Kannst du mir erklären,warum ein Akademiker in unserer Gesellschaft mehr verdient? Ist eine körperliche Arbeit weniger Wert, wenn sich einer am Bau zum Krüppel schuftet als ein Denker im Büro?
Erstens verdienen nicht alle Akademiker mehr als der Maurer. Der Beruf der Kindergärtnerinnen setzt inzwischen ein Studium (Bachelor) voraus. Dafür nennen sie sich dann Kindergartenpädagogin, aber im Gehalt wird sich das nicht besonders groß auswirken. Mit den Diplomkrankenschwestern ist es ähnlich. Und so ganz nebenbei, die schuften auch ganz ordentlich.
Dann gibt es noch die Akademiker, die eine brotlose Kunst erlernt haben. Ich will niemanden davon abbringen, ein Orchideenfach zu studieren. Ein jeder soll das tun, was er mit Begeisterung und Freude tut. Denn nur dann wird er es auch gut tun. Aber ein Ägyptologe muss sich darüber im Klaren sein, dass es für ihn sehr schwierig wird, einen lukrativen Job zu ergattern. So viele Museumsdirektorsposten gibt es nicht.
Jetzt muss ich zuvor noch klarstellen: Ich bin kein Akademiker, also in meiner Wertung unbefangen. Aber wenn einer z. B. in meinem Fach (Chemie) ein Studium bis hin zur Dissertation durchzieht, dann ist das kein Honiglecken. Wenn er die Sache ernst nimmt, dann wird er sich vor den Prüfungen so manche Nacht mit Büffeln um die Ohren schlagen. Aber verdienen wird er in dieser Zeit nichts, sofern er in den Ferien keinen Job annimmt. Der Maurer fliegt in seinen Ferien auf die Malediven ...... oder nur nach Ibiza, wenn die Frau keinen Job hat. Und wenn der angehende Chemiker mit seinem Studium endlich fertig ist, hat er seine 30 Jährchen (oder mehr) am Buckel.
Bist du ihm wirklich neidig, dass er mehr verdient als der Maurer? Und was ein Maurer heutzutage verdient, das weiß ich nicht. Aber als ich in die HTL gegangen bin, da habe ich in den Ferien einige Male am Bau gearbeitet, weil man da besser verdient hat. Ich wollte nämlich unbedingt einen Plattenspieler haben und das war damals -
so viel zum "aus dem Vollen schöpfen" - ein Monatslohn eines Hilfsarbeiters. Die Maurer haben damals jedenfalls gut verdient.
Aber der eigentlich entscheidende Punkt ist: Wir leben (derzeit noch) in einer Marktwirtschaft. Wenn die Wirtschaft promovierte Chemiker dringend bracht, dann wird sie gut bezahlen müssen.
In der DDR und auch in der Sowjetunion war das sicher anders. Doch dort sind wir glücklicherweise nicht.