GESCHICHTE-THREAD

Heute vor 50 Jahren,
am 5. September 1972 kommt es zum Attentat auf die Olympischen Spiele in München.
Am Morgen eben jenen Tages überfielen Palästinensische Terroristen, mit Unterstützung Deutscher Neonazis, die Unterkunft des Israelischen Olympiateams - 11 Sportler wurden als Geiseln genommen.

Ziel war es Palästinenser, RAF-Terroristen und einen japanischen Terroristen freizupressen.
Die Israelische Regierung unter ihrer Premierministerin Golda Meir weigerte sich auf die Forderungen der Terroristen einzugehen, ein Geiselaustausch - für den sich der damalige Deutsche Innenminister Genscher anbot - scheiterte
Ein Befreiungsversuch durch die bayerische Polizei am nächsten Tag scheiterte katastrophal: Alle Geiseln und ein großer Teil der Angreifer kamen im Kugelhagel ums Leben.

Deutschland steht heute für faktisch nicht vorhandene Sicherheitsmaßnahmen in der Kritik - die Anti-Terror-Truppe GSG9 des Bundes und die Spezialeinsatzkommandos der Länder (SEK) wurden erst nach dem Olympiaattentat ins Leben gerufen.
Insbesondere wurden/werden die damalige, mangelhafte Ausbildung der Polizeikräfte (keine Scharfschützen etc.) und die Tatsache, das die Terroristen durch die TV-Liveberichterstattung bestens über die geplanten Schritte der Einsatzkräfte informiert waren, kritisiert.

Legendär sollte die Reaktion des IOC-Präsidenten Avery Brundage werden: Nach einer Trauerfeier mit 80.000 Teilnehmern wurden die Spiele nach nur einem halben Tag Unterbrechung mit den Geschichte gewordenen Worten 'The games must go on!' fortgesetzt.

Die nicht getöteten, inhaftierten Attentäter wurden wenige Wochen nach der Geiselnahme in München durch eine Flugzeugentführung aus der Haft freigepresst, Israel reagierte mit der Vergeltungsaktion 'Caesarea' des Mossad auf den Anschlag.

Dadurch, das keiner der Attentäter dauerhaft inhaftiert werden konnte, wurde das Attentat von München auch nie vor Gericht verhandelt, womit eine Aufarbeitung faktisch nicht stattfand.

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DDR: "Deutsche Demokratische Republik":
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Walter Ulbricht, Chef des Zentralkomitees der SED und Führer der DDR vor Honecker
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Walter Ernst Paul Ulbricht (* 30. Juni 1893 in Leipzig; † 1. August 1973 in Groß Dölln) war ein deutscher Kommunist. Von 1950 bis zu seiner Entmachtung 1971 war er der maßgebliche Politiker der Deutschen Demokratischen Republik. Unter seiner Führung entwickelte sie sich zum sozialistischen Staat.

Seit seiner Jugend in der sozialistischen Arbeiterbewegung Deutschlands aktiv, war Ulbricht Berufsrevolutionär. In der Endphase der Weimarer Republik leitete er die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) innerhalb der Reichshauptstadt Berlin. Am Kampf der stalinistisch ausgerichteten Partei gegen die Sozialdemokratie und die republikanische Ordnung war er im Führungszirkel um Ernst Thälmann beteiligt.

Aus dem sowjetischen Exil 1945 als Leiter der Gruppe Ulbricht nach Berlin zurückgekehrt, wirkte er in der sowjetischen Besatzungszone in enger Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht als führender Funktionär der KPD und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) prägend am Aufbau des Staatsapparates der späteren DDR mit.

Von 1950 bis 1971 stand Ulbricht an der Spitze des Zentralkomitees der SED und besaß die höchste politische Entscheidungsgewalt. In dieser Eigenschaft und mit sowjetischem Einverständnis prägte er ab 1952 die neue Politik zum Aufbau des Sozialismus in der DDR und befahl 1961 den Bau der Berliner Mauer.

Ulbricht war ab 1949 stellvertretender und von 1955 bis 1960 Erster stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats, anschließend bis 1971 Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrats und bis 1973 Vorsitzender des Staatsrats der DDR.

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Erich Honecker, Generalsekretär des Zentralkomitees der SED und Vorsitzender des Staatsrates; Nachfolger Walter Ulbrichts und Chef der DDR

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Erich Ernst Paul Honecker (* 25. August 1912 in Neunkirchen (Saar); † 29. Mai 1994 in Santiago de Chile) war ein deutscher Politiker (KPD, SED).

Von 1971 bis zu seiner Entmachtung 1989 war er der maßgebliche Politiker der Deutschen Demokratischen Republik.

Seit seiner Jugend in der sozialistischen Arbeiterbewegung Deutschlands aktiv, war Honecker ab 1931 hauptamtlicher Funktionär der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). 1935 wegen Widerstands gegen den Nationalsozialismus zu zehn Jahren Haft verurteilt war er nach der Befreiung vom Nationalsozialismus 1946 Mitbegründer der Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ). Er war 1961 als Sekretär für Sicherheitsfragen des ZK der SED und Sekretär des Nationalen Verteidigungsrates der DDR (NVR) maßgeblicher Organisator des Baus der Berliner Mauer und trug in diesen Funktionen den Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze mit. Als einer seiner größten Erfolge gilt die Anerkennung der DDR als Vollmitglied der UNO 1973.

Im Laufe der 1980er Jahre wurden die wirtschaftliche Lage, die Beziehungen zur Führungsmacht Sowjetunion unter Gorbatschow und die innenpolitische Lage der DDR zunehmend schwieriger. Bei seinem offiziellen Besuch in der Bundesrepublik Deutschland im September 1987 wurde Honecker in Bonn von Bundeskanzler Helmut Kohl und in seiner saarländischen Heimat von Ministerpräsident Oskar Lafontaine empfangen.[1]

Unter dem Eindruck der friedlichen Revolution in der DDR zwang das SED-Politbüro Honecker am 17. Oktober 1989 zum Rücktritt am Folgetag. Wegen seiner Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen in der DDR kam er 1992 in Berlin vor Gericht; das Verfahren wurde aber aufgrund seiner Krankheit und seiner darauf bezogenen Verfassungsbeschwerde eingestellt. Honecker reiste umgehend zu seiner Familie nach Chile, wo er im Mai 1994 starb.

Honecker war 1946–1955 Vorsitzender der FDJ, 1946–1989 Mitglied des ZK der SED, 1948–1989 Abgeordneter des Volksrates der SBZ bzw. der Volkskammer der DDR, 1958–1989 Mitglied des Sekretariats des ZK der SED, 1958–1989 Mitglied des Politbüros des ZK der SED, 1971–1976 Erster Sekretär bzw. 1976–1989 Generalsekretär des ZK der SED und 1976–1989 Vorsitzender des Staatsrats.


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Erich Mielke, Minister für Saatssicherheit, also Chef der STASI in der DDR

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Erich Fritz Emil Mielke (* 28. Dezember 1907 in Berlin; † 21. Mai 2000 ebenda) war ein deutscher kommunistischer Politiker. Er war ab 1946 einer der Hauptverantwortlichen für den Ausbau der Sicherheitsorgane der SBZ/DDR zu einem flächendeckenden Kontroll-, Überwachungs- und Unterdrückungssystem. Von 1957 bis zu seinem Rücktritt 1989 war Mielke Minister für Staatssicherheit. Ab Ende 1989 mehrmals in Untersuchungshaft genommen, verurteilte ihn das Landgericht Berlin 1993 wegen Mordes an zwei Polizeioffizieren im Jahr 1931 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren.

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Heute vor 500 Jahren,

am 6. September 1522, endet die erste erfolgreiche Umsegelung der Welt mit der Rückkehr der Victoria – dem letzten Schiff der Magellan-Expedition – mit 21 Seelen an Bord, unter der Führung von Juan Sebastian Elcano, nach Sanlúcar de Barrameda.

Die Expedition startete knapp drei Jahre zuvor am 20. September 1519 mit fünf Schiffen (Trinidad, San Antonio, Conception, Victoria & Santiago) unter Ferdinand Magellan mit insgesamt 297 Männern an Bord.

Die erste Weltumrundung dauerte damit zwei Jahre, elf Monate und zwei Wochen, nur zwei von fünf Schiffen mit ~ 80 Mann von ursprünglich ~ 300 kehrten nach Spanien zurück (drei Schiffe zerstört, eines desertiert) und selbst der Expeditionsleiter Magellan kam im Kampf gegen Eingeborene auf den Philippinen ums Leben.

Die Expedition selbst war weder als Weltumrundung geplant, noch von wissenschaftlichem Ehrgeiz getrieben: Ziel war es eine Westroute nach Asien, genauer zu den Molukken (Gewürzinseln) zu finden und mit vollen Laderäumen nach Spanien zurückzukehren. Wobei König Karl I. eine Umrundung der Welt ausdrücklich untersagte um nicht die Interessen und Rechte seines Onkels, dem portugiesischen König, im – im Vertrag von Tordesillas festgelegten – ‚portugiesischen Teil der Welt‘ zu verletzen.

Erst am Ziel der Reise, den Gewürzinseln, und nach Magellans Tod wurde beschlossen den Versuch der Weltumrundung zu wagen, da man vermutete das der Weg nach Spanien über die Westroute der kürzere sein würde als über die Anreiseroute. Das letzte noch verbliebene Schiff, die Trinidad, sollte nach notwendigen Reparaturen die Heimreise über die Ostroute wagen, scheiterte jedoch und die verbliebene Besatzung geriet in portugiesische Gefangenschaft – nur fünf Männer sollten lebend nach Spanien zurückkehren.

Das Resultat der imperialistisch-kapitalistischen Expedition, die erste erfolgreiche komplette Umrundung der Erde – und damit der Erbringung des Letztbeweises der Kugelgestalt der Welt - mit zahlreichen wissenschaftlichen Entdeckungen (u.a. die Magellanstraße und die Magellan’schen Wolken) gilt trotz des desaströsen Ausgangs als größte Seefahrerische Leistung aller Zeiten.

Durch die Mitreise des italienischen Chronisten Antonio Pigafetta ist die die Magellan-Expedition außergewöhnlich gut dokumentiert.

Magellan / Die Reiseroute
Rekonstruktionen der Victoria

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Der herr zweig hat einige biographien geschrieben die sehr lesenswert sind und natürlich auf tatsachen beruhen … sind natürlich keinebsachbücher aber auch nicht verkitscht geschrieben … hr zweig war schriftsteller und das merkt man …
ein kleiner auszug … balzac …maria stuart …erasmus von rotterdam … marie antoinette… amerigo…castellio gegen calvin … und enen der weltumsegler …
 
Ich kann scheinbar nur bröckerlweis denken und schreiben heute … sehr dramatisch auch de gschichte vom shackleton … 635 tage im eis … mit den ganzen vorgeschichten herum … dann das rennen zum südpol scott und amundsen … da dibts so einiges zu lesen
 
Heute vor 50 Jahren,
am 5. September 1972 kommt es zum Attentat auf die Olympischen Spiele in München.
Am Morgen eben jenen Tages überfielen Palästinensische Terroristen, mit Unterstützung Deutscher Neonazis, die Unterkunft des Israelischen Olympiateams - 11 Sportler wurden als Geiseln genommen.

Ziel war es Palästinenser, RAF-Terroristen und einen japanischen Terroristen freizupressen.
Die Israelische Regierung unter ihrer Premierministerin Golda Meir weigerte sich auf die Forderungen der Terroristen einzugehen, ein Geiselaustausch - für den sich der damalige Deutsche Innenminister Genscher anbot - scheiterte
Ein Befreiungsversuch durch die bayerische Polizei am nächsten Tag scheiterte katastrophal: Alle Geiseln und ein großer Teil der Angreifer kamen im Kugelhagel ums Leben.

Deutschland steht heute für faktisch nicht vorhandene Sicherheitsmaßnahmen in der Kritik - die Anti-Terror-Truppe GSG9 des Bundes und die Spezialeinsatzkommandos der Länder (SEK) wurden erst nach dem Olympiaattentat ins Leben gerufen.
Insbesondere wurden/werden die damalige, mangelhafte Ausbildung der Polizeikräfte (keine Scharfschützen etc.) und die Tatsache, das die Terroristen durch die TV-Liveberichterstattung bestens über die geplanten Schritte der Einsatzkräfte informiert waren, kritisiert.

Legendär sollte die Reaktion des IOC-Präsidenten Avery Brundage werden: Nach einer Trauerfeier mit 80.000 Teilnehmern wurden die Spiele nach nur einem halben Tag Unterbrechung mit den Geschichte gewordenen Worten 'The games must go on!' fortgesetzt.

Die nicht getöteten, inhaftierten Attentäter wurden wenige Wochen nach der Geiselnahme in München durch eine Flugzeugentführung aus der Haft freigepresst, Israel reagierte mit der Vergeltungsaktion 'Caesarea' des Mossad auf den Anschlag.

Dadurch, das keiner der Attentäter dauerhaft inhaftiert werden konnte, wurde das Attentat von München auch nie vor Gericht verhandelt, womit eine Aufarbeitung faktisch nicht stattfand.

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Dazu gab es am Montag auf ARD eine sehr grenzwertige aber gute Doku. Mit deutscher IP kann man sie in der Mediathek ansehen. Zwei der noch lebenden Attentäter wurden über weite Strecken in der Dokumentation interviewt und am Schluss wurde in den Raum gestellt das die Flugzeugentführung um sie freizupressen gefaked war, um einen Prozess zu vermeiden. Dazu liefern sie einige Indizien wie z.B. das auf dem Flug nur 11 Passagiere waren, lauter Männer etc.
 
Ich kann scheinbar nur bröckerlweis denken und schreiben heute … sehr dramatisch auch de gschichte vom shackleton … 635 tage im eis … mit den ganzen vorgeschichten herum … dann das rennen zum südpol scott und amundsen … da dibts so einiges zu lesen
ok ich versuche meinen blutdruck bei dem thema amundsen im griff zu behalten, man soll nicht schlecht ueber tote reden. sehr zu empfehlen ein insider buchtipp zu dem thema.

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Der amundsen war net so a rechter netter … alleine die art und weise wie er sein ziel den südpol auswählte is hoit a net recht sportlich gewesen
 
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Es tut mir leid, aber das schlimmste daran ist wohl das Charles jetzt König ist...

“Elizabeth the Second, by the Grace of God, of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland and of Her other realms and territories Queen, Head of the Commonwealth, Defender of the Faith”

1926-2022


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Gestern vor 75 Jahren, am 9. September 1947, wurde der erste Computer-Bug entdeckt.
Eine Motte verirrte sich in einen Computer der US-Navy, landete auf einem Bauteil und verendete dort.
Der Computer stürzte ab und die Fehlersuche begann: Nachdem die tote Motte gefunden war und das Gerät wieder funktionierte, wurde der Vorfall mit den Worten 'First actual case of bug being found.' der Informatikerin Grace Hopper mit dem toten Tier im Logbuch vermerkt.
(Schrödingers Katze/FB)
 
Mussolinis Marsch auf Rom am 28. Oktober 1922: ein grosser Bluff mit weitreichender Wirkung

Vor hundert Jahren ergriffen die Faschisten die Macht in Italien
.

Hitler war begeistert von diesem «Wendepunkt der Geschichte». Doch wie viele Beobachter verstand er Mussolinis Strategie erst später richtig.

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Am 29. Oktober 1922, einen Tag nach dem drohenden Aufmarsch faschistischer Kampfbünde vor den Toren Roms, schrieb Harry Graf Kessler, ein deutscher Diplomat und Kunstmäzen, in sein Tagebuch: «Die Faschisten haben durch einen Staatsstreich die Gewalt an sich gerissen.» Der welterfahrene Schriftsteller beschloss seinen Tagebucheintrag mit einer düsteren Ahnung: «Der erste Zug im siegreichen Vormarsch der Gegenrevolution. Vielleicht leitet er eine Periode neuer europäischer Wirren und Kriege ein.»




Kesslers Einschätzung wirkt prophetisch. In einem Punkt sollte er sich jedoch täuschen, und viele andere zeitgenössische Beobachter, unter ihnen auch Adolf Hitler, mit ihm. Sie alle verstanden den Marsch auf Rom vor allem als gewaltsame Machteroberung durch eine entschlossene Minderheit. Dabei verkannten sie, dass Mussolini eine riskante «psychologische Kriegsführung» betrieb, wie der britische Historiker Adrian Lyttelton einmal sagte: Der Marsch auf Rom war Element einer Doppelstrategie von Gewalt und Legalität.


Bei einem nüchternen Blick hätten auch die Zeitgenossen erkennen können, dass Mussolinis politische Strategie keineswegs ausschliesslich auf den Einsatz politischer Gewalt gerichtet war. Dafür war er viel zu vorsichtig und auch nicht willens, sich allein auf die radikale Gewaltbereitschaft der Squadren zu stützen. Stattdessen war Mussolini als geschickter politischer Taktiker entschlossen, mit jedem Verhandlungen zu führen, der hoffte, die unbändige Kraft des jungen Faschismus für seine Zwecke einzusetzen. Die Nachrichten von der Gewaltandrohung der Squadren vor Rom liessen sich im Poker um die Macht in Italien wirkungsvoll einsetzen.


Drohungen verstärken den Druck

Dass die Squadren mehr als nur ein blosses Spektakel waren, hatte die italienische Öffentlichkeit bereits in den Krisenjahren des liberalen Staates zwischen 1920 und 1922 erfahren. Damals hatten die faschistischen Kampfbünde mit ihren terroristischen «Strafexpeditionen» in Norditalien Einrichtungen der politischen Linken zerstört und mit ihren Aktionen physischer und symbolischer Gewalt in zahlreichen Kommunen und Provinzen eine Art Doppelherrschaft errichtet.


Dennoch waren die Verheissungen des Faschismus, der eine Revolution gegen die Revolution zu führen versprach, für nicht wenige Italiener attraktiv. Der Staat befand sich in einer Vertrauenskrise, die tief gespaltene Gesellschaft in einer Umbruchsphase: Der «Duce» stellte sich als rettende Lösung in einer bürgerkriegsähnlichen Situation dar, obwohl er diese selbst mit den Gewaltaktionen seiner Squadren angezettelt oder verstärkt hatte.

Die politische Krise spitzte sich ab dem Sommer 1922 weiter zu: Eine grosse antifaschistische Koalition gegen die Gewaltwelle der Squadren war im Gespräch, aber gleichzeitig auch ein Mitte-rechts-Bündnis, das die unruhigen Faschisten einbinden und zähmen sollte. Beide Lösungen hätten Mussolini in die Enge getrieben. Er setzte daher auf die erwähnte «psychologische Kriegsführung» und entschied, mit «illegalen Mitteln eine legale Machtergreifung der Faschisten zu erzwingen» (Hans Woller).


Die faschistische Führungsriege einigte sich im September auf eine Intensivierung ihrer Versammlungen und Strafexpeditionen gegen die politischen Gegner, um den politischen Druck zu verstärken. Die Parole von einem «Marsch auf Rom», die der Dichter und Fliegerheld Gabriele D’Annunzio schon 1919 ausgegeben hatte, nahm konkrete politische Gestalt an. In den Verhandlungen, die er in Mailand führte, fand Mussolini Ende Oktober 1922 schliesslich die erforderliche Parlamentsmehrheit, mit der sich trotz der Minderheitenposition seiner faschistischen Partei in diesem heterogenen Bündnis eine Koalitionsregierung bilden liess. Dank seinen Drohungen konnte Mussolini darin die Führung übernehmen.


Die politischen Konkurrenten betrachteten das Bündnis mit dem Faschismus zunächst nur als Fortsetzung der traditionellen politischen Taktik des «trasformismo», mit dem Vertreter der politischen Opposition in die Regierungsverantwortung einbezogen wurden, um sie auf diese Weise politisch zu zähmen. Die Vertreter des liberalen Staates übersahen, dass sie es nicht mehr mit einer kleinen oppositionellen parlamentarischen Gruppe zu tun hatten, sondern mit einer anschwellenden dynamischen Massenbewegung, die eine eigene Machtlogik und eine militante ausserparlamentarische Organisation besass, die jederzeit mit dem Einsatz militärischer Machtinstrumente drohen konnte.


Im Schlafwagen nach Rom

Mussolinis gewaltbereite Partei-Armee aus Kriegsveteranen, vor allem ehemaligen Offizieren, Studenten und Angehörigen militanter Mittelschichten, war auf einen Marsch auf Rom nur unzureichend vorbereitet. Auch wenn die Squadren viel Sympathien in Armee und Polizei fanden, hätten sie ohne grosse Mühe von der staatlichen Macht gestoppt werden können. Doch diese Möglichkeit wurde durchkreuzt, als König Vittorio Emanuele III. am Morgen des 28. Oktober auf die Verhängung des Ausnahmezustandes verzichtete und damit den liberalen Staat den Faschisten preisgab.
Mit seiner Doppelstrategie von Legalität und Gewalt konnte Mussolini unter den gespaltenen und von der Furcht vor einer sozialistischen Revolution verunsicherten traditionellen Eliten aus Bürokratie, Armee, Grosswirtschaft und Militär Unterstützung gewinnen. Der Eindruck von Chaos und Autoritätsverlust erlaubte es Mussolini, sich in den Verhandlungen in Mailand zum Retter und Ordnungsstifter zu stilisieren, obwohl seine Kampfbünde am 27. Oktober mit der Besetzung von öffentlichen Einrichtungen begonnen hatten.


Erst nach seiner Ernennung zum Chef einer Koalitionsregierung und nach seiner Rückkehr nach Rom im komfortablen Schlafwagen am 29. Oktober konnte Mussolini, im bürgerlichen Anzug und nicht in Parteiuniform, seinen Squadristen die Genugtuung bieten, nun dank einer regierungsoffiziellen Inszenierung ihren Marsch durch Rom doch noch zu bekommen. Am 31. Oktober, als alles vorbei war, liess er zur Befriedigung der Darstellungs- und Aktionsbedürfnisse der eigenen Anhänger die Squadren für einen Nachmittag durch Rom marschieren. Der Marsch auf Rom war mithin ein grosser Bluff und endete in einer theatralischen Inszenierung, die erst stattfand, als die politischen Würfel in den Mailänder politischen Hinterzimmern längst gefallen waren.


Der «Marsch auf Berlin» scheitert

Es hatte sich eine neue politische Strategie und ein neuer, zukunftsträchtiger politischer Stil entwickelt. Bald nach dem 28. Oktober 1922 behaupteten die deutschen Nationalsozialisten, der deutsche Mussolini heisse Adolf Hitler.


Tatsächlich hatte Hitler Mussolini als Vorbild gesehen. «Das Braunhemd wäre vielleicht nicht entstanden ohne das Schwarzhemd», monologisierte er noch während des Krieges im Führerhauptquartier. «Der Marsch auf Rom 1922 war einer der Wendepunkte der Geschichte. Die Tatsache allein, dass man das machen kann, hat uns einen Auftrieb gegeben.»

Jedoch hatte Hitler den Marsch zunächst falsch interpretiert, indem er das Gewaltmoment als einziges Element für den Weg an die Macht verstand. Lautstark kündigte er 1923 einen «Marsch auf Berlin» an. Erst als dieser Putschversuch im November 1923 scheiterte, erkannte Hitler, dass der moderne Staat mit seinen Institutionen und Machtapparaten viel zu stark war. Er sah ein, dass nur im Bündnis mit konservativen Eliten und dem Lippenbekenntnis zu einem Legalitätskurs der NSDAP die politische Macht zu erobern war.


Wie für Mussolini bedeutete der Faschismus für ihn fortan eine Revolution gegen die Revolution und gegen den bürgerlichen Staat, die man mithilfe der Konservativen führen müsse. Dazu müsse der Sinn des Krieges wiederhergestellt und dieser als Bürgerkrieg weitergeführt werden. Was er zudem an dem Handeln Mussolinis bewunderte, war dessen ausgeprägte Praxis politischer Theatralik und Inszenierung. Sie erwies sich als wichtiges Instrument zur Stiftung eines politischen Mythos, ohne die auch der Marsch auf Rom nicht seine durchschlagende politische Wirkung erzielt hätte.


Die Inszenierung, die den Marsch auf Rom prägte, war symptomatisch für Mussolinis Stärke. Es war nicht die politische Ideologie, die seine faschistische Bewegung so wirkmächtig machte; für Mussolini war sie ohnehin weniger wichtig als die politische Praxis. Vor dem Hintergrund einer tiefen politisch-sozialen Krise und eines vehementen Vertrauensverlusts der bestehenden Ordnung war es vielmehr der neue politische Stil, der Entschiedenheit und Tatkraft versprach und der die enttäuschten Bürger und Bauern anzog. Die Verherrlichung der Gewalt und die Ästhetisierung der Politik durch Symbole und Riten verhiessen einfache Antworten auf eine Welt in Unordnung und Umbruch.


Vieles davon hatte Gabriele D’Annunzio schon bei Kriegsende 1919 erfunden und hatte mit seiner gewaltsamen Besetzung der kroatischen Hafenstadt Rijeka, in der er kurzzeitig die Republik Fiume errichtete, seinen Willen zur Tat und zur Unbedingtheit demonstriert: durch nächtliche Aufmärsche uniformierter Legionäre, die nicht Fahnen, sondern Dolche in den Himmel streckten; durch die massenhafte, von Fackeln und Feuer begleitete Beschwörung einer von neuem Leben erfüllten sozialen Ordnung; durch die Bereitschaft zum Kampf und zum Heldentod. Mussolini beanspruchte mit seiner faschistischen Bewegung das Erbe des gescheiterten Dichter-Kommandanten für sich. Es begann eine Epoche der politischen Gewalt und der massenhaften Emotionalisierung.

aus "Neue Züricher Zeitung"

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Mussolinis Marsch auf Rom am 28. Oktober 1922: ein grosser Bluff mit weitreichender Wirkung

Vor hundert Jahren ergriffen die Faschisten die Macht in Italien
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Am 29. Oktober 1922, einen Tag nach dem drohenden Aufmarsch faschistischer Kampfbünde vor den Toren Roms, schrieb Harry Graf Kessler, ein deutscher Diplomat und Kunstmäzen, in sein Tagebuch: «Die Faschisten haben durch einen Staatsstreich die Gewalt an sich gerissen.» Der welterfahrene Schriftsteller beschloss seinen Tagebucheintrag mit einer düsteren Ahnung: «Der erste Zug im siegreichen Vormarsch der Gegenrevolution. Vielleicht leitet er eine Periode neuer europäischer Wirren und Kriege ein.»




Kesslers Einschätzung wirkt prophetisch. In einem Punkt sollte er sich jedoch täuschen, und viele andere zeitgenössische Beobachter, unter ihnen auch Adolf Hitler, mit ihm. Sie alle verstanden den Marsch auf Rom vor allem als gewaltsame Machteroberung durch eine entschlossene Minderheit. Dabei verkannten sie, dass Mussolini eine riskante «psychologische Kriegsführung» betrieb, wie der britische Historiker Adrian Lyttelton einmal sagte: Der Marsch auf Rom war Element einer Doppelstrategie von Gewalt und Legalität.


Bei einem nüchternen Blick hätten auch die Zeitgenossen erkennen können, dass Mussolinis politische Strategie keineswegs ausschliesslich auf den Einsatz politischer Gewalt gerichtet war. Dafür war er viel zu vorsichtig und auch nicht willens, sich allein auf die radikale Gewaltbereitschaft der Squadren zu stützen. Stattdessen war Mussolini als geschickter politischer Taktiker entschlossen, mit jedem Verhandlungen zu führen, der hoffte, die unbändige Kraft des jungen Faschismus für seine Zwecke einzusetzen. Die Nachrichten von der Gewaltandrohung der Squadren vor Rom liessen sich im Poker um die Macht in Italien wirkungsvoll einsetzen.


Drohungen verstärken den Druck

Dass die Squadren mehr als nur ein blosses Spektakel waren, hatte die italienische Öffentlichkeit bereits in den Krisenjahren des liberalen Staates zwischen 1920 und 1922 erfahren. Damals hatten die faschistischen Kampfbünde mit ihren terroristischen «Strafexpeditionen» in Norditalien Einrichtungen der politischen Linken zerstört und mit ihren Aktionen physischer und symbolischer Gewalt in zahlreichen Kommunen und Provinzen eine Art Doppelherrschaft errichtet.


Dennoch waren die Verheissungen des Faschismus, der eine Revolution gegen die Revolution zu führen versprach, für nicht wenige Italiener attraktiv. Der Staat befand sich in einer Vertrauenskrise, die tief gespaltene Gesellschaft in einer Umbruchsphase: Der «Duce» stellte sich als rettende Lösung in einer bürgerkriegsähnlichen Situation dar, obwohl er diese selbst mit den Gewaltaktionen seiner Squadren angezettelt oder verstärkt hatte.

Die politische Krise spitzte sich ab dem Sommer 1922 weiter zu: Eine grosse antifaschistische Koalition gegen die Gewaltwelle der Squadren war im Gespräch, aber gleichzeitig auch ein Mitte-rechts-Bündnis, das die unruhigen Faschisten einbinden und zähmen sollte. Beide Lösungen hätten Mussolini in die Enge getrieben. Er setzte daher auf die erwähnte «psychologische Kriegsführung» und entschied, mit «illegalen Mitteln eine legale Machtergreifung der Faschisten zu erzwingen» (Hans Woller).


Die faschistische Führungsriege einigte sich im September auf eine Intensivierung ihrer Versammlungen und Strafexpeditionen gegen die politischen Gegner, um den politischen Druck zu verstärken. Die Parole von einem «Marsch auf Rom», die der Dichter und Fliegerheld Gabriele D’Annunzio schon 1919 ausgegeben hatte, nahm konkrete politische Gestalt an. In den Verhandlungen, die er in Mailand führte, fand Mussolini Ende Oktober 1922 schliesslich die erforderliche Parlamentsmehrheit, mit der sich trotz der Minderheitenposition seiner faschistischen Partei in diesem heterogenen Bündnis eine Koalitionsregierung bilden liess. Dank seinen Drohungen konnte Mussolini darin die Führung übernehmen.


Die politischen Konkurrenten betrachteten das Bündnis mit dem Faschismus zunächst nur als Fortsetzung der traditionellen politischen Taktik des «trasformismo», mit dem Vertreter der politischen Opposition in die Regierungsverantwortung einbezogen wurden, um sie auf diese Weise politisch zu zähmen. Die Vertreter des liberalen Staates übersahen, dass sie es nicht mehr mit einer kleinen oppositionellen parlamentarischen Gruppe zu tun hatten, sondern mit einer anschwellenden dynamischen Massenbewegung, die eine eigene Machtlogik und eine militante ausserparlamentarische Organisation besass, die jederzeit mit dem Einsatz militärischer Machtinstrumente drohen konnte.


Im Schlafwagen nach Rom

Mussolinis gewaltbereite Partei-Armee aus Kriegsveteranen, vor allem ehemaligen Offizieren, Studenten und Angehörigen militanter Mittelschichten, war auf einen Marsch auf Rom nur unzureichend vorbereitet. Auch wenn die Squadren viel Sympathien in Armee und Polizei fanden, hätten sie ohne grosse Mühe von der staatlichen Macht gestoppt werden können. Doch diese Möglichkeit wurde durchkreuzt, als König Vittorio Emanuele III. am Morgen des 28. Oktober auf die Verhängung des Ausnahmezustandes verzichtete und damit den liberalen Staat den Faschisten preisgab.
Mit seiner Doppelstrategie von Legalität und Gewalt konnte Mussolini unter den gespaltenen und von der Furcht vor einer sozialistischen Revolution verunsicherten traditionellen Eliten aus Bürokratie, Armee, Grosswirtschaft und Militär Unterstützung gewinnen. Der Eindruck von Chaos und Autoritätsverlust erlaubte es Mussolini, sich in den Verhandlungen in Mailand zum Retter und Ordnungsstifter zu stilisieren, obwohl seine Kampfbünde am 27. Oktober mit der Besetzung von öffentlichen Einrichtungen begonnen hatten.


Erst nach seiner Ernennung zum Chef einer Koalitionsregierung und nach seiner Rückkehr nach Rom im komfortablen Schlafwagen am 29. Oktober konnte Mussolini, im bürgerlichen Anzug und nicht in Parteiuniform, seinen Squadristen die Genugtuung bieten, nun dank einer regierungsoffiziellen Inszenierung ihren Marsch durch Rom doch noch zu bekommen. Am 31. Oktober, als alles vorbei war, liess er zur Befriedigung der Darstellungs- und Aktionsbedürfnisse der eigenen Anhänger die Squadren für einen Nachmittag durch Rom marschieren. Der Marsch auf Rom war mithin ein grosser Bluff und endete in einer theatralischen Inszenierung, die erst stattfand, als die politischen Würfel in den Mailänder politischen Hinterzimmern längst gefallen waren.


Der «Marsch auf Berlin» scheitert

Es hatte sich eine neue politische Strategie und ein neuer, zukunftsträchtiger politischer Stil entwickelt. Bald nach dem 28. Oktober 1922 behaupteten die deutschen Nationalsozialisten, der deutsche Mussolini heisse Adolf Hitler.


Tatsächlich hatte Hitler Mussolini als Vorbild gesehen. «Das Braunhemd wäre vielleicht nicht entstanden ohne das Schwarzhemd», monologisierte er noch während des Krieges im Führerhauptquartier. «Der Marsch auf Rom 1922 war einer der Wendepunkte der Geschichte. Die Tatsache allein, dass man das machen kann, hat uns einen Auftrieb gegeben.»

Jedoch hatte Hitler den Marsch zunächst falsch interpretiert, indem er das Gewaltmoment als einziges Element für den Weg an die Macht verstand. Lautstark kündigte er 1923 einen «Marsch auf Berlin» an. Erst als dieser Putschversuch im November 1923 scheiterte, erkannte Hitler, dass der moderne Staat mit seinen Institutionen und Machtapparaten viel zu stark war. Er sah ein, dass nur im Bündnis mit konservativen Eliten und dem Lippenbekenntnis zu einem Legalitätskurs der NSDAP die politische Macht zu erobern war.


Wie für Mussolini bedeutete der Faschismus für ihn fortan eine Revolution gegen die Revolution und gegen den bürgerlichen Staat, die man mithilfe der Konservativen führen müsse. Dazu müsse der Sinn des Krieges wiederhergestellt und dieser als Bürgerkrieg weitergeführt werden. Was er zudem an dem Handeln Mussolinis bewunderte, war dessen ausgeprägte Praxis politischer Theatralik und Inszenierung. Sie erwies sich als wichtiges Instrument zur Stiftung eines politischen Mythos, ohne die auch der Marsch auf Rom nicht seine durchschlagende politische Wirkung erzielt hätte.


Die Inszenierung, die den Marsch auf Rom prägte, war symptomatisch für Mussolinis Stärke. Es war nicht die politische Ideologie, die seine faschistische Bewegung so wirkmächtig machte; für Mussolini war sie ohnehin weniger wichtig als die politische Praxis. Vor dem Hintergrund einer tiefen politisch-sozialen Krise und eines vehementen Vertrauensverlusts der bestehenden Ordnung war es vielmehr der neue politische Stil, der Entschiedenheit und Tatkraft versprach und der die enttäuschten Bürger und Bauern anzog. Die Verherrlichung der Gewalt und die Ästhetisierung der Politik durch Symbole und Riten verhiessen einfache Antworten auf eine Welt in Unordnung und Umbruch.


Vieles davon hatte Gabriele D’Annunzio schon bei Kriegsende 1919 erfunden und hatte mit seiner gewaltsamen Besetzung der kroatischen Hafenstadt Rijeka, in der er kurzzeitig die Republik Fiume errichtete, seinen Willen zur Tat und zur Unbedingtheit demonstriert: durch nächtliche Aufmärsche uniformierter Legionäre, die nicht Fahnen, sondern Dolche in den Himmel streckten; durch die massenhafte, von Fackeln und Feuer begleitete Beschwörung einer von neuem Leben erfüllten sozialen Ordnung; durch die Bereitschaft zum Kampf und zum Heldentod. Mussolini beanspruchte mit seiner faschistischen Bewegung das Erbe des gescheiterten Dichter-Kommandanten für sich. Es begann eine Epoche der politischen Gewalt und der massenhaften Emotionalisierung.

aus "Neue Züricher Zeitung"

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