Eure Lieblingsgedichte/Texte

Ein Gedicht der heiteren Sorte von meinem Lieblingskomiker.

Ich muß das wirklich mal betonen:
Ganz früher waren die Zitronen
(ich weiß nur nicht genau mehr, wann dies
gewesen ist) so süß wie Kandis.

Bis sie einst sprachen: "Wir Zitronen,
wir wollen groß sein wie Melonen!
Auch finden wir das Gelb abscheulich,
wir wollen rot sein oder bläulich!"

Gott hörte oben die Beschwerden
und sagte: "Daraus kann nichts werden!
Ihr müßt so bleiben! Ich bedauer!"
Da wurden die Zitronen sauer . . .

Heinz Erhardt
 
Manchmal werden die Gedanken schwer und der nächste Morgen könnt sich noch Zeit lassen...

Der Lindenbaum

Am Brunnen vor dem Tore
Da steht ein Lindenbaum:
Ich träumt' in seinem Schatten
So manchen süßen Traum.

Ich schnitt in seine Rinde
So manches liebe Wort;
Es zog in Freud' und Leide
Zu ihm mich immer fort.

Ich musst' auch heute wandern
Vorbei in tiefer Nacht,
Da hab' ich noch im Dunkel
Die Augen zugemacht.

Und seine Zweige rauschten,
Als riefen sie mir zu:
Komm her zu mir, Geselle,
Hier findst du deine Ruh'!

Die kalten Winde bliesen
Mir grad' ins Angesicht,
Der Hut flog mir vom Kopfe,
Ich wendete mich nicht.

Nun bin ich manche Stunde
Entfernt von jenem Ort,
Und immer hör' ich's rauschen:
Du fändest Ruhe dort!

Wilhelm Müller (1794-1827)
 
Von einem meiner verehrtesten seit Teenagertagen. Doch wie so oft, waren zuerst die Worte und später erfüllte sie lebendige Bedeutung:


Nun sei mir heimlich zart und lieb

Nun sei mir heimlich zart und lieb;
Setz deinen Fuß auf meinen nun!
Mir sagt es: ich verließ die Welt,
Um ganz allein auf dir zu ruhn;

Und dir: o ließe mich die Welt,
Und könnt ich friedlich und allein,
Wie deines leichten Fußes jetzt,
So deines Lebens Träger sein!

Theodor Storm (1817-1888)
 
Ein ganz liebes vom Erhardt:

Am Kamin

Es gibt recht viele, die noch immer
vom englischen Kamine schwärmen.
Er kann so leidlich zwar das Zimmer -
doch ich mich nicht für ihn erwärmen.

Wenn ich vor solchem Möbel sitze -
ich muß das wirklich mal erwähnen -
so hab ich vorne große Hitze
und klappre hinten mit den Zähnen. -

Sitzt du jedoch bei mir ganz dicht,
legst um mich deinen lieben Arm,
dann gilt das, was ich sagte, nicht - - -
dann hab ich es auch hinten warm!
 
Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.


Rainer Maria Rilke

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Ritter und Dame

Zu den Füßen seiner Dame
Liebestrunken sitzt der Ritter;
Sprechend blitzen seine Augen,
Schweigend ruhen seine Lippen.

Am Balkone sitzt die Dame,
Eine goldne Schärpe wirkt sie;
Auf den Ritter blickt sie lächelnd,
Und mit hellem Klange spricht sie:

»Denket Ihr auf Tod und Schlachten,
Oder sinnt Ihr Minnelieder?
Wahrlich, Eure stumme Weise
Bleibt mir unerklärlich, Ritter!

Schwört Ihr erst in tausend Briefen,
Tausend unerhörte Dinge
Hättet Ihr für meine Ohren
Und das Herz sei voll zum Springen!

Fleht Ihr erst in tausend Briefen
Um ein heimlich einsam Stündchen!
Wohl, die Stunde ist gekommen -
Redet jetzt von tausend Dingen!«

Und der Ritter bricht das Schweigen:
»Zürnt mir nicht, o Wonnemilde;
Wisset, daß geheimer Zauber
Bleiern mir die Zunge bindet.

Nur ein Wink aus Euren Augen,
Nur ein Wort von Euren Lippen,
Nur Ihr selbst, o meine Herrin,
Könnt den argen Bann bezwingen.«

2

Und zum andern sitzt der Ritter
Seiner Herrin an der Seite;
Von der Schulter glänzt die Schärpe
Als ein freundlich Minnezeichen.

Sieghaft schlingt er seine Arme
Um den Leib des stolzen Weibes,
Unaufhaltsam süße Worte
Schwatzt er, und die Dame schweiget.

Will zu einem halben Wörtchen
Öffnen sie der Lippen Zeile,
Schließt er ihr den Mund mit Küssen,
Und die Dame lauscht und schweiget.

»Süße Herrin, unerklärlich
Bleibt mir Eure stumme Weise!
Wollen Eure roten Lippen
Gleiches zahlen mir mit Gleichem?

Oder lernten diese Lippen
Lieblicher die Zeit vertreiben?
Gar behäglich ist das Schwatzen;
Doch ein andres ist gescheiter.«

Draußen auf den Mandelblüten
Ruht die Nacht im Mondenscheine;
Unaufhaltsam schwatzt der Ritter,
Und die Dame lauscht und schweiget.

Gab sie hin des Blickes Zauber?
Sprach sie aus die Zauberweise?
Doch nicht fürder klagt die Dame
Über ihres Ritters Schweigen.


Theodor Storm
 
zu den liedertexten... ich kann euch sagen wer sie gesungen hat... das beste von silbermond und mit dir von freundeskreis...

allerdings geschrieben werden die texte meist von jemanden anderen...

auch ich habe schon einige texte geschrieben und verkauft... welche dann gesungen und gut verkauft wurden...

somit ist das nicht immer so klar, denn wenn man die rechte mit verkauft, werden ein paar worte geändert und dann steht ein anderer name im folder *g*
 
Gabs so einen thread nicht erst vor ein paar Monaten? Egal... es fallen mir einige ein ... mal eines von Baudelaire zuerst - aus "Die Blumen des Bösen"

Hymne an die Schönheit

Kommst Du vom Himmel herab, entsteigst Du den Schlünden?
Aus Deines teuflischen, göttlichen Blickes Schein
Strömen in dunkler Verwirrung Tugend und Sünden,
Schönheit, und darin gleichst Du berauschendem Wein.


Du trägst im Aug' der Sonne Sinken und Steigen,
Du birgst den Duft gewitterschwüler Nacht,
Deine Lippen sind leuchtende Schalen, und wenn sie sich neigen,
Haben sie Helden schwach und Kinder zu Helden gemacht.


Entfliehst Du zum Abgrund, steigst auf Du zu himmlischen Strahlen.
Der bezauberte Geist folgt hündisch der Spur Deines Lichts!
Du schüttest nach Laune Freuden aus oder Qualen,
Beherrschst uns alle und verantwortest nichts.


Du trittst auf Leichen, Schönheit, und lachst unsrer Qualen,
Entsetzen umschmiegt Deine Brust wie Juwelen und Gold,
Auf dem stolzen Leib seh' ich zärtlich tanzen und strahlen
Den Meuchelmord, kostbar Geschmeid, dem vor allem Du hold.


Die scheuen Falter Dein Leuchten, Kerze, umschweben,
Die Flamme segnend büßen sie ihr Gelüst,
So gleicht, wer sein Lieb umarmt mit Keuchen und Beben,
Dem Todgeweihten, der seine Bahre küßt.


Ob Du vom Himmel kommst, ob aus nächtigen Orten,
Gleichviel, o Schönheit, dem Dämon, dem Kinde verwandt,
Öffnet Dein Auge, Dein Lächeln mir nur die Pforten
Des unendlichen Alls, das ich liebe, doch nimmer gekannt.


Von Gott oder Satan, Engel oder Sirene,
Gleichviel, nur gib mir, o Herrin, samtäugige Fee,
Du Wohlklang und Leuchten und Duft, daß verschönert ich wähne
Die häßliche Erde und leichter den Augenblick seh'.
 
:daumen:

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mir läuft es manchmal richtig kalt den Rücken runter, wenn ich so wundervolle Texte lese...
Ich kenne dieses Gefühl sehr gut. ;)

:daumen: Danke, lieber Ice für diesen traurigen und doch hoffnungsvollen Text.
Mir bedeutet dieser Text sehr viel und ich höre das Lied immer wieder mal rauf und runter. Hab leider kein Video dazu gefunden, welches ich verlinken kann.

Hier hab ich noch einen Text, den ich sehr mag.

Nicht immer aber jetzt / Klee

Ich tanze,
nein, nicht immer aber jetzt.
Ich trinke,
nein, nicht immer aber jetzt.
Ich lass mich gehen,
nein, nicht immer aber jetzt.
Die Zeit bleibt stehen,
nein, nicht immer aber jetzt.

Ich spiele,
nein, nicht immer aber jetzt.
Ich siege,
nein, nicht immer aber jetzt.
Ich betrüge,
nein, nicht immer aber jetzt.
Ich lüge,
nein, nicht immer aber jetzt.

Ich bin dafür,
nein, nicht immer aber jetzt.
Ich bin dagegen,
nein, nicht immer aber jetzt.
Ich bin am Ziel,
nein, nicht immer aber jetzt.
Ich trink' zuviel,
nein, nicht immer aber jetzt.

Rock N' Roll,
nein, nicht immer aber jetzt.
Wodka,
nein, nicht immer aber jetzt.
Wodka,
nein, nicht immer aber jetzt.
Wodka,
nein, nicht immer aber jetzt.

Ich lache,
nein, nicht immer aber jetzt.
Ich tanze,
nein, nicht immer aber jetzt.
Ich seh' das Ziel,
nein, nicht immer aber jetzt.
Ich trink' zuviel,
nein, nicht immer aber jetzt.

Nicht immer aber jetzt.
Nicht immer aber jetzt.
Nicht immer aber jetzt.
Nicht immer ... aber jetzt.
Nicht immer aber jetzt.
Aber jetzt...
jetzt...
Nein, nicht immer.
Aber jetzt.
Jetzt.
Nicht immer aber jetzt.


[ame="http://www.youtube.com/watch?v=3zUINaPlKX0"]YouTube - Klee- Nicht immer aber jetzt[/ame]
 
Hallo Ice, danke für Klee, ich schätze ihre Texte unheimlich!

Hier ist mein Klee-lied.

2 Herzen

Zwei Herzen schlagen in deiner Brust,
Du hast es seit Langem schon gewusst,
Du hast dich geliebt und du hast dich gehasst,
Zur gleichen Zeit geweint und gelacht.

Entweder vor oder zurück.
Entweder Glaube oder Glück.
Entweder Alles oder Nichts.
Niemand entscheidet für dich!

Zwei Herzen schlagen in deiner Brust,
Zwei Herzen, nur nicht im selben Rhythmus.
Zwei Herzen, zwei Herzen,
Du hast es gewusst,
Ja, du hast es gewusst.

Ein Herz voll Angst und eins voll Mut.
Ein Herz ist zärtlich und eins voll Wut.
Eins ist jung und eins ist alt,
Dumm und weise, heiß und kalt.
Eins ist so leise, eins so laut.
Ein Herz, das zögert, eins, das sich traut.
Zwischen Wahrheit oder Pflicht.
Ein Herz bleibt hart und eins zerbricht.

Zwei Herzen schlagen in deiner Brust,
Zwei Herzen, nur nicht im selben Rhythmus.
Zwei Herzen, zwei Herzen,
Du hast es gewusst,
Ja, du hast es gewusst.
Ja, du hast es gewusst.
Ja, du hast es gewusst.
Du hast es gewusst.
 


Es gibt keine Zufälle im Universum.
Ich habe das Schluchzen deines Herzens gehört. Ich habe die
Suche deiner Seele gesehen. Ich weiß, wie tief du nach der
Wahrheit verlangt hast. In Schmerzen hast du nach ihr
gerufen, und in Freude. Endlos hast du mich bedrängt. Zeig
mich mir selbst. Erklär mir mich selbst. Offenbare mich
mir selbst.

Das tue ich hier mit so einfachen Worten, daß du sie nicht
mißverstehen kannst. In so einfacher Sprache, daß du nicht
in Verwirrung geraten kannst. Frag mich, was auch immer.
Ich werde mir etwas ausdenken, um dir die Antwort zu bringen.
Dazu werde ich mich des ganzen Universums
bedienen. Also sei wachsam. Halte die Augen
offen. Hör zu: den Worten des nächsten Liedes, dem
du lauscht. Achtet auf die Information im nächsten Artikel,
den du liest. Das Thema des nächsten Films, den du dir anschaust.
Die beiläufige Äußerung der nächsten Person,
die du triffst. Oder das Flüstern des nächsten Flusses,
des nächsten Ozeans, der nächsten Brise, die dein Ohr liebkost
- all das sind meine Mittel-, all diese Wege stehen mir
offen.

Ich werde zu dir sprechen, wenn du zuhörst. Ich
werde zu dir kommen, wenn du mich einlädst. Ich werde
dir dann zeigen, daß ich immer bei dir war ...

... Überall

aus Gespräche mit Gott - N.D. Walsh

hallo!

also.........wow! :daumen: einfach ein wahnsinn!

was mich aber hierzu nun interessieren würde, wäre ob du dies selbst auch so denkst/glaubst.......wie zb. "es gibt keine zufälle im universum"...............
lg
secret
 
Hallo Ice, danke für Klee, ich schätze ihre Texte unheimlich!

Hier ist mein Klee-lied.
Hallo Mylene, ich entdecke gerade erst so langsam, welche Schätze die beiden Klee-Alben (Unverwundbar und Jelängerjelieber) sind, die ich habe. Hab sie zwar schon länger, aber erst jetzt tauche ich auch tiefer in die sehr guten Songtexte ein.

Der Text von deinem Klee-Lied gefällt mir auch sehr gut. :daumen: Ich glaube, ich muß mir das Album, auf dem es zu finden ist, unbedingt kaufen.
 
... wieder einmal bin ich berührt von so vielen wunderschönen Versen, von Worte die mein Herz berühren... Allen sei Dank:bussal:

Nur Du

Ich brauche das Gefühl
deiner Nähe
Deine Stimme
die mir den Tag versüßt
Dein Lachen
das mir die Traurigkeit
aus den Augen küsst
Deine Worte
die mich immer wieder
seelenzart berühren
Die Träume
die mich Nacht für Nacht
zu Dir bringen
Alles was ich brauche
bist
Nur Du

 
und mit diesen eher traurigen Zeilen versuche ich jetzt doch Schlaf zu finden...
alles Liebe an euch! Gute Nacht !


Abschied, muss ich jetzt nehmen,
sonst geh ich entzwei!
Nach so vielen Jahren der Scham und Pein,
soll es kein glückliches Ende sein.

Nach so viel Streit und Tränen
kann ich nicht mehr.
Drum muss ich einfach zu Dir
Abstand nehmen.

Du raubst mir Seele und den Verstand,
um nicht abzudrehen, gehe ich auf Distanz

Selbst nach großer Diplomatie und Geschick,
brichst Du mir fast das Genick.

Um Leben zu können, muss ich mich trennen
Hinaus aus mein Herzen...
Um lieben zu können!

Soviel Bemühen um Dir zu gefallen,
lies ich mir so viel Anklagen gefallen.
Um Deinen Zorn zu entgehen,
musste ich oft Fluchtwege gehen.

Aufrecht und groß, durfte ich nicht sein,
sonst gab es nur Stress und Streitereien.
Wenn Kummer und Krankheit waren meine Karten
Wurde ich nur von DIR nur verraten.

Meine Sorgen und Nöte, fanden bei Dir
auf taubes Gehör.
Du hörtest nicht einmal, ein stöhnen auf's Leben,
geschweige auf mehr!

Ein Buch wollt ich schreiben,
um mit Dir Abrechnung zu betreiben.
Nicht nur ich hab Fehler im Leben vollbracht,
sondern Du hast die entscheidenden Fehler gemacht.
 
Kennen vermutlich viele in der Interpretation von Klaus Kinski unter dem Titel "ich bin so wild nach deinem Erdbeermund)- stammt aber von Francois Villon(1431-1464)und heisst

Eine verliebte Ballade für ein Mädchen namens Yssabeau

Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund,
ich schrie mir schon die Lungen wund
nach deinem weißen Leib, du Weib.
Im Klee, da hat der Mai ein Bett gemacht,
da blüht ein schöner Zeitvertreib
mit deinem Leib die lange Nacht.
Das will ich sein im tiefen Tal
dein Nachtgebet und auch dein Sterngemahl.

Im tiefen Erdbeertal, im schwarzen Haar,
da schlief ich manches Sommerjahr
bei dir und schlief doch nie zuviel.
Ich habe jetzt ein rotes Tier im Blut,
das macht mir wieder frohen Mut.
Komm her, ich weiß ein schönes Spiel
im dunklen Tal, im Muschelgrund...
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!

Die graue Welt macht keine Freude mehr,
ich gab den schönsten Sommer her,
und dir hats auch kein Glück gebracht;
hast nur den roten Mund noch aufgespart,
für mich so tief im Haar verwahrt...
Ich such ihn schon die lange Nacht
Im Wintertal, im Aschengrund...
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund.

Im Wintertal, im schwarzen Beerenkraut,
da hat der Schnee sein Nest gebaut
und fragt nicht, wo die Liebe sei,
Und habe doch das rote Tier so tief
erfahren, als ich bei dir schlief.
Wär nur der Winter erst vorbei
und wieder grün der Wiesengrund!
...ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!
 
Da steuere ich auch gerne was bei - Rainer Maria Rilke, dessen Gedichtbände ich auf die einsame Insel mitnehmen würde. Und weil Gedichte so oft mit Sehnsucht oder Trauer oder Herzweh zu haben, soll es was Fröhlicheres sein, etwas, das die Herbstnebel lichter macht, sich nach Sommersonne anfühlt und Farben trägt.

Spanische Tänzerin

Wie in der Hand ein Schwefelzündholz, weiß,
eh es zur Flamme kommt, nach allen Seiten
zuckende Zungen streckt -: beginnt im Kreis
naher Beschauer hastig, hell und heiß
ihr runder Tanz sich zuckend auszubreiten.

Und plötzlich ist er Flamme, ganz und gar.

Mit einem: Blick entzündet sie ihr Haar
und dreht auf einmal mit gewagter Kunst
ihr ganzes Kleid in diese Feuersbrunst,
aus welcher sich, wie Schlangen die erschrecken,
die nackten Arme wach und klappernd strecken.

Und dann: als würde ihr das Feuer knapp,
nimmt sie es ganz zusamm und wirft es ab
sehr herrisch, mit hochmütiger Gebärde
und schaut: da liegt es rasend auf der Erde
und flammt noch immer und ergiebt sich nicht -.
Doch sieghaft, sicher und mit einem süßen
grüßenden Lächeln hebt sie ihr Gesicht
Und stampft es aus mit kleinen festen Füßen.

Aus: Neue Gedichte (1907)
 
So viele wunderschöne, berührende, tief gehende Worte...Wenn ich hier lese, dann ist alles etwas anders. Ruhiger, intensiver, tiefer...ich atme langsamer, ich werde berührt.
Danke dafür :bussal:.

Rilke...ja, den lieben hier so manche, ich auch...:). In immer wiederkehrenden Lebensphasen bedeuten mir diese Worte von ihm sehr viel:

"Ich lerne sehen.
Ich weiß nicht, woran es liegt,
es geht alles tiefer in mich ein
und bleibt nicht an der Stelle stehen,
wo es sonst immer zu Ende war.

Ich habe ein Inneres,
von dem ich nicht wußte.
Alles geht jetzt dorthin.
Ich weiß nicht, was dort geschieht."


Auszug aus: Rainer Maria Rilke: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1910)

 
LaFemme bekommt von mir eine Umarmung, Baudelaire - ich steh ja völlig auf seine leicht morbiden Gedichte! Danke! :bussal:

Hier noch etwas von Ihm.

Die Schönheit

Schön bin ich, Sterbliche, ein Traum von Stein,
Mein Busen trieb euch oft in blutige Sünde,
Die Glut, die euren Dichtern ich entzünde,
Muss wie der Urstoff stumm und ewig sein.

Ich throne hoch in blauer Rätselpracht,
Kühl wie der Schnee, weiss wie das Kleid des Schwanen,
Ich hasse jedes Schwanken aus den Bahnen,
Ich habe nie geweint und nie gelacht.

Die Dichter, die mein stolzes Wesen lieben
– Fast scheint's von stolzen Bildern nur entlehnt –,
Vergebens sich in strengen Formeln üben,

Denn ihnen schenk' ich, was ihr Herz ersehnt:
Den reinen Spiegel, schönren Lebens Quelle,
Mein weites Aug', mein Aug' voll ewiger Helle.



Lethe

Komm Grausame, nach der ich mich verzehre,
Komm schöner Tiger, der so lässig schleicht,
Wehr nicht der Hand, die zitternd dich umstreicht
Und wühlt in deines Haares üppiger Schwere.

In deiner Röcke duftig weicher Flut
Will ich, mein Haupt begrabend, still versinken
Und will wie Duft aus welken Blumen trinken
Den faden Hauch erstorbener Liebesglut.

Und schlafen will ich! Nicht mehr leben müssen!
In einem Schlummer wie der Tod so weich
Will deine Glieder, glatt und seidengleich,
Ich überstreun mit reuelosen Küssen.

Die wohligen Seufzer zu ersticken, kann
Nichts mit dem Abgrund deines Betts sich messen,
Auf deinem Mund wohnt mächtiges Vergessen,
Und Lethes Flut aus deinen Küssen rann.

Hinfort lass' vom Geschick ich blind mich führen
Voll Lust, als wär's mein vorbestimmtes Amt,
Fügsamer Märtyrer, schuldlos verdammt,
Dem Glut und Inbrunst noch die Qualen schüren,

Und will, um zu ertränken meinen Schmerz,
Das Opium und des guten Schierlings Laugen
Von dieser Brust der wunderbaren saugen,
Die nie umschlossen hielt ein Menschenherz.

 
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