Der Film Thread

Gestern gesehen: Hanekes für 5 Oscars nominiertes und schon mit vielen Preisen (Golden Globe, Goldene Palme) ausgezeichnetes Drama "Liebe". Was für ein Film! Ich hatte ja schon recht große Erwartungen, aber Haneke hat diese noch einmal übertroffen. Seit gestern beschäftigt mich der Film, gehe ich einzelne Szenen noch mal im Kopf durch und er liegt mir wortwörtlich im Magen.

Es geht um das gealterte Ehepaar Georges und Anna (Jean-Louis Trintignand, Emmanuelle Riva), gut situiert und immer noch mit viel Lebensfreude, das sich plötzlich mit dem Sterben auseinandersetzen muss. Anne hat einen Schlaganfall, ist seither rechtsseitig gelähmt und obwohl sie zu Beginn noch geistig voll auf der Höhe ist und versucht, sich ihre Würde zu bewahren, verfällt sie zusehends. Georges bemüht sich aufopferungsvoll um seine Frau, stößt bald aber selbst an seine Grenzen. Der Tod ist nicht aufzuhalten, und zu guter Letzt geht es nur noch um die Frage, ob die Liebe zwischen den beiden groß genug ist, um würdevoll mit dem Sterben umgehen zu können.

Ganz großartig sind die beiden Hauptdarsteller. Sowohl Trintignand als auch Riva verleihen ihren Figuren mit kleinen Gesten und enormer Zurückhaltung enorm viel Ausdruckskraft. Wenn Trintignand als George mit besorgtem Blick mit kleinen Schritten durch den Gang schlurft, weil er seine Frau um Hilfe hat rufen gehört, dann verspürt mal als Zuseher sein ganzes Leidensdrama - die Besorgnis um seine Frau und der Wunsch, schnell zu Hilfe zu eilen, und gleichzeitig die eigene Limitiertheit, das eigene Alter, das es nicht erlaubt, schneller bei ihr zu sein. Und Emmanuelle Riva ist einfach nur grandios. Wie sie diesen Verfall auch körperlich sichtbar werden lässt, ist eine fast unmenschliche Leistung für eine fast 86jährige.

Jedenfalls ein ganz großer Film mit vielen leisen, enorm berührenden Momenten, die von der Schauspielkunst der beiden Hauptdarstellers und Hanekes unnachgiebigen, aber dadurch auch herzzerreißenden Blick getragen werden. Ein Oscar für den besten Film würde mich zwar sehr überraschen (zu sehr ist der Film auch formal von "Hollywood-Standards" entfernt), aber verdient wäre er allemal.

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Kontrastprogramm a la Einer von denen: Am Mittwoch "Liebe" von Haneke im Bellaria-Kino, am Donnerstag "Django Unchained" von Tarantino im Village. In beiden Fällen aber ein lohnenswerter und nachhaltig beeindruckender Kino-Abend.

Was gibt's zu sagen über Tarantinos Western? Zunächst fällt auf, dass Tarantino diesen fast 3 Stunden langen "Erweckungskampf" des ehemaligen Sklaven Django überraschend geradlinig erzählt und sehr genretreu agiert. Wenn nicht die auf die Spitze getriebene, oft augenzwinkernde, an anderer Stelle aber wieder betroffen machende Gewaltdarstellung wäre und wenn nicht diese teils langen, herrlich absurden Dialoge wären, dann wäre "Django Unchained" wohl ein klassischer Genrefilm. Gerade diese beiden Aspekte aber, die schrägen Figuren mit ihren großartigen Dialogzeilen sowie die exzessive Gewaltdarstellung, die vor Drastik nicht zurückschreckt, macht letzten Endes aber doch einen typischen Tarantino daraus - und das ist auch gut so.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Der Kopfgeldjäger Dr. King Schultz (überragend gespielt von Christoph Waltz - ich hatte das dringende Bedürfnis, bei jeder einer Dialogzeilen begeistert zu klatschen) befreit Django (sehr überzeugend in seiner Entwicklung gespielt von Jamie Foxx) aus der Sklaverei, da dieser ihm drei Verbrecher zeigen kann, die er jagt. Im Verlauf ihrer gemeinsamen Reise wird Dr. Schultz klar, dass er mit Django ein erstklassiges Kopfgeldjäger-Talent an seiner Seite hat, und Django wiederum eröffnet Dr. Schultz, dass er auf der Suche nach seiner Frau ist. Sie treffen eine Vereinbarung: Über den Winter hinweg hilft Django Dr. Schultz bei seinem blutigen Geschäft, anschließend hilft Dr. Schultz Django, dessen Frau zu finden und zu befreien. Und sie werden auch bald fündig: Auf der Plantage von Calvin Candie (herrlich fies: Leonardo DiCaprio) serviert Djangos Frau Broomhilda (Kerry Washington) im Herrenhaus. Schnell ist ein Plan geschmiedet, der zunächst auch aufzugehen scheint. Doch leider haben Dr. Schultz und Django die Rechnung ohne dem verschlagenen Hausdiener Stephen (großartig und ebenfalls schwer oscar-würdig: Samuel L. Jackson) gemacht. Das eine oder andere Tarantino'sche Blutbad muss es richten.

Betroffen macht vor allem die Darstellung der Sklaverei, und auf dieser Ebene ist Tarantino wohl sein bisher ernsthaftester Film gelungen. Dennoch ist "Django Unchained" zu vielen Momenten mehr Komödie als Drama, was den Unterhaltungswert beständig hoch hält, aber wohl auch der Grund dafür ist, dass ich "Django Unchained" zwar sehr, sehr gut fand, aber nicht als Tarantinos besten Film einstufen würde. Manchmal verfasert der Film ein wenig, und gerade der Mittelteil der fast drei Stunden hat so seine Längen. Da hätte ein bisschen mehr Fokus auf dem eigentlichen Filmstoff nicht geschadet. Aber sei's drum - "Django Unchained" ist und bleibt tolles Kino mit durch die Bank überzeugenden bis überragenden Darstellern und vielen großen Einzelmomenten.

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Kontrastprogramm a la Einer von denen: Am Mittwoch "Liebe" von Haneke im Bellaria-Kino, am Donnerstag "Django Unchained" von Tarantino im Village. In beiden Fällen aber ein lohnenswerter und nachhaltig beeindruckender Kino-Abend.

Was gibt's zu sagen über Tarantinos Western? Zunächst fällt auf, dass Tarantino diesen fast 3 Stunden langen "Erweckungskampf" des ehemaligen Sklaven Django überraschend geradlinig erzählt und sehr genretreu agiert. Wenn nicht die auf die Spitze getriebene, oft augenzwinkernde, an anderer Stelle aber wieder betroffen machende Gewaltdarstellung wäre und wenn nicht diese teils langen, herrlich absurden Dialoge wären, dann wäre "Django Unchained" wohl ein klassischer Genrefilm. Gerade diese beiden Aspekte aber, die schrägen Figuren mit ihren großartigen Dialogzeilen sowie die exzessive Gewaltdarstellung, die vor Drastik nicht zurückschreckt, macht letzten Endes aber doch einen typischen Tarantino daraus - und das ist auch gut so.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Der Kopfgeldjäger Dr. King Schultz (überragend gespielt von Christoph Waltz - ich hatte das dringende Bedürfnis, bei jeder einer Dialogzeilen begeistert zu klatschen) befreit Django (sehr überzeugend in seiner Entwicklung gespielt von Jamie Foxx) aus der Sklaverei, da dieser ihm drei Verbrecher zeigen kann, die er jagt. Im Verlauf ihrer gemeinsamen Reise wird Dr. Schultz klar, dass er mit Django ein erstklassiges Kopfgeldjäger-Talent an seiner Seite hat, und Django wiederum eröffnet Dr. Schultz, dass er auf der Suche nach seiner Frau ist. Sie treffen eine Vereinbarung: Über den Winter hinweg hilft Django Dr. Schultz bei seinem blutigen Geschäft, anschließend hilft Dr. Schultz Django, dessen Frau zu finden und zu befreien. Und sie werden auch bald fündig: Auf der Plantage von Calvin Candie (herrlich fies: Leonardo DiCaprio) serviert Djangos Frau Broomhilda (Kerry Washington) im Herrenhaus. Schnell ist ein Plan geschmiedet, der zunächst auch aufzugehen scheint. Doch leider haben Dr. Schultz und Django die Rechnung ohne dem verschlagenen Hausdiener Stephen (großartig und ebenfalls schwer oscar-würdig: Samuel L. Jackson) gemacht. Das eine oder andere Tarantino'sche Blutbad muss es richten.

Betroffen macht vor allem die Darstellung der Sklaverei, und auf dieser Ebene ist Tarantino wohl sein bisher ernsthaftester Film gelungen. Dennoch ist "Django Unchained" zu vielen Momenten mehr Komödie als Drama, was den Unterhaltungswert beständig hoch hält, aber wohl auch der Grund dafür ist, dass ich "Django Unchained" zwar sehr, sehr gut fand, aber nicht als Tarantinos besten Film einstufen würde. Manchmal verfasert der Film ein wenig, und gerade der Mittelteil der fast drei Stunden hat so seine Längen. Da hätte ein bisschen mehr Fokus auf dem eigentlichen Filmstoff nicht geschadet. Aber sei's drum - "Django Unchained" ist und bleibt tolles Kino mit durch die Bank überzeugenden bis überragenden Darstellern und vielen großen Einzelmomenten.

Du liest eindeutig zu viele Filmrezensionen :lehrer:
 
"Die Frau mit den 5 Elefanten" ist ein nicht so bekannter (Doku)-Film, hat vielleicht auch nicht gute Kritiken bekommen, aber ich finde er ist schon sehenswert.
Spiegelt das Leben und deren Erfahrungen/Erinnerungen einer alten Frau (Swetlana Geier) die nach langer Zeit in ihre Heimat zurückkehrt
.Swetlana Geier ist Übersetzerin und hat die fünf wichtigsten Romane von Dostojewskij – die "5 Elefanten" – neu übersetzt. Sie erlebt als Kind die Gräuel des Krieges , den Verlust ihres Vaters und ihre eigene Deportationin ein Gefangenenlager nach Dortmund. Nichts destotrotz bleibt sie nach Kriegsende in Deutschland.,studiert und arbeitet als Übersetzerin. Mit 85 Jahren reist sie mit dem Regisseur Vadim Jendreyko an die Orte ihrer Vergangenheit und reflektiert ihr Leben.

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Darwin's Nightmare Dokumentarfilm über Macht und die Zusammenhänge zwischen Fischerei-Industrie und Waffenhandel amViktoriasee/ Afrika.
Die Industrie hat einen fremden Raubfisch namens Nilbarsch in den Viktoriasee in Ostafrikaausgesetzt. Innerhalb von dreißig Jahren rottete der Nilbarsch alle anderenArten im See aus und wurde selbst als fetter Speisefisch zur Grundlage einerregen Exportindustrie mit Zielrichtung Europa. Im Gegenzug kamen von dortWaffen für den Bürgerkrieg nach Kongo, Ruanda und anderswo zurück. Verdienthaben am Fisch indes nur wenige Konzerne. Die Bevölkerung um den See herumblieb zu arm, um sich Nilbarsch leisten zu können


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charlie kaufman ist wirklich genial, aber sein wahres meisterwerk ist "synecdoche, new york" mit dem mindestens genauso genialen philipp seymour hoffman!!! hier hat kaufman nicht nur das drehbuch geschrieben sondern auch regie geführt

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Der Film hat mich noch eine zeitlang beschäftigt nachdem ich ihn gesehen hab. Ich glaub einmal anschaun reicht gar nicht um ihn voll zu erfassen.
Phillipp Seymour Hoffmann hat da als tragende Figur jedenfalls eine Meisterleistung geboten.
 
"Die Frau mit den 5 Elefanten" ist ein nicht so bekannter (Doku)-Film, hat vielleicht auch nicht gute Kritiken bekommen, aber ich finde er ist schon sehenswert.


Lieber wet_kisses_m,

Kritiken sind nicht immer das, was uns interessieren sollte. Umso mehr freue ich mich, dass noch jemand - Du - den Film mag. Denn neben den biographischen Dingen eines europäischen Lebens im 20. Jahrhundert ist es das Feine, das hier mittels der Frau zwischen zwei Sprachen zum Tragen kommt: die Liebe zum Wort, der Textur der Worte, das Verwobene in der Literatur. Wie sie ihre Übersetzungen Dostoevskijs dem älteren Musiker diktiert, der harsch in täglicher Detailarbeit das Musikalische ihrer Übersetzungen beurteilt...köstlich, die Zwei.
Svetlana Geier hat auch Sinjavskij übersetzt und sie hatte den Schalk im Nacken und einen wachen Blick wie eine 12-Jährige. Und Jeder, der sich für Übersetzungen und einen erfrischen geerdeten Zugang zu Literatur interessiert, für den ist der Film sicher etwas. Und ihre Augen 2009 im Wiener Literaturhaus als sie spontan Puschkin rezitierte.

Und dann gibt es noch viele andere Punkte an dem Film, wo man vertiefen könnte. Aber ich belasse es dabei.

Herzlich,
Die Sterntalerin
 
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The Sessions - Wenn Worte berühren

The Sessions – Wenn Worte berühren ist eine US-amerikanische Filmkomödie aus dem Jahr 2012.
Der Film basiert auf einer wahren Geschichte, die Mark O’Brien 1990 mit dem Artikel „On Seeing a Sex Surrogate“ niederschrieb.

FSK: 12
Besetzung u.a.: John Hawkes, Helen Hunt, William H. Macy, Moon Bloodgood

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"Pi" , Darren Aronofsky

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Der Erste von Aronofsky bleibt neben "Requiem for a Dream" immer noch mein Favorit.
 
Whores' Glory (2011)

Michael Glawoggers letzter Dokumentarfilm überführt die räumliche Anordnung des Triptychons in eine filmische über das gern als „ältestes Gewerbe der Welt“ bezeichnete Berufsfeld der Prostitution: Drei Bordelle in drei Ländern der Welt (Bangkok in Thailand, Faridpur in Bangladesch, Reynosa in Mexico) werden so zueinander in Beziehung gesetzt, dass sich der Blick weit über die Praxis selbst hin zur Architektur ihrer Orte, der Religion und Kultur der darin Involvierten und dem Verhältnis von Geld und Ware öffnet. Whores’ Glory beschönigt nichts, vermeidet aber auch einen moralisierenden Blick und belässt die Ambivalenz seines Themas im provokanten Zustand der Schwebe.

Ich habe mir den Film gestern angesehen und war überrascht genau von dieser Art und Weise, wie Glawogger die drei Orte in Beziehung setzt, nämlich auch durch die Gegensätze und doch auch totalen Spiegelungen. Krasser Film. Und der herausragende Soundtrack mit COCOROSIE und PJ HARVEY ist zwar hier total zweitranging, aber tut im Film sein Übriges und sei hier nur der Völlständigkeit halber erwähnt.

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Passend dazu, und auch gestern gesehen, eine sehr gute Doku über den Menschenhandel und die Zwangsprostitution in Nigeria und Europa. Sehr gut wird auch die psychische Gewalt dargestellt, mit dem die Opfer in diesem Wahnsinnssystem gehalten werden.

Die Frauen werden mit falschen Versprechen, als Kindermädchen oder Putzfrau zu arbeiten, angeworben, dann von Schleppern nach Europa geschmuggelt. Die Kosten von zehntausenden Euro werden von der Zuhälterinnnen ausgelegt, und müssen nachher von den Frauen als Zwangsprostituierte "abgearbeitet" werden. Schuldknechtschaft und moderne Sklaverei. Statt dem schönem Leben zerstörte Existenzen, Gewalt, Traumata, Abschiebung zurück nach Nigeria mit nichts in den Taschen.

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"Django Unchained" von Tarantino

So, ich hab ihn mir jetzt auch angesehen, war kein Fehlgriff.

Die spannendsten Charaktere fand ich ja Dr. Schultz und Stephen.

Schultz ist nicht der unsympathischste Mensch, aber eigentlich ein Psychopath, eine eiskalte Maschine. Der Mann geht in seinem "kill or be killed" Spiel auf bis zu seinem eigenen Tod. Er ist eher bereit sich selbst zu opfern anstatt die symbolische Niederlage eines Händedrucks einzugehen. Er tötet zwar nicht extralegal, dafür relativ emotionslos. Eigentlich ist er ein klassisch liberaler Archetyp: Menschen im freien gleichen Kampf gegeneinander, vielleicht mit den Kopfgeldjäger Spielregeln eines Staates überzuckert, quasi die Genfer Konvention des Kriegs jeder gegen jeden. Er schenkt Django ja auch nicht einfach die Freiheit, sondern geht ein Geschäft mit ihm ein, er muss seine Schuld abarbeiten. Spannende Frage: Er startet lieber einen Selbstmordangriff anstatt die Spielregeln von Candyland zu akzeptieren, würde er das gleiche auch draußen "in den USA" machen, wenn er am verlieren wäre?

Stephen ist eine zynische Schlange, ein kleiner Onkel Tom. Er hat das Gewaltsystem komplett durchschaut, und handelt absolut unmoralisch, solange er profitiert ist alles gut, und am Ende will er sich einfach davonschleichen. In der einen Szene, in der er sich mit Candy in der Bibliothek trifft, passiert sogar etwas sonderbares: Er wird weiß, sitzt mit Cognacglas und überschlagenen Beinen da, und berät Candy von Angesicht zu Angesicht. Er ist für einen Moment nicht nur Teil des Old Boy Clubs, sondern gegenüber Candy auch im Vorteil, da er Informationen der Hinterbühne besitzt. Und er tauscht sein Wissen für seine Position als Speichellecker ein.
 
Hallo emkah,

ja, ich fand die beiden Figuren auch am spannendsten, da geht es wohl vielen so. Wobei ich auch mit der Entwicklung von Django vom misstrauischen Sklaven zum selbstbewussten Revolverhelden sehr gut fand. Das war an keinem Punkt überzogen, die Transformation gelingt so schleichend, dass man am Ende, wenn man an den Anfang vom Film zurückdenkt, mal überrascht innehält und sich fragt, ob das tatsächlich der gleiche Film war - ohne aber jetzt einen Punkt benennen zu können, wo man diese Entwicklung konkret festmachen könnte. Das geschieht alles sehr fließend.
 
Nein, nein, der Django war schon immer im Kern ein Rebell. Die Macht der Liebe hat ihn dazu gemacht :lehrer:

Der Gute will sich ja sogar für Brunhilda aufopfern, ihre Peitschenhiebe einkassieren. Eigentlich ist er der einzige Mensch in dem Film, der eine echte Beziehung zu einem anderen Menschen unterhält. Und er hat keine Angst. Ich hab ja grad an Winston Smith (1984) denken müssen, der seine geliebte Julia schlußendlich aus Angst vor den Ratten verrät: Nehmt sie, nicht mich. Game over.
 
Ja, der Held steckt schon in ihm drinnen. Dennoch muss man ihn da erst einmal rauskitzeln, und ich finde, Tarantino hat das sehr subtil und damit gekonnt gemacht.
 
Ja, der Held steckt schon in ihm drinnen. Dennoch muss man ihn da erst einmal rauskitzeln, und ich finde, Tarantino hat das sehr subtil und damit gekonnt gemacht.

I beg to differ. In der ersten Szene, als Schultz ihn nach seinem Namen fragt ist er misstrauisch. Aber der Mann kocht über vor Hass, die Striemen am Rücken, und die Fußkette machens nur noch schlimmer. Sein Hass kommt ihm sogar zweimal fast in die Quere: Als er die Brittle Brothers im Alleingang aufmischt, und als er beim Abendessen bei Candy fast den Revolver zückt. Für ihn ist Rache sicher kein Gericht, dass man am besten kalt genießt.

Und noch was, vielleicht etwas kritikwürdiges, er ist gleichzeitig eine unheimlich männliche Figur. Stark und tough. Er machts im Alleingang. Quentin halt.
 
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