http://derstandard.at/1388650172752...nden-sich-an-Internationalen-Strafgerichtshof
wird ja immer absurder - die fanatiker wollen also den internationalen strafgerichtshof anrufen.
im koran steht aber komischerweise: alle gerechtigkeit kommt von allah. er ist allwissend und allweise.
somit ist es doch im sinne gottes was passiert in ägypten? begehen die muslimbrüder nicht gotteslästerung?
Du machst hier einen Denkfehler, der "Westlern" beim Blick auf die Islamisten (ich verwende die Bezeichnung für alle, die sich nicht traditionell aus der Politik heraushalten, sondern sie viel mehr nach "islamischen" Vorstellungen umgestalten wollen, da waren die MBs tatsächlich bei den ersten mit dabei) häufig passiert - Die Annahme das Islamisten eine homogene Gruppe wären, was sie aber (genausowenig wie "Die Linken") sind. Selbst in der MB gibt es große Unterschiede, auch zwischen dem Syrischen (da wiederum der extremere Hama Zweig und dem Aleppo Zweig) und dem Ägyptischen Flügel und dann zwischen ihnen und der Hamas, die über die Hizbollah wesentlich positivere Beziehungen zum Iran hat.
Die MB tritt auch, im Gegensatz zu anderen Islamisten, NICHT für einen Islamischen Staat im Sinne eines Kalifats ein sondern für eine Islamische, demokratische Republik (auch in Europa sind viele Gesetze noch immer in Kraft, die keinesfalls Straftaten verhindern, sondern schlicht und einfach aus Christlichen Moralvorstellungen heraus entstanden sind, insb. die ganzen Verweise auf gute Sitten und gegen Ungebührliches Verhalten), weshalb sie ja auch von den Saudis extrem bekämpft werden, die sich von der Idee der Vereinbarkeit des Islams mit einer Republik natürlich bedroht fühlen (wiederspricht ihrem Narrativ, das man entweder unter einer heidnischen Herrschaftsform names Demokratie, oder unter ihnen, den guten Wahabis leben kann) und zu den ersten gehören die den Militärputsch in Ägypten begrüßt und anerkannt haben. Darum war auch ihr anfängliches Bündnis mit den Salafis nur taktischer Natur und sind diese (wesentlich extremeren) Islamisten sehr schnell auf Seite des Militärs gewechselt und habe die Ausschaltung ihres Konkurrenten mit unterstützt.
Weiters waren die MBs immer flexibel, in Ägypten waren sie eine Massenpartei mit breiter Unterstüzung im Kleinbürgertum und der Unteschicht. In Syrien fast immer eine kleine Avantgarde, getragen vor allem von (Teilweise auch marxistisch orientierten) Intellektuellen der Mittelschicht.
Man darf nicht vergessen das die MB unter Mursi sich den USA und der Uno angebiedert hat und der Grenzübergang nach Gaza nur ein paar symbolische Tage lang offen war und da auch nur mit massiven Sicherheitskontrollen. Nach dem letzten Schlagabtausch mit Israel hat die Hamas eine Kehrtwende vollzogen und sich wieder ihren Unterstützung bei der Shia zugewandt, da sie von den Golfstaaten und der MB nur Lippenbekenntnisse und Diplomatische Unterstützung bekam, während ihr einziger Waffenlieferant weiterhin der Iran und die Hezbollah blieb. Innerhalb der Hamas gab es ebenfalls einen kleineren Umsturz, die pro MB Seite unter Haniyeh hat gegenüber der an der Hezbollah und dem Iran orientierten Flügel unter Meshal deutlich an Einfluss verlohren.
Das alles hat die MB bei traditionellen Islamisten sehr unbeliebt gemacht, während andere, sich an ihnen Orientierte Parteien (v.A.: AKP und Ennadha) sich natürlich mit ihnen zusammengeschlossen haben. Auf Medialer Ebene war es auch ein Machtkampf zwischen Qatar (Al jazeera - deren Reporter jetzt ja auch in Ägypten festgehalten werden und denen ein Prozess nach den neuen, auf politische Dissidenten zugeschnittenen Terrorgesetzen droht) und dem Rest der Golfstaaten under Saudischer Führung (die versucht war alle Folgen der Aufbruchsstimmung im Maghreb und Ägypten zu unterbinden, etwa auch durch die Intervention in BAhrein und durch die Umdeutung des Aufstands in Syrien, indem dort die Jihadisten und Takfiris massiv unterstützt und auch mit neuen Kämpfern versorgt wurden, bis schließlich ausländische Salafisten die Führung am Boden übernahmen und alle anderen Oppositionellen, sowohl den von der MB dominierten SNC als auch die linksorientierte NCB völlig marginalisiert waren).
Daneben ist es einfach ein Machtkampf um die wirtschaftlichen Ressourcen des Landes und ausländische (vor allem Amerikanische) Zahlungen von beträchtlichem Ausmaß. Beide Seiten haben eingesetzt was sie nur konnten (die MBs etwa die Entmachtung aller Pro Militär Richter und Funktionäre) und die Militärs, die erst nach dem sie Mubarak fallen ließen um nicht mit ihm unterzugehen und dann nach den Protesten gegen Tantawi recht wackelig dastand hat die Unfähigkeit der MBs einen Kompromiss einzugehen ausgenützt um sich wieder an die Macht zu putschen. Jetzt wird von ihnen die Geschichte umgeschrieben und der (tatsächlich offenkundigen) Unfähigkeit der MBs als die einzige Ursache der desolaten Wirtschaftlichen Lage zugeschrieben. Tatsächlich aber sind nicht wenige Analysten der Meinung, das die darauf zurückzuführen ist das gut ein Drittel der Ägyptischen Wirtschaft in den Händend es Militärs ist, die mit ihren Rekruten über eine Armee billigster Arbeitskräfte verfügen, so die Löhne Drücken, Konkurrenten ausschalten und jede wirtschaftliche Entwicklung die nicht über sie läuft (und ihnen damit keinen Profit bringt) massiv behindern.
Natürlich verhielt sich Mursi je mehr er unter Druck geriet umso eratischer, undemokratischer und paranoider (man erinnere sich nur an die Hetze gegen die Shia, zu einem Zeitpunkt wo der - wesentlich besser entwickelte - Iran, auch mit Aussicht auf Wirtschaftliche Zusammenarbeit um seine Gunst warb), aber an apell an die UNO ist für die MB keinesfalls auffällig, sondern aus ihrem politischen Programm heraus nur logisch (und selbst wenn sie die UNO nicht schon vorher annerkannt hätten, so wäre es allein aus Pragmatismus heraus nahe liegend).
Währenddessen gebärdet sich As-Sisi keineswegs demokratisch, sondern erinnert sehr viel mehr an einen Julius Cäsar. Getragen von den Pro Westlichen Teilen der Mittelschicht und den Nationalisten gibt er sich und der Armee, unter dem Vorwand der Terrorbekämpfungen, weitreichende Befugnisse (etwa Zivilisten vor Militärgerichten im Schnellverfahren zu verurteilen) und geht mit brutaler Zensur und Unterdrückung gegen jedwede Opposition vor. Am brutalsten waren hier die Massaker in den Protestcamps der MB, aber jede nicht passende Demonstration oder Versammlung wird verboten. Streiks wurden (vom Ausland meistens unbeachtet) gewaltsam aufgelöst, Streikführer und ihre Anwälte ohne Anklage inhaftiert.
Btw - die Argumentation von wegen alle Gerechtigkeit kommt von Allah, ist ebenso absurd wie anzunehmen, das alle Christen, aufgrund der schon in den ersten Jahrhunderten der Kirche gefestigten Lehre das Gott die Quellen aller Gerechtigkeit wäre, sich niemals für eine verbesserung ihrer weltlichen Verhältnisse eingesetzt hätten.
Irgendwie habe ich das Gefühl das hier sehr viele Leute schreiben, die a) keinerlei Verbindung zu den betrefenden Gebieten haben, b) nie direkt mit Oposittionellen oder Diplomaten der betroffenen Ländern gesprochen haben (wozu es etwa in Wien ausreichend Gelegenheit gibt) und nur eine sehr, sehr Oberflächliche Vorstellung von den Ortlichen Gegebenheiten, insbesondere von den sehr gravierenden Lokalen Unterschieden in Tradition und Auslegen des Glaubens haben (allein von "Dem Islam" zu sprechen ist faktisch völliger Blödsinn, es gibt noch nicht einmal Einigkeit unter Sunna oder Shia, von den vielen, teilweise trozdem politisch wichtigen Klein und Kleinstsekten ganz zu schweigen)...