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Ich zitiere aus dem Falter Morgenmaily von heute. Ob das 1:1 auch hier anwendbar wäre weiß ich nicht.
Dickpics sind in Österreich immer noch nicht strafbar. Wie man zivilrechtlich dagegen vorgehen kann und warum das nicht ausreicht, zeigt der Fall von Frederika Ferková.
Als ihr im September wieder einmal zwei fremde Männer unaufgefordert Bilder ihres Geschlechtsteils übermittelt haben, beschloss Frederika Ferková, sich zu wehren. In Österreich ist das aber gar nicht so einfach – Dickpics sind nicht strafbar. Sexuelle Belästigung ist im Strafrecht auf eine „geschlechtliche Handlung”, also auf entsprechende Berührungen beschränkt. Bloß wenn dasselbe Opfer mehrere Dickpics vom selben Absender bekommt, wäre eine Anzeige wegen Stalking möglich. Den sogenannten „Dickpick-Paragrafen” gibt es noch immer nicht, weil sich ÖVP und Grüne bis zuletzt nicht einigen konnten, ob er im Straf- oder Verwaltungsrecht verankert sein soll.
In Deutschland ist das unaufgeforderte Versenden eines Dickpics bereits strafbar und fällt unter den Tatbestand der Verbreitung pornografischer Schriften. Im Juni 2024 trat eine EU-Richtlinie gegen Gewalt an Frauen in Kraft, die Cyber-Flashing, also auch das Versenden von Dickpics, als Cyber-Mobbing und damit als Form von Cyber-Gewalt einstuft. Innerhalb von drei Jahren sollen die EU-Mitgliedsstaaten diese Richtlinie in nationales Recht umsetzen.
Inzwischen hat Ferková zusammen mit ihrem Anwalt Philipp Springer eine zivilrechtliche Klage auf Unterlassung und Schadensersatz eingebracht. Um diese Klage durchzubringen, musste man aber zuerst die Identität des Täters feststellen. Sonst läge die Ausrede nahe, es habe sich um einen Hacker oder Identitätsdieb gehandelt, ähnlich wie im Fall Sigrid Maurer gegen Bierwirt.
Die Klage ging an einen der beiden Männer, und zwar an den, der Ferková das Foto unter seinem Klarnamen auf Instagram geschickt hat. Von dem gebe es aber auch etwa 30 Namensvetter im ganzen Land, sagt Springer. Zuerst glich er die Fotos auf dem Profil des Täters mit geografischen Anhaltspunkten ab, zum Beispiel Gipfel, die er offenbar beim Wandern gepostet hat. Sie gaben wiederum Aufschluss darüber, in welchem Bundesland er sich wahrscheinlich befindet. Um ganz sicherzugehen, wurde ein Privatdetektiv beauftragt.
Bei einem zweiten Täter ist man noch dabei, die Identität zu eruieren. Ein Anhaltspunkt ist etwa ein Selfie vor seinem Auto inklusive Nummerntafel. Ob die Zulassungsbehörde den Autobesitzer preisgeben wird, bleibt abzuwarten, weil es sich nicht um eine verkehrsbezogene Angelegenheit handelt. „Wenn man auf die Fotos in höchster Auflösung heranzoomt, liegen oft Dokumente im Hintergrund herum, man findet Türschilder oder Straßenschilder”, sagt Springer. Die Interaktionen mit anderen Profilen helfen manchmal ebenfalls weiter. Besonders wertvolles Identifikationsmerkmal sei aber die Telefonnummer, weil die ja auf einen Namen registriert ist. Um darauf zugreifen zu können, bräuchte es jedoch ein strafrechtliches Verfahren.
Auch nach dem E-Commerce-Gesetz könne man laut Springer in einem Außerstreitverfahren wohl eine Auskunftsanordnung beim Handelsgericht geltend machen, um an Name und Adresse hinter dem betreffenden Social-Media-Profil zu gelangen. Ob die großen Plattformen, besonders jene, die ihren Sitz außerhalb der EU haben, dem auch nachkommen, sei aber fraglich. Außerdem beziehen sich die meisten dieser Kniffe eben auf soziale Netzwerke. Was aber, wenn man, wie so oft berichtet, in den Öffis ein Dickpic über Airdrop übermittelt bekommt? Da müsste man schon kiloschweres Funk-Equipment dabei haben, um die Frequenz festzustellen, meint Springer.
Die zivilrechtliche Auseinandersetzung kann aber kaum der Weisheit letzter Schluss sein. Ein solches Vorgehen wäre nur ratsam, wenn man auch wirklich die finanziellen Mittel hat. Immerhin birgt es eine gewisse Gefahr: In einem zivilrechtlichen Prozess zahlt – salopp formuliert – der Verlierer. „Dann besteht das Risiko, dass man als betroffene Frau mehrere 1000 Euro an den vermeintlichen Täter zahlen muss”, sagt Springer.
Im Falle Ferkovás hat sich der Täter mittlerweile entschuldigt und das geforderte Geld überwiesen. „Ich hab mein Schwanzgeld bekommen”, verkündet sie auf dem Kurznachrichtendienst Bluesky. Der Betrag: 1000 Euro. Ums Geld sei es ihr dabei aber nicht gegangen, sondern um einen Präzedenzfall und die Forderung, Dickpics endlich zu kriminalisieren. Der Zeitpunkt scheint günstig: Angesichts der laufenden Regierungsverhandlungen hoffen Ferková und Springer, dass dieses Gesetz von der nächsten Regierung auf den Weg gebracht wird – „Gewalt gegen Frauen” ist eine von sieben Untergruppen in den Verhandlungen.
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