Lieben, Lieben und Lieben? Verschiedene Formen der Liebe

Am schönsten hat das ganze Dilemma wohl der römische Dichter Catull in seinem berühmten Carmen 85 formuliert:

Odi et amo. Quare id faciam fortasse requiris.
Nescio. Sed fieri sentio et excrucior.


„Ich hasse und liebe. Weshalb ich das tue, fragst du vielleicht?
Ich weiß es nicht. Doch ich spüre, dass es geschieht, und ich werde gefoltert.“
 
[unglaublich viel gescheites und verständlich formuliertes]

also, wenn mich nicht alles täuscht, dann hast du ziemlich genau das gesagt, was ich denk - nur in einer wortwahl, die besser verständlich ist als meine :mrgreen:
:bussal:
 
liebe heißt für mich nicht festhalten, sondern loslassen.

...na gut. das setzt aber voraus, dass b e i d e
in jeder sekunde und bei jeder gelegenheit diesen satz rückhaltlos unterschreiben können.
 
Ich habe nicht den ganzen Thread gelesen, aber für mich tut sich bei euren Statements noch eine grundlegende Frage auf. Ihr habt geschrieben, dass es Liebe in unterschiedlicher Form, zu verschiedenen Menschen und in vielfältigen Ausdrucksformen gibt. Das ist etwas, was auch ich so unterstützen würde. Ist es für euch jedoch vorstellbar auch eine Liebe zu einem tranzendenten Wesen - Gott, Allah, Thor, Isis, Jupiter; wie auch immer - geben kann? Findet ihr es nachvollziebar, wenn Menschen sagen, dass ihre Liebe zur Transzendenz größer ist als zu irgendeinem Menschen oder irgendeiner Sache? Oder ist es weltfremd, wenn man sein Herz an ein Wesen hängt, dass man noch nicht einmal empirisch feststellen kann? Wie steht ihr dazu. Ist diese Form von Liebe akzeptabel bzw. nachvollziehbar?
 
Akzeptabel ja, weil mich das nix angeht wer wen liebt.
Nachvollziehbar nein, weil ich nun ´mal nich so empfinde.
 
Ein exzellenter Beitrag, liebe Lorelay - ich habe neue, zusätzliche Argumentationen gefunden, um Menschen, die meiner Art von Beziehungsführung mit Unverständnis begegnen, es besser erklären zu können.

Besonders der nachfolgend zitierte Absatz wird, so nehme ich zumindest an, gut verstanden werden:

......
eine maßlose selbstüberschätzung, jemandem "alles" sein zu wollen?
sollte ich nicht dem menschen, den ich liebe, das beste aus allen welten von herzen vergönnen?.....
 
...na gut. das setzt aber voraus, dass b e i d e
in jeder sekunde und bei jeder gelegenheit diesen satz rückhaltlos unterschreiben können.


es wird immer situationen geben, in denen auch dieses selbst auferlegte postulat schmerzen verursacht - höllenqualen unter umständen.
liebe ist halt etwas, das einem vielleicht leicht zufällt, wenn man glück hat.
aber dafür, es zu halten, muss man sicher einiges tun.
es fällt sicher nicht immer leicht, loszulassen oder nicht zu klammern.
da sprech ich aus eigener erfahrung.

manchmal muss man auch "coyote ugly" spielen und sich den eigenen arm abnagen, um den anderen nicht zu fest zu halten.
es ist sicher leichter, den anderen zu erwürgen mit meiner liebe als ihm/ihr den freiraum zum leben zu lassen, weil dadurch scheinbar die gefahr, dass sich der andere umorientiert, geringer ist.

ich sage nicht, dass mein weg für alle leute gleich lebbar ist.
ich sage nicht einmal, dass er unbedingt richtig ist - es ist nur meine einstellung, um die ich sehr lange gekämpft habe, durch versuch und irrtum.

weil ich besser das habe, das ich wirklich will und das gebe, das ich wirklich geben kann, als mich an eine illusion der einzigen perfekten und allumfassenden beziehung zu klammern, die mir unterm strich nur enttäuschungen bringen kann.

und sicher ist es notwendig, einen partner zu haben, der die gleiche entscheidung für sich getroffen hat - jemanden mit einer solchen lebensform zwangsbeglücken zu wollen, kann nur schiefgehen!


einfach...
...nein - einfach ist es sicher nicht.
aber es ist es wert! :)

@ alex: die argumentationen zu finden für die dinge, die man als richtig erachtet, ist nicht immer leicht. :)
 
es ist sicher leichter, den anderen zu erwürgen mit meiner liebe als ihm/ihr den freiraum zum leben zu lassen, weil dadurch scheinbar die gefahr, dass sich der andere umorientiert, geringer ist.

mike meint immer, er möchte keine partnerin haben, die nur deswegen treu ist, weil er sie daheim einsperrt.

ist im prinzip genau das, was du meinst.

hab das früher auch anders gesehen (ist schon lange her), aber im prinzip habt ihr recht (für mich). und das leben ist einfach viel angenehmer, wenn ich mir nicht ständig den kopf darüber zerbrechen muss, ob er jetzt wirklich beim fußball ist oder nicht, sondern mich einfach darüber freue, wenn er gut gelaunt heim kommt.

mal abgesehen davon, dass für mich vieles ohnehin erst dann interessant wird, wenn man es mir vermiesen oder gar verbieten will.
 
@ moni: ich bin auch nicht mit dieser einstellung auf die welt gekommen, ganz im gegenteil!
ich bin ein typisches einzelkind und habe meinen ersten freund mit meiner eifersucht sicher die wände hochgetrieben.

glücklicherweise ist dann wieder mal einer meiner kleinen schutzteuferl auf den plan getreten und hat mich mit dem richtigen menschen zusammengebracht.

und der hat mir gezeigt, dass liebe ohne besitzgier möglich, lustvoll und auf eine ganz eigene art "sicher" sein kann.
wenn man "entweder-oder" durch "sowohl-als auch" ersetzt, erspart man sich das bauchweh, und wie du richtig sagst: nur das, was man nicht "darf", will man unbedingt haben wollen tun müssen! ;)
 
...und ich bin der ansicht, dass, solange man offen damit umgehen kann, jede(r) seinen platz kennt und seine perönliche unentbehrlichkeit im leben des anderen, polyamouröse beziehungen, die diesen namen verdienen, durchaus lebbar sind.
sie setzen allerdings sehr viel offenheit, auch im umgang mit gefühlen voraus.

ich fände es traurig und beängstigend, wenn jemand all seine liebe nur auf mich projiziert...
Ich verstehe dich weitgehend (glaub' ich), bis auf den zitierten Zusammenhang. Warum findest du es traurig und beängstigend, wenn jemand ganz offen all seine Liebe auf dich projiziert? Wenn dein Partner weiß, dass du die "Ausschließlichkeit" nicht brauchst und er dir seine trotzdem geben will, ist das doch ein offener Umgang.

Was wäre falsch daran? Warum könntest du das nicht annehmen... weil du Angst hast, nicht genug zurück geben zu können? Damit meine ich jetzt nicht das schlimmste Beispiel, den Tod, eher das "Weglaufen". Das mit dem Weglaufen ist eher eine Erfahrung, die ich mit mir gemacht habe... aber traurig und beängstigend erinnert mich daran und ich würde gern wissen, ob du ähnlich empfindest.
 
weglaufen... nein.
wenn ich jemanden liebe, dann lauf ich nicht weg.
aber ich werde nicht ewig leben und wenn ich auch noch so auf mich aufpasse, kann es dennoch geschehen, dass ich als erste in die ewigen kuschelgründe eingehe.

was ich meinte ist, dass ich ausschließlichkeit nicht so wünschenswert finde, weil es dem anderen den blick auf die vielfalt von einstellungen und meinungen versperrt.
ich möchte keinen partner, der ein abziehbild meiner selbst ist, sondern ein denkfähiges wesen, das seine eigenen ansichten hat und mir kontra geben kann.
wenn sich jemand ausschließlich auf eine person fixiert, kommt irgendwann der zeitpunkt, dass diese person das maß aller dinge wird und man die eigene objektivität, bzw oft auch die eigene meinung verliert. man traut sich nicht mehr, sich frei zu artikulieren, weil man angst hat, den anderen zu verlieren.

das meinte ich mit "traurig".
 
ich möchte keinen partner, der ein abziehbild meiner selbst ist, sondern ein denkfähiges wesen, das seine eigenen ansichten hat und mir kontra geben kann.

das sehe ich auch so.

aber:

wenn sich jemand ausschließlich auf eine person fixiert, kommt irgendwann der zeitpunkt, dass diese person das maß aller dinge wird und man die eigene objektivität, bzw oft auch die eigene meinung verliert. man traut sich nicht mehr, sich frei zu artikulieren, weil man angst hat, den anderen zu verlieren.

das meinte ich mit "traurig".

hier muss ich dir widersprechen :mrgreen:

ich bin nicht der meinung, dass die liebe, die sich ausschließlich auf eine person "fixiert", automatisch dazu führt, dass man vor lauter angst nichts mehr sagt, diskussionen aus dem weg geht und eben zum abziehbild des partners wird.

gibt es sicher, ganz klar, kenn genug leute, die so leben. aber das hängt dann meiner ansicht nach weniger von dem zustand ihrer beziehung als vielmehr von ihnen selbst, von ihrer einstellung und ihrem (schwachen) charakter ab.

ich war sehr lange ausschließlich auf mike fixiert und dennoch haben wir diskutiert, gestritten, uns gefetzt. weil ich lieber alleine bin als mit jemandem zusammen, für den ich mich verbiegen muss. aber das ist, denke ich, das problem vieler: sie können oder wollen nicht allein sein.

wenn ein partner das maß aller dinge ist, ist das nie gut. natürlich ist die chance geringer, dass das passiert, wenn man mehrere partner hat (in welcher form auch immer). aber wenn man sich nicht grad ein hascherl sucht oder selber eines ist, sondern zu sich und seiner meinung steht und sich selbst trotz exklusiver beziehung über diese beziehung stellt (im sinne eines gesunden egoismus), um eben nicht vollkommen abhängig von einem menschen zu sein ("du bist mein leben", "Ohne dich kann ich nicht leben" - schrecklich!), dann hat man dieses problem auch in einer typisch monogamen beziehung nicht.
 
ich bin ein typisches einzelkind und habe meinen ersten freund mit meiner eifersucht sicher die wände hochgetrieben.
Das ging mir als erstes von zwei Kindern aber ebenso. Und ich denke mal, dass daran auch die Beziehung schlußendlich gescheitert ist und ich für mich einiges gelernt habe.

Ansonsten lasse ich Dich weiterformulieren. Du sprichst das aus, was ich auch denke! :daumen: Und ich gebe es offen zu: es ist leichter zu lesen und zuzustimmen, als selbst zu formulieren. ;) :oops: :mrgreen:
 
hier muss ich dir widersprechen :mrgreen:

:bussal: :mrgreen:
... aber das hängt dann meiner ansicht nach weniger von dem zustand ihrer beziehung als vielmehr von ihnen selbst, von ihrer einstellung und ihrem (schwachen) charakter ab.

hast recht! :)

Das ging mir als erstes von zwei Kindern aber ebenso. Und ich denke mal, dass daran auch die Beziehung schlußendlich gescheitert ist und ich für mich einiges gelernt habe.

wenn man daraus lernt, ist es für etwas gut!
ich habe aus meinen gescheiterten beziehungen oft ebensoviel gelernt wie aus meinen gelungenen...

Ansonsten lasse ich Dich weiterformulieren. Du sprichst das aus, was ich auch denke! :daumen: Und ich gebe es offen zu: es ist leichter zu lesen und zuzustimmen, als selbst zu formulieren. ;) :oops: :mrgreen:

...wobei ich gerade selber diese gedanken das erste mal laut ausschreibe.
und nur durch zufall über diesen thread gestolpert bin.

wieder einmal: ziggy, danke für diesen gedankenanstoß! :bussal:
 
@ moni: ich bin auch nicht mit dieser einstellung auf die welt gekommen, ganz im gegenteil!
ich bin ein typisches einzelkind und habe meinen ersten freund mit meiner eifersucht sicher die wände hochgetrieben.

ah geh wirklich? :mrgreen: ;)
 
und der hat mir gezeigt, dass liebe ohne besitzgier möglich, lustvoll und auf eine ganz eigene art "sicher" sein kann.

Liebe kennt aber doch gar keine Besitzgier!
Auch in einer monogamen Beziehung will Liebe nicht besitzen sondern gehören, will nicht verlangen sondern schenken! :)

Wenn dein Partner weiß, dass du die "Ausschließlichkeit" nicht brauchst und er dir seine trotzdem geben will, ist das doch ein offener Umgang.

Freut mich, dass Du das auch so siehst. So stehe ich mit meiner Meinung dazu nicht alleine da.

man traut sich nicht mehr, sich frei zu artikulieren, weil man angst hat, den anderen zu verlieren.

Ich glaube nicht, dass die Angst vor dem Verlust des Partners dazu führt, sich nicht frei artikulieren zu wollen. Das wäre dann nämlich ein wirklich trauriger Umstand.Ich glaube vielmehr, dass die Angst vor dem Verlust des Partners zu jeder Liebe dazu gehört. Und wenn Du ehrlich und echt liebst, dann wirst Du diese Angst auch in einer polyamourösen Beziehungskette haben.


Im Übrigen danke ich Dir für Deine beiden sehr schönen Postings, sie haben mich sehr beeindruckt! :bussal:

Immerhin ist es Dir gelungen, mich dazu zu bringen, mich mit Deinem Beziehungsmodell auseinander zu setzen, und ich muss gestehen, dass mancher Ansatz sogar für mich nachvollziehbar erscheint.

Dennoch werde ich wohl eher weiterhin monogam leben, weil das einfach meins ist, weil ich zwar viele Menschen in meinem Leben haben möchte, aber nur einen Menschen, zu dem ich gehören darf.

Ich bin so! :shock:

Obwohl's heute bei mir eh schon wurscht wär - ich bin sowohl monogam als auch polygam nicht mehr nachgefragt :roll: :mrgreen:
 
...Freut mich, dass Du das auch so siehst. So stehe ich mit meiner Meinung dazu nicht alleine da...
Nun, ich habe so eine Beziehung, bei meinem Partner ist es ausgeprägter (glaube ich). Wir haben gestern noch über das Thema diskutiert und sind beide nah bei Moni. Es kommt vor, dass sich Menschen aufgeben. Wenn ich neben (..."mit" kann ich mir garnicht vorstellen) einem Abziehbild leben sollte, wäre ich längst weg.

Lorelay, darf ich dich nochmal fragen, was dich stört, wenn dein Partner ausschließlich liebt und seine Persönlichkeit dabei nicht verliert?

Ich habe noch eine Frage, die mich sehr beschäftigt :oops: Eine für diejenigen, die Erfahrung mit der Liebe für mehrere Personen haben, Moni und Mike vielleicht? Ich habe mich zweimal verliebt, obwohl ich in einer Beziehung steckte, die noch nicht völlig tot war. Beide Male hat es mich innerlich zerrissen, vielleicht "nur" wegen des schlechten Gewissens oder weil ich nicht gegen meine Erziehung kann, keine Ahnung.

Die Frage ist eigentlich, wie seid ihr dazu gekommen, das zu bejahen? Viele Diskussionen, Einigkeit der Beteiligten... ist schon klar. Aber was habt ihr beim ersten Mal empfunden, gab es keinen Zwiespalt?
 
@ kabish: es stört mich gar nichts daran, wenn mein partner monogam ist - außer der tatsache, dass er/sie sich dann über kurz oder lang nicht mit meiner lebenseinstellung zurechtfinden wird.

ich zwinge auch einen partner nicht, meine lebens- bzw liebeseinstellung zu teilen.
aber ich würde mir wahrscheinlich keine/n partner/in suchen, der/die auf einer ausschließlichkeit besteht - zumal diese/r dann auch schwierigkeiten mit meinem job bekäme.
immerhin komme ich doch sehr vielen menschen "hautnah"! ;)

@ steirer: liebe will nicht besitzen etc.... ein schönes ideal - realität ist, dass liebe zwar nicht klammern will, aber es oft trotzdem tut.
seien wir uns ehrlich: wir erwarten, dass unsere liebe in genau der gleichen form erwidert wird.
mindestens! ;) :roll: :oops:

was die verlustangst betrifft: natürlich hat man angst, denjenigen, den man liebt, zu verlieren!
die frage ist nur, wie stark sich diese angst auf die eigene performance auswirkt.
ich habe auch schon menschen erlebt, die von ihren partnern verlassen wurden, weil sie sich selber aufgegeben haben aus angst, den anderen zu verlieren...
naja - shit happens!

aber man sucht sich ja einen menschen deswegen aus, weil einem seine art gefällt, die selbstbehauptung, das selbstverständnis, und das sollte auch in einer beziehung gewahrt bleiben.
grenzen anerkennen, um miteinander eins sein zu können...


...so, jetzt hör ich auf, jetzt werd ich poetisch! :shock: :mrgreen:
 
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