(...)Der Feminismus erweist sich als erbitterter Gegner der Sexarbeit und bedient sich dabei einer perfiden Strategie: Die Freiwilligkeit der dieses Gewerbe ausführenden Damen wird schlichtweg verleugnet. Damit befindet sich der Feminismus auf dem durch konservative Katholiken ausgetretenen Trampelpfad - Sexarbeiterinnen sind vom rechten Weg abgekommen, und das einzig wahre Ziel muss sein, sie wieder in die "normale" Gesellschaft zurück zu holen.
Dein ganzer Beitrag war exzellent geschrieben, aber dieser eine Absatz schlichtweg genial - dieses Phänomen habe ich mit einem befreundeten nicht-existenzialistischen Philosophen auch mal nächtens (nach vielen Bieren) durchgekaut.
Sicherlich ist ein Problem die christliche Sexualmoral die uns zumindest über die letzten 1000 jahre gesellschaftlich geprägt hat und deren Intention es über viele, viele Jahrhunderte war, die Frau in das miesestmögliche Eck zu drängen. Generell muss man sagen, dass alle Abrahamsreligion dieselbe leibesfeindlichkeit propagieren, nur in unterschiedlichen Abstufungen - und da sie dazu noch aptriarchalisch strukturiert sind, wird diese Leibesfeindlichkeit zur Dämonisierung des Weibes, das Lust ausstrahlt und / oder verbreitet, instrumentalisiert.
Natürlich kommt das auch in anderen Gesellschaften vor (Beschneidung in Afrika z.B.), aber bei uns ist die Verachtung der weiblichen Sexualität jahrhundertelang tradiert worden und überall wiederzufinden.
Daraus folgt dann die Erniedrigung all jener Frauen, die eine sexuelle Aktivität zeigen / nicht verhehlen. Egal ob unentgeltlich (die berühmte "Schlampe" die in wirklichkeit nichtmal 30% der Sexualkontakte eines "scharfen Stechers" aufweist) ebenso wie die entgeltlichen Liebhaberinnen. Im antiken Griechenland waren diese z.B. gesellschaftlich oft in einer besseren und machtvolleren Funktion als die braven Ehefrauen - seht mal nach wer die treibende Kraft hinter dem Bau des Pantheons war
Leider hat sich die Verschiebung der Perspektive und Verächtlichmachung bis in unsere zeit fortgesetzt und ist auch in den Köpfen jener, die keine Radikalkatholiken, islamische Fundis oder religiös motivierte orthodoxe Zionisten sind.
Objektiv gesehen gibt es keinen einzigen Grund, die Prostitution als einen anderen oder schlechteren Job als alle übrigen Tätigkeiten einzustufen:
Der Körper wird verkauft?
Ja, aber das wird er auch von einem bauhackler, der 10 Stunden in der Sonne in "der Kinettn" steht und sich dabei die gesundheit runiert. Jeder, der manuelle Arbeitskraft gegen Geld liefert, verkauft seinen Körper - eine Differenzierung ist hier "in die eigene Tasche lügen".
Es kommt zu einer Intimität die gegen Geld nicht geliefert werden dürfte?
Da kann ich drüber nur lachen - ein Psychotherapeut der eine dreijährige Gesprächs & Gestalttherapie mit einem Klienten macht muss VIEL MEHR Intimität zulassen und sogar aufbauen, sonst scheitert er. und wird auch fett bezahlt dafür
Es ist ein minderwertiger Job, weil keine Skills erforderlich sind?
Besonders den Forenlesern hier sollte klar sein, dass dies auf keinen Fall zutrifft. Wenn man die positiven und negativen Berichte durchliest, dann sieht man, dass die besten Freudenmädchen jene sind, die besopnders gut entwickelte Soft Skills aufweisen - die im Moment auch in der nichthorizontalen Wirtschaft ein gutes Geld wert sind.
Ich könnte das jetzt endlos fortführen, aber im Endeffekt kann man jedes Argument, mit dem man die Prostitution in ein eigenes Eck abseits aller anderen Jobs abdrängen will, sowas von zerlegen, dass nichts als enttarnte Vorurteile überbleiben.
Ich für meinen Teil hab in meinem Freundes- und Bekanntenkreis Regierungsmitglieder, Ärzte, Unternehmer und auch Prostituierte - und ich sehe ABSOLUT keinen Grund warum ich den einen oder die andere aufgrund ihrer Tätigkeit mehr oder weniger achten sollte.