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Danke
Also würde ich sagen, ihr kauft ab morgen wieder mit Papier statt mit Plastic
...und das es eine "Lösung" für unsere Probleme sein könnte, habe ich eh nicht angenommen im Gegenteil, es würde alles nur "verschärfen".
Noch ein, meiner Meinung nach, sehr treffender Beitrag vom gleichen Autor.
Debatte über E-Cash: Bargeld lacht
Eine Kolumne von Wolfgang Münchau
Linke Ökonomen wollen das Bargeld abschaffen. Konservative halten dagegen: Bargeld sei ein Stück Freiheit. Insgesamt eine schräge Debatte.
Es gibt kaum ein wirtschaftliches Thema, das so kompliziert ist wie Geld. Und es gibt kaum eine Debatte, die so gnadenlos und unergiebig ist wie die zwischen nachfrageorientierten Ökonomen und strammen Ordnungspolitikern. Wenn nun zwei Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaften im Sachverständigenrat für Wirtschaft über Geld streiten, geht es entsprechend hoch her.
Peter Bofinger spricht sich für die Abschaffung von Bargeld aus und zitiert ökonomische Gründe, die dafür sprächen: Vermeidung von Schwarzarbeit und Geldwäsche, größere Spielräume für negative Zinsen. Sein Kollege Lars Feld hält dagegen mit einem fundamentalen juristischen Argument: Geld sei "geprägte Freiheit" - ein Grundrecht.
Ich stehe in dieser Debatte, ungewöhnlich für mich, auf der konservativen Seite. Aber aus anderen Gründen als den von Feld angegebenen. Mit dem Argument der "geprägten Freiheit" kann ich nämlich nichts anfangen. Ich habe vielmehr den Eindruck, dass die Ordnungspolitiker die Sache mit dem Geld nicht wirklich durchdacht haben.
Geld hat exakt drei Funktionen - juristisch wie ökonomisch. Es ist Zahlungsmittel, Zahlungseinheit und ein Mittel zur Wertaufbewahrung. Bei den ersten zwei Funktionen gibt es keinen Unterschied zwischen Bargeld und E-Geld, zumindest keinen prinzipiellen. Ob Sie mit E-Karte bezahlen oder mit Euroscheinen: Ihr Zahlungsmittel ist akzeptiert und die Einheit ist immer der Euro. Wer also von geprägter Freiheit spricht, kann logischerweise nur die dritte Funktion des Geldes meinen, die Wertaufbewahrung.
Scheine sind kein Geld, nur ein Versprechen
Es gibt zwei Methoden, wie sich die Kaufkraft von Bargeld ändert: durch Inflation oder Deflation. In unserem nationalen und europäischen Recht tief verankert ist das Gebot zur Preisstabilität in der Geldpolitik. So schützen wir uns gegen Inflation. Was die Ordnungspolitiker nie berücksichtigen ist, dass uns dieses Gebot auch gegen Deflation schützt und damit langfristig auch gegen negative Zinsen. Wenn Geld geprägte Freiheit ist, dann ist auch E-Geld geprägte Freiheit - solange sich die Zentralbank an das Preisstabilitätsgebot hält. Bislang hat sie das getan.
Was die Diskussion so kompliziert macht, ist das Wesen von Geld an sich. Bargeld selbst hat keinen inneren Wert. Es besteht aus Papier. Sein materieller Wert für uns besteht aus einem impliziten Vertrag. Die Zentralbank verspricht uns, dass wir mit diesem Geld einkaufen gehen können, dass es überall akzeptiert wird und dass es nicht an Wert verliert. Wir akzeptieren die wertlosen Scheine nur deshalb, weil wir der Zentralbank vertrauen. Damit ist logischerweise nicht der Schein selbst das Geld, sondern nur ein Versprechen auf Geld.
In England kann man diesen subtilen Unterschied zwischen dem Geld an sich und dem Geldschein am deutlichsten sehen. Auf der Zehn-Pfund-Note zum Beispiel liest man die scheinbar sinnlose Erklärung der Königin, dass sie dem Inhaber dieser Banknote den Gegenwert von zehn Pfund bezahlt. Die Zehn-Pfund-Note ist somit kein Geld, sondern das Versprechen einer Königin. Bei unseren Euroscheinen ist das nicht anders, sondern impliziert in der Form einer Unterschrift von Mario Draghi, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank.
Daher ist es kompletter Quatsch zu argumentieren, Bargeld sei "geprägte Freiheit". Preisstabilität ist ein Versprechen, dass man halten oder brechen kann. Wenn die Zentralbank das Preisstabilitätsgebot nicht beachtet, dann ist das Bargeld entwertet, das E-Geld auf dem Konto auch. Entscheidend für die Werterhaltung ist nicht die Form des Geldes, sondern die Form der Geldpolitik.
Für mich ist diese Debatte daher ein sehr schönes Beispiel, wie sehr die formaljuristisch und ordnungspolitisch geprägte Diskussion in Deutschland bei ökonomischen Themen oft danebenliegt.
Es gibt natürlich Gründe, das Bargeld nicht abzuschaffen. Der wichtigste ist politisch. Die Mehrheit der Leute will das nicht - oder noch nicht. Irgendwann werden die Vorteile von E-Geld überwiegen. Die Infrastruktur ist aber in den meisten Ländern noch nicht so weit, schon gar nicht in Deutschland, wo selbst Kreditkarten nicht überall akzeptiert werden. Und die Sicherheitsfragen sind ebenfalls nicht komplett beantwortet. Was passiert bei einem Totalblackout? Ist das Geld dann weg? Kommt die ganze Wirtschaft zum Erliegen? Die Gründe für das Bargeld sind praktischer Natur. Mit Freiheit haben sie nichts zu tun.
Quelle: Spiegel Online