4. Juni 1944 - D-Day.
Heute vor 80 Jahren, am 4. Juni 1944, landeten während des Zweiten Weltkriegs im Rahmen der 'Operation Overlord' die Armeen der Westalliierten USA, Großbritannien und Kanada an den Stränden der französischen Normandie.
Die Operation, die nach drängen des sowjetischen Diktators Josef Stalins auf eine 'Zweite Front' im Kampf gegen Nazideutschland initiiert wurde, musste in den Tagen zuvor wegen schlechter Wetterprognosen mehrfach verschoben werden. Am Abend des 3. Juni hieß es für den verantwortlichen Oberbefehlshaber Dwight D. Eiseinhower 'Jetzt oder nie!'. Ein weiteres verschieben hätte es notwendig gemacht - gezeitenbedingt - den nächsten Vollmond in einem Monat abzuwarten: beim überqueren des Strandes unter deutschem Beschuss zählte jeder Meter, den man den - ungeschützt vorrückenden - Soldaten ersparen konnte.
Moderne Landungsfahrzeuge waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht entwickelt - so musste man aus der Not eine Tugend machen und es entstanden irrwitzig anmutende Ideen: so wurden Schwimmpanzer konstruiert, die von England aus den Ärmelkanal überqueren sollten, um die Fußsoldaten am Strand zu unterstützen. Insgesamt wurden etwa 30 dieser Fahrzeuge am 4. Juni eingesetzt, nur eines schaffte es an Land. Die restlichen Fahrzeuge versanken mit ihren Besatzungen im Atlantik.
Der Landungsoperation gingen langfristig angelegte Täuschungsmanöver voraus: so konnte durch das Schaffen eines fiktiven Armeeoberkommandos im Rahmen der Operation 'Fortitude', dass eine Invasion weiter nordöstlich am Pas-de-Calais (an der kürzesten Seestrecke zwischen Großbritannien und Frankreich) vorbereitete, die deutsche Armeeführung tatsächlich davon überzeugt werden, dass die Landung eben dort erfolgen sollte.
Stunden bevor die ersten Soldaten von See aus an Land gingen, sprangen Fallschirmjäger in finsterster Nacht hinter den Deutschen Verteidigungsstellungen ab, um beim Feind Verwirrung zu stiften, Versorgungs- und Verstärkungslinien zu sabotieren und Schlüsselstellungen zu besetzen. Auch hier setzte man auf Täuschungsmanöver: so wurden tausende, als Fallschirmjäger verkleidete Puppen abgeworfen. Ähnliches im Rahmen der Operation Fortitude: im englischen Hinterland wurden tausende aufblasbare Panzerattrappen verlegt, die die deutsche Luftaufklärung täuschen sollten. Ebenso wurden in der Nacht über die BBC dutzende Resistance-Widerstandskämpfergruppen angewiesen, die lang vorher geplanten Störaktionen durchzuführen.
Im Morgengrauen sichteten dann die deutschen Wachen am (faktisch nichtexistierenden) 'Atlantikwall' die größte Armada, die sich je in Bewegung gesetzt hatte. Insgesamt mehr als 6000 Schiffe - von mehreren 10.000 Tonnen schweren Schlachtschiffen bis zu winzigen Landungsbooten - hatten sich von Großbritannien aus in Bewegung gesetzt, um die Deutsche Terrorherrschaft über Europa zu beenden.
Die Anlandung erfolgte in fünf nebeneinanderliegenden Strandabschnitten mit den Codenamen ‚Sword‘, ‚Juno‘, ‚Gold‘, ‚Omaha‘, ‚Utah‘ und am ‚Point du Hoc‘.
Am längsten und härtesten gekämpft wurde am ‚Omaha Beach‘, da dort die anlandenden US-Rangers direkt in die Mündungsfeuer des am besten ausgebauten Abschnittes des Atlantikwalls liefen. Nach den Berichten von Augenzeugen färbte sich das Meer an dieser Stelle blutrot: deutsches MG-Feuer metzelte hunderte GI's noch in den Landungsbooten und im Wasser nieder. Am Strand verwundete verbluteten elendiglich. An medizinische Versorgung war inmitten des Kampfes kaum zu denken. Dennoch gaben Sanitäter und Ärzte ihr bestes, Feldgeistliche nahmen sterbenden die letzte Beichte ab und verlasen die Sakramente. Hier ergaben sich die letzten deutschen Truppen erst um 13 h. Nach dem Ende der Kämpfe stießen die alliierten Soldaten unter den Deutschen Gefangenen aus Verschleppte aus gesamt Europa und Asien: Gefangene und Verschleppte von allen Fronten und aus allen eroberten Gebieten wurden von den Deutschen als Zwangsarbeiter am Atlantikwall und zu dessen Verteidigung eingesetzt. So auch der Koreaner Yang Kyoungjong, der über Umwege der japanischen und russischen Kriegsgefangenschaft an die Atlantikfront geriet.
Die deutsche Militärführung reagierte recht konfus auf den alliierten Angriff: da sie faktisch führungslos waren – ihr Oberbefehlshaber Erwin Rommel verweilte wegen des Geburtstages seiner Frau in der Heimat – warteten sie auch vergeblich auf Befehle. Auch auf Verstärkung warteten sie vergeblich: in Zentralfrankreich standen starke SS- und Wehrmachts-Panzertruppen bereit, um auf einen alliierten Angriff reagieren zu können. Jedoch durfte diese Reserve erst auf persönliche Anweisung Adolf Hitlers in Bewegung gesetzt werden. Der Diktator war jedoch in der Nacht zuvor lange aufgeblieben und pflegte – wie üblich – den Vormittag zu verschlafen und niemand getraute sich, ihn zu wecken.
Natürlich war das Pech der Deutschen das Glück der Alliierten: im Kampf gegen Elitepanzerdivisionen wären die nur leicht ausgerüsteten Infanteristen der ersten Landungswellen wohl massakriert worden. So erreichten die Alliierten – wenn auch mit Verzögerungen – ihre Kampfziele. Die nächsten Schritte waren dann die Sicherung der Halbinsel Cotentin – um sich den ‚Rücken freizuhalten‘ - und die Eroberung der Tiefwasserhäfen von Brest und Cherbourg. Der britische Historiker Antony Beevor sieht die ‚Schlacht um die Normandie‘ erst mit der Befreiung von Paris am 25. August 1945 beendet.
Insgesamt gingen an diesem 6. Juni 170.000 alliierte Soldaten in 6 Divisionen an Land. Bis Mitte Juni sollte ihre Mannstärke auf 1,5 mio. anwachsen. Im Einsatz befanden sich außerdem mehr als 10.000 Flugzeuge und 6.000 Schiffe.
Die Verlustzahlen ließen sich nie genau rekonstruieren. Offiziell beliefen sie sich auf ~65.000 tote alliierte Soldaten bei den Land- und Luftstreitkräften, ~20.000 Vermisste und ~155.000 Verwundete. Auf deutscher Seite wurden die Verluste an Menschenleben auf 200.000 Tote, Vermisste und Verwundete geschätzt. Ebenso viele deutsche Soldaten und Displaced Persons gerieten in Kriegsgefangenschaft.
Die ehemaligen Alliierten Nationen gedenken nach wie vor jedes Jahr den Toten an den Stränden der Normandie. Der heurige, 80-jährige Gedenktag ist der erste ohne einen Abgesandten der Sowjetunion/Russischen Föderation: aufgrund des Krieges in der Ukraine wurde Wladimir Putin ausgeladen. Mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde 2004 erstmals ein offizieller Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zu den Gedenkfeierlichkeiten nach Frankreich eingeladen.
Die Landung und Schlacht in der Normandie wurden breit medial rezipiert. So wurden der Schlacht mit ‚Der Längste Tag‘, ‚Der Soldat James Ryan‘ und zuletzt ‚Storming Juno‘ (der den langen vernachlässigten kanadischen Anteil thematisiert) und ‚Herz aus Stahl‘ epische Filmdenkmäler gesetzt. Auch in Videospielen werden die Ereignisse regelmäßig thematisiert und aktualisiert.
Besonders im amerikanischen Kollektiven Gedächtnis stellt der D-Day ein Trauma dar: zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahrhunderts mussten Amerikaner sterben, um europäische Probleme zu lösen.
Trailer:
'Saving Private Ryan' (1998)
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'The Longest Day' (1962)
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'Storming Juno' (2010)
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'Fury' (2014)
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