aber irgendeine möglichkeit gibt es sicher, mir ist nur einfach noch keine eingefallen.
Natürlich gibt es diese Möglichkeit, und sie liegt im Inneren aller Beteiligten. Es ist die grundlegende Einstellung sowohl der Prostituierten als auch deren Kunden.
Sexualität ist einer der bestimmendsten natürlichen Triebe des Menschen, sie dient nicht nur der Erhaltung der Art, sondern sie trägt (und das unterscheidet den Menschen vom Tier) durch unseren Intellekt und die damit verbundene gefühlsmäßige Wahrnehmung auch in hohem Maße zu unserem psychischen Wohlbefinden bei. Sex kann ein Lebenselixier sein, und Sex als Dienstleistung zu konsumieren
kann nur ein Notbehelf sein. Noch dazu ein Notbehelf, der ja nur den körperlichen Mangel ausgleichen kann, der psychische Leidensdruck bleibt ja dennoch bestehen. Damit ist ein Großteil der Kunden von Haus aus im Nachteil gegenüber der Prostituierten, denn diese hat ja in aller Regel neben dem quasi beruflichen Sex auch ihren privaten Sex, der ja im Normalfall sowohl die körperliche als auch die psychische Komponente abdecken wird.
Daher sollten Prostituierte niemals vergessen, dass es einem guten Teil ihrer Kundschaft nicht oder nicht nur um ausgefallene sexuelle Praktiken geht, sondern dass in Verbindung damit auch ein psychischer Mangel ausgeglichen werden soll. Zum Beispiel das fehlende Verständnis einer Partnerin für ihre sexuellen Wünsche. Natürlich kann eine Prostituierte diese Partnerin nicht ersetzen, aber: sie kann dem Kunden für kurze Zeit die Illusion vermitteln, genau diese verständnisvolle Partnerin zu sein.
Dafür ist aber wieder Voraussetzung, dass sie ihren Beruf gerne ausübt, und natürlich auch, dass der jeweilige Kunde sie sympathiemäßíg so weit aus der Reserve locken kann, dass sie alles, was sie mit dem Kunden macht, gerne tut, mit Freude bei der Sache ist, und vielleicht sogar (obwohl das nicht vorausgesetzt werden sollte) selbst Spaß daran hat. Mit anderen Worten (und es sind nicht meine, sondern die Worte einer Prostituierten): alles, was sie dem Kunden bei dem Zusammensein mit ihm gibt, sollte sie ihm ehrlich geben können. Die Zuwendung, die Zärtlichkeit, was auch immer. Es muss ehrlich sein, aber es wird und muss nicht echt sein. Es ist eine Illusion und das soll es ja auch bleiben, sonst wird es für beide Beteiligten schwierig.
Das ist der Moment, wo die Einstellung des Kunden ins Spiel kommt. Als Kunde wird man für eine Prostituierte umso "handsamer" sein, je weniger Illusion man begehrt. Wenn einer nur speziellen Sex will, der geht hin, erklärt ihr das, dann geht's zur Sache, und nachher wird er sagen, dass es super war, oder dass es geil war, und wenn's ihn wieder danach gelüstet, schaut er wieder vorbei. Wobei ich mir durchaus vorstellen könnte, dass es gerade diese Kunden sind, bei denen eine Prostituierte für sich am meisten "haben" kann - denn bei ihm kann sie sich gefahrlos
auch in den Sex hineinfallen lassen, ohne befürchten zu müssen, dass sie von ihrem Gegenüber falsch verstanden wird.
Je mehr Illusion erwartet wird, umso schwieriger wird es für die Prostituierte, denn sie muss ja darauf achten, dass trotz der illusionären Zuwendung die Grenze zwischen "ehrlich" und "echt" sichtbar und spürbar aufrecht bleibt. Manche Kunden neigen dazu, mit ihren Vorstellungen Prostituierte zu überfordern - ich habe es in meiner ersten Wortmeldung ja schon angedeutet. Das ist kein guter Weg, sie tun damit den Prostituierten nichts Gutes, und auch sich selbst nicht.
Ich meine daher, dass eine zufriedenstellende Leistung einer Prostituierten nicht zuletzt davon abhängt, dass der Kunde
weiß, dass ihm hier eine Illusion verkauft wird, und dass er sich nicht Dinge erwartet, welche ihm eine Prostituierte einfach nicht geben kann.
Es würde praktisch zu keinen Unzufriedenheiten kommen können, wenn alle Freier und alle Prostituierten diese optimale Einstellung hätten. Das kann es in der Realität natürlich nicht geben. So entstehen zwangsläufig Defizite auf beiden Seiten. Diese zu beseitigen, gelingt aber nicht mit Testern, nicht mit Bewertungen, nicht mit Ranglisten - diese zu beseitigen gelingt nur über die Einstellung der Beteiligten.
Wobei noch ein Punkt hinzu kommt, der gerne ein wenig in den Hintergrund gerückt wird:
bei mir zb ist es wirklich so dass ich nicht die masse an treffen mache weil ich gottlob auf diese beschäftigung existenziell gar nicht angewiesen bin.
Weißt Du, damit bist Du ja einerseits auf der Butterseite gelandet, anderseits hast Du damit aber keine wirkliche Ahnung, was Prostitution
auch sein kann. Nämlich, in der Tat auf die Einkünfte aus dieser Tätigkeit angewiesen zu sein. Und da schaut es dann nicht immer so rosig aus, dass man sich locker und entspannt ein paar Hunderter dazuverdient, nicht einmal bei den "Arrivierten", welche ein eigenes Studio haben. Noch weniger bei jenen, welche in Studios oder Laufhäusern arbeiten, und schon gar nicht am Straßenstrich.
Und manche Frau am Straßenstrich muss sich von ihren Freiern Dinge anhören, bei welchen der Gute aus jedem Studio mit Fußtritten verjagt würde. Sie muss sich diese Dinge anhören, weil sie das Geld braucht. Denn wo Du auf 100 oder 200 Euro verzichtest, um Dir Deine Würde zu wahren, dort ist sie darauf angewiesen, die 30 oder 40 Euro zu nehmen, auch wenn es dabei mit der Würde nicht so gut ausschaut. Freilich gibt es auch in diesen Bereichen Kunden, welche die Dienste der Frauen zu schätzen wissen und dankbar dafür sind - aber die Mehrheit ist es mit Sicherheit nicht.
Und doch gibt es auch in diesen Bereichen der Prostitution Frauen, welche sich an den Grundsatz "nicht echt, aber ehrlich" halten, auch wenn ihnen von ihren "Kunden" nichts annähernd gleichwertiges entgegengebracht wird. Und die auch für einen vergleichsweise lächerlichen Lohn die volle Leistung erbringen, auch wenn sie dafür nur Undank und verächtliche Kommentare ernten.
Wenn man mir nicht bös' ist ...... ich habe vor den Prostituierten wesentlich mehr Respekt als vor den meisten Freiern.