5. Dezember
Die Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau
Schicksal eines Bauwerks
Nach dem
Sieg Russlands über Napoleon 1812 wollte Zar Alexander I. eine monumentale Kirche als Zeichen der Dankbarkeit errichten lassen, was im zaristischen Russland keineswegs ungewöhnliche Praxis war. Nach einem Ideenwettbewerb und Baubeginn im Jahr 1817 kam es zu Verzögerungen, u.a. weil der Boden an der ursprünglichen Stelle zu weich war, und das Projekt ruhte für einige Zeit.
Unter Zar Nikolaus I. wurde nach einem anderen Entwurf und an einer anderen Stelle (am Ufer der Moskwa nahe dem Kreml) 1839 mit dem Bau begonnen. Bis zur Einweihung (unter Alexander III.) vergingen
44 Jahre, die Kosten beliefen sich auf
15 Millionen Rubel (wären heute etwa 265 Millionen Euro), und die Kathedrale wurde rasch zum Zentrum des russisch-orthodoxen religiösen Lebens. Das nach dem Tod Alexanders III. vor der Kirche errichtete Alexander-Denkmal wurde 1918 von den Bolschewiki demontiert, weil es ein unerwünschtes Symbol der Zarenherrschaft darstellte.
Auf Anordnung von Josef Stalin wurde die Kathedrale 1931 zerstört, um an diesem Platz den "Palast der Sowjets" zu errichten. Da das Abtragen zu aufwändig war, wurde die Kirche am
5. Dezember 1931 gesprengt. Die Beseitigung des Schuttes dauerte ein Jahr.
Der
Palast der Sowjets war als Monumentalbau mit einer Höhe von
415 m geplant (und wäre damit damals das höchste Bauwerk der Welt gewesen. Die Höhe entspricht genau dem Südturm des bei 9/11 zerstörten World Trade Centers in New York, das allerdings erst 1973 mit der dann verfügbaren Technologie errichtet wurde). Die Ausführung des gigantischen Palastes kam über die Fundamente nicht hinaus, zum einen, weil für solch ein Vorhaben der Untergrund zu locker war, zum anderen, weil das Projekt wegen des Zweiten Weltkriegs eingestellt wurde und nach dem Tod Stalins (1953) keine Priorität mehr hatte. Die Fundamente wurden für die Errichtung eines (Frei-) Schwimmbades genutzt, das Anfang der 90-er Jahre wegen Baufälligkeit abgerissen wurde.
Ende des 20. Jahrhunderts wurde das Verhältnis zwischen Staat und der orthodoxen Kirche entspannter (Perestroika), und so wurde in den Jahren
1995-2000 (unter Boris Jelzin) die Kathedrale
wieder aufgebaut. Die Baukosten von rund 170 Millionen Dollar wurden zur Gänze aus Spenden bestritten. Übrigens fanden 2007 die Aufbahrung Jelzins und die Trauerfeierlichkeiten in dieser Kathedrale statt. Die Kirche wurde wieder zum religiösen Zentrum Moskaus und steht unter der Leitung des jeweiligen Patriarchs von Moskau (derzeit Kyril I.)
Am
21. Februar 2012 drangen Mitglieder der feministischen russischen Punkrock-Band "
Pussy Riot" in die Kathedrale. In einem nicht einmal 1 Minute dauernden Auftritt wandten sie sich gegen Patriarch Kyril und gegen Putin. Die darauf folgende Verhaftung und Verurteilung (die weltweit registriert wurde) löste Diskussionen um die Meinungsfreiheit und Freiheit der Kunst (im Russland unter Putin) aus.