@Mitglied #345112 du wolltest konkreteres zum thema, was bei der bildung verändert werden muss:
zuerst einmal die bereitschaft, für dieses thema überhaupt geld in die hand zu nehmen. denn alles, was dort verabsäumt wird, rächt sich durch umwegkosten in der zukunft. klar, geld allein ist nicht das rezept - da kommt es drauf an, wo und wie einsetzen. das beginnt schon bei der ausbildung und zahl von kindergartenkräften. wenn sie nur ausreichend viel und ausreichend gut ausgebildet sind, um die kinder eben täglich nur wieder lebend und atmend bei den eltern abzuliefern, dann wirst nicht mehr an entwicklung der kinder vor dem schuleintritt erwarten können.
und das setzt sich gleich nachher auch in der schule fort: wenn der ganze anspruch daraus besteht "googelt euch die antworten zum stoff im internet zusammen", dann bekommst nach der schulischen "ausbildung" genau dieses ergebnis. dann sind wir bildungsmäßig in den fußstapfen der usa - oder sogar noch schlimmer dran. oder wir wollen etwas anderes. dann muss den lehrern aber schon in ihrer ausbildung und laufenden weiterbildung ein ganz anderes rüstzeug und auch eine andere motivation mit auf den weg gegeben werden. weil dort beginnt es: so wie der trainer tickt, so werden die trainierten.
Beim Thema Lehererausbildung bin ich bei Dir, beim Thema Geld weniger.
Denn defacto haben wir eines der teuersten Bildungssysteme im OECD-Schnitt, aber eines mit sehr schlechtem Output - all over all.
Ganz besonders gilt das für das Segment
öffentliche Pflichtschulen im urbanen Bereich.
Volks- und Hauptschule "am Land" gehen noch, aber in Wien ist der größte Teil davon eine komplette Katastrophe.
Das den Migrationswellen zuzuschreiben greift zu kurz - die Erosion dieser Schulen habe ich selbst und in der Familie
in Wien5 miterlebt - westlich des Margaretenplatzes, also nicht im BoBo-Teil des 5en.
Meine Schwester (Schulbeginn '67) ich (Schulbeginn '69) und mein älterer Cousin (Schulbeginn '75) konnten noch die
öffentliche VS besuchen. Meine jüngeren Cousins (Schulbeginn Anfang der 80er) nicht mehr.
Ebenso hat mir ein HS-Direktor einer Bezirkshauptstadt in Kärnten schon 1984!!!! bestätigt,
dass HS in Wien und HS am Land zwei unterschiedliche Galaxien wären.
Ich hatte viele Studienkollegen, die von 10-14 in einer HS waren, und die Hochschulreife erst von 14-19 in einem Borg oder meist
in HTLs erreicht haben. Von jenen war aber
kein einziger aus Wien - alle vom Land.
Es muss einfach auch wieder ein bissl mehr Druck hinein - NICHT-Leistung bleibt meist ohne Konsequenz.
Man könnte ja jemand frustrieren, einer Mikro-Aggression aussetzen, etc. Wieso soll man dann zum Lernen motiviert sein?
Das pädagogische Pendel ist richtiger Weise vom "Rohrstaberl" weggeschwenkt, hat dann aber die "gesunde Mitte" nicht gefunden,
sondern ist ins andere Extrem ausgeschlagen. Und da stehen wir nun.
Fun Fact: In asiatischen Schulen (Korea, Singapore, ....) gibt's zwar enormen Leistungsdruck wie er hier kaum vorstellbar ist - jedoch auch eine höhere soziale Durchlässigkeit im Bildungserwerb - weit höher als bei uns.
In Österreich haben wir seit den 70ern gratis Schulbücher, keine Aufnahmsprüfungs ins Gym, gratis Uni, etc. - aber der Bildungserwerb ist in nur wenigen OECD-Staaten stärker sozial vererbt als bei uns. Die angestrebten Ziele der Kreiskyäera in allen Ehren, erreicht wurde sie aber nur in eher seltenen Ausnahmefällen.
Die drauf folgenden Migrationsströme die noch Sprachdefizite und "culture clashes" mit sich bringen sind an den beschriebenen Mißständen nicht schuld,
aber machen die Situation auch nicht besser bzw. leichter - sondern noch herausfordernder.