


Nu, ich denke, der Unterschied ist leicht ersichtlich!
Und wie gesagt warte ich auf SN-Berichte über gefährliche Tendenzen in der schwedischen Gesellschaft schon mit Spannung! ;)
 
Es gibt in den Salzburger Nachrichten auch Kommentare zur politischen Situation in Schweden.

Die rechten Schwedendemokraten würden zwar gern mitreden, dürfen aber – zumindest vorerst – nicht. Zu sehr haben sich die Schweden daran gewöhnt, dass ausländerfeindliche Rechtspopulisten nicht im Parlament sitzen, sondern „nur“ die Gemeindepolitik im vergleichsweise dicht von Einwanderern bevölkerten Süden des Landes mitgestalten dürfen.

Allerdings wollen wir jetzt doch nicht vom Nahen Osten ablenken. Diese Taktik ist ja alt und bekannt:

Auf die Frage nach dem Rüssel des Elefanten antwortet der kleine Maxi dem Lehrer : "Der Elefant hat einen wurmförmigen Rüssel. die Würmer werden eingeteilt wie folgt ............!" :haha:
 
Es gibt in den Salzburger Nachrichten auch...

Tja, Äpfel und Birnen....
Aber eh wurscht, wenn Du was falsch verstehen willst, kann ich Dich auch ned davon abhalten.
Meinen notwendigen und richtigen Kritikpunkt hab ich angebracht und das war's dann von mir wieder einmal zu diesem Medienthema.
 
Was soll man jetzt noch sagen?
Danke Russland (und China)????

"Nach dem Scheitern einer gemeinsamen UNO-Resolution hat die Gewalt am Montag in Syrien einen neuen Höhepunkt erreicht. In der Stadt Homs sollen laut Aktivisten mindestens 50 Menschen getötet worden sein. Laut Augenzeugenberichten feuerten die Truppen von Präsident Assad erstmals auch Raketen auf die Stadt ab. Auch wenn China und Russland ihr Veto verteidigten, angesichts der wachsenden Gewalt schickte Moskau nun seinen Außenminister nach Damaskus."
orf.at
 
@Trina: Es fällt einem kein Stein aus der Krone, wenn man zugibt, daß man sich argumentativ verrannt hat.

Zu Syrien:
Das, was nun passiert, war entsetztlicherweise leider absehbar. Eine Revolution, die, wenn nur von innen geführt, auf Grund der Gegebenheiten keinen Erfolg bringen kann, dennoch zu beginnen, in der Hoffnung, daß einem äußere Kräfte beistehen ist gegenüber der nichtrevolutionären Bevölkerung unverantwortlich leichtsinnig.
Es war von Anfang an klar, daß sich Rußland und China kein zweites Mal mit UNO-Resolutionen über den Tisch ziehen lassen. Auch Geopolitisch ist ein bedrängtes Assad-Regime in Syrien für Israel, die USA und die Europäische Union in ihren Kriegsplänen bezüglich Iran eher vorteilhaft.
Schlimm, aber das ist die grausame Kriegslogik.
 
Eine Revolution, die, wenn nur von innen geführt, auf Grund der Gegebenheiten keinen Erfolg bringen kann

Es ist mir (trotzdem) unbegreiflich, dass Assads Militärmaschinerie den Aufstand der Menschen nicht unter Kontrolle bringt. Und das, obwohl es sich nur um einen Teil der Bevölkerung handelt, der sich gegen das Regime wendet. Egal wie es ausgeht, es droht eine Situation ähnlich der in Libyen. Dort ist es das Stammeswesen, das den Frieden verhindert, da sind es die religiösen Unterschiede, welche die Bevölkerung spalten.
 
@Trina: Es fällt einem kein Stein aus der Krone, wenn man zugibt, daß man sich argumentativ verrannt hat.

:fragezeichen: :fragezeichen: :fragezeichen: :fragezeichen:


Eine Revolution, die, wenn nur von innen geführt, auf Grund der Gegebenheiten keinen Erfolg bringen kann, dennoch zu beginnen, in der Hoffnung, daß einem äußere Kräfte beistehen ist gegenüber der nichtrevolutionären Bevölkerung unverantwortlich leichtsinnig.

Ich denke, daß es viel zu früh ist um zu behaupten, daß die syrische Revolution erfolgreich sein wird. Möglich ist beides.


Es war von Anfang an klar, daß sich Rußland und China kein zweites Mal mit UNO-Resolutionen über den Tisch ziehen lassen.

Es geht doch nicht um ein "übers Tisch ziehen lassen". Sowohl Russland als auch China haben sich in der Libyen-Frage einfach nicht engagiert, da sie viel zu sehr in dem "Ost vs. West"-Denken verhaftet sind, und jetzt in stalinistischer Denkweise mauern.
Ich glaube nicht, daß ihnen der kurzfristige Gewinn aus den aktuellen Waffengeschäften mit dem syrischen Regime international viel Nutzen bringen wird.
Fest steht aber, daß sie ordentlich viel Blut an ihren Händen haben.


Auch Geopolitisch ist ein bedrängtes Assad-Regime in Syrien für Israel, die USA und die Europäische Union in ihren Kriegsplänen bezüglich Iran eher vorteilhaft.

Äpfel und Birnen...
Denke nicht, daß es sinnvoll ist die beiden Probleme zu vermischen und vorteilhaft ist die Situation für den Westen sicherlich nicht.


Wie bei jeder Revolution ist die Hauptfrage, wie es - wenn die Revolution gelingt - dann weitergeht. So traurig es klingt, aber das mörderische Assad-Regime war sehr berechenbar. Im Gegenteil zu z.B. Gadaffi.
Gerade die Nachbarn blicken sehr besorgt nach Syrien.
 
Es ist mir (trotzdem) unbegreiflich, dass Assads Militärmaschinerie den Aufstand der Menschen nicht unter Kontrolle bringt. Und das, obwohl es sich nur um einen Teil der Bevölkerung handelt, der sich gegen das Regime wendet. Egal wie es ausgeht, es droht eine Situation ähnlich der in Libyen. Dort ist es das Stammeswesen, das den Frieden verhindert, da sind es die religiösen Unterschiede, welche die Bevölkerung spalten.

Die Gefahr sehe ich nicht so.
Vor der Machtergreifung des alten Assads gabs kaum Spannungen zwischen Sunniten und Nusairier (die Kurden werden sich sowieso raus halten). Natürlich hat die Familie viel für die Nusairier-Gemeinschaft in Syrien getan, aber nie auf Kosten der Sunniten. Ja, man war sogar immer bestrebt die Akzeptanz der Moslems(!) zu gewinnen. Dass heute so viele Offiziere nusairierschen Glaubens sind, hat seine Gründe nicht in einer Bevorzugung.
Daneben existiert im Gegensatz zu Libyen eine benachbarte Ordnungsmacht, die bereit und fähig wäre, die Situation in Syrien zu beherrschen.
Dazu kommt noch, dass es in Syrien im Gegensatz zu Libyen nicht viel zu verteilen gibt. Das kann auch ein Segen sein, für ein Land in dieser Situation.
 
Zurück
Oben