Aber andererseits frage ich mich: Wo ist denn der Widerspruch?
Ich sehe da keinen Widerspruch, ganz im Gegenteil. Es gibt Menschen, die leben das Bild, dass Andere von ihnen erwarten. Sie passen perfekt in ein System aus Zwängen und Verboten. Dann gibt es Menschen, die nach Aussen hin das anpassungsfähige Wesen leben aber zu anderen Zeiten eine Seite ausleben, die eben im Verborgenen liegt. Dann gibt es Menschen, die nach Aussen und Innen sehr authentisch sind. Sie brauchen nicht das Korsett des Gutbürgerlichen, sondern leben ihre innere Leidenschaft bunt und lebendig aus.
Meines Erachtens tun mir jene Menschen leid, die in ihren Korsetts stecken bleiben und mit zunehmenden Alter alles bereuen, dass sie selbst nicht getan haben, aber an anderen sehen, wie befreit sie sind.
Ich habe im Laufe meines Lebens viele Menschen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen kennengelernt und jeder davon trägt seine eigene Tragik zu Tage. Der Grund für Widersprüchlichkeiten ist die Angst, nicht angenommen zu werden. Sei es berufliche oder private Nachteile zu bekommen. Sich aus dem bürgerlichen Zwang zu befreien oder generell frei und auch verrückt zu leben, das ist eben nur den Mutigen bestimmt.
Wenn der Widerspruch jedoch zum Zwang wird, sprich, es gelingt einem nicht, sich vom Korsett zu befreien, kommt es nicht selten zu selbstzerstörerischen Reaktionen oder man verletzt Andere (verbal oder physisch). Hier spielen alte Rollenbilder oder monogame Beziehungsstrukturen eine enorme Rolle oder auch das Entdecken bestimmter Vorlieben oder Fetische, die nicht angesprochen oder ausgelebt werden können. Die Frustration erhöht sich dadurch und kann in Gewalt eskalieren.
Daher bin ich sehr sicher, dass es sichere Räume wie diese geben muss, sodass Vorlieben etc. angesprochen werden können um entweder Gleichgesinnte oder zumindest die Akzeptanz zu erfahren, damit der Mensch Sicherheit mit sich selbst bekommt.
Für mich sind erotische Menschen keine widersprüchlichen Menschen. Sie sind mit sich im Reinen und leben innerhalb ihrer Möglichkeiten das aus, was ihnen gut tut. In welcher Form, das überlässt man dann den Betroffenen.
Wenn es nach den Erwartungen meiner Mitmenschen geht, also jene, die mich nicht kennen, würde ich in einer Lebenshilfe Holzenten bemalen und wäre in einer Wohngruppe.
Nicht den Erwartungen entsprechen, widersprüchlich zu bleiben, um beim Gegenüber Interesse zu erzeugen, das macht das Leben doch erst so richtig spannend. Berechenbare Menschen finde ich langweilige.