Sahara-Wasser für Libyens Küste
Pipelines von der Größe eines Autotunnels pumpen Wasser aus der Tiefe an die Küsten und in die Wüste Libyens. Martin Gehlen hat eine Schaltzentrale des Projekts besucht.
Auf 4000 Kilometer angewachsen ist mittlerweile das Netz aus den vier Meter hohen Hauptrohren, durch die bequem ein Omnibus fahren könnte. Alle 75-Tonnen-Teile werden sieben Meter tief in den Wüstensand versenkt. Die erste Bauphase startete 1984 und versorgt seit 1991 die zentralen und östlichen Küstenregionen um die Städte Sirte und Benghazi.
Die zweite Phase beliefert seit 1996 den Westen mit der Hauptstadt Tripolis. Ein dritter Strang von der berühmten Lehmstadt Ghadames zur Küste geht demnächst in Betrieb. Von 2013 an sollen dann alle 1149 Tiefbrunnen zusammen 2,4 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr produzieren – 28 Prozent gehen an die Haushalte und 70 Prozent an die Landwirtschaft. "Das Projekt wird für unsere Generation den Mindestbedarf an Wasser decken", bilanziert Agrarminister El Gaood. Die Einwände von westlichen Umweltschützern, Libyen treibe kurzsichtigen Raubbau an den unersetzbaren Vorräten und ignoriere die ökologischen Gefahren, lässt er nicht gelten.
Nach eigenen Kalkulationen reicht die fossile Wassermenge mindestens noch 4000 bis 5000 Jahre. Die Vereinten Nationen haben 2004 das Volumen allein für den Nubischen Vier-Nationen-Aquifer auf 373.000 Milliarden Kubikmeter geschätzt, von dem bisher nur ein Bruchteil von einem tausendstel Prozent verbraucht worden ist.
Libyen will mit dem Sahara-Wasser aber auch 130.000 Hektar verdorrten Bodens neu kultivieren – dort sollen Getreide, Trauben, Tomaten, Oliven, Mandeln und Pfirsiche wachsen. Schon heute deckt die Produktion in dem wieder ergrünten Küstengarten die Hälfte des heimischen Bedarfs.
http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2010-12/libyen-wasser