Und............es handelt sich hier bei weitem nicht um ein Verwaltungsvergehen, da spielst schon das Strafrecht ein bisserl mit, auch wenn du das nicht wahrhaben willst. [...] wichtiger sind die Erkenntnisse über den Menschenhandel, die hier gewonnen werden. So leid es mir tut, daß sie dich erwischt haben, war vermutlich nur ein Nebenprodukt einer anderen Amtshandlung
Das Thema Menschenhandel ist hier schon ab #34 bis #39 diskutiert worden. Daher zunächst zur Rekapitulation :
1. Menschenhandel in die Prostitution ist ein extrem seltenes Phänomen. Es geistern zwar Zahlen von zig-tausenden Opfern durch die Medien, aber in Großbritannien wurde trotz einer "multi-million pound" Operation der Polizei kein einziger Menschenhändler gefunden (Quelle: Daily Mail vom 13.11.2009, Link in #35).
2. Auch in der wissenschaftlichen Literatur wird kritisiert (Quelle zitiert in #119), dass das Thema "Zwangsprostitution" ein politisch instrumentalisierter Mythos ist. Menschenrechtsorganisationen beobachten dabei, dass Menschenhandel als Vorwand zur Regulierung der Prostitution benutzt wird und so Menschenrechtsverletzungen erzeugt (Quelle zitiert in #38).
3. Opfer von Menschenhandel sind nur zu einem geringeren Teil Zwangs-Prostituierte, weil dort das Risiko für die Sklavenhalter/Zuhälter am größten ist: Sie können sich an Freier wenden, denen sie vertrauen (z.B. wegen ihrer Sprachkenntnisse) und diese Freier befreien sie dann. Das ist auch der Regelfall - von Befreiungen alleine durch die Polizei ohne Hinweis eines Freiers ist kaum zu hören.
Die Idee von @maggi mit dem Kollateralschaden (Nebenprodukt einer anderen Amtshandlung) wurde hingegen noch nicht diskutiert.
Vorab die Definition; eine verdeckte Ermittlung ist laut SPG jedes Einholen von Auskünften ohne Bekanntgabe der amtlichen Eigenschaft. Also bereits der anonyme Anruf eine Kriminalbeamten zur Preisnachfrage ist bereits eine verdeckte Ermittlung. Die Durchführung einer solchen Ermittlung ist an strikte Regeln gebunden (SPG, StPO) und nur im Zusammenhang mit der Ausforschung/Abwehr von Verbrechen erlaubt.
Beim zitierten Beispiel aus Graz wäre (auch im Hinblick auf meine Erfahrungen) zunächst zu hinterfragen: Ist das Verbrechen des Menschenhandels nur ein Vorwand zur verdeckten Ermittlung gewesen? Von der Ausforschung/Verhaftung eines Zuhälters/Menschenhändlers ist nämlich im Bericht keine Rede gewesen, auch nachher nicht. Es hat sich auch kein Staatsanwalt gemeldet, der eine Ermittlung über ein so schweres Verbrechen, wie Menschenhandel, hätte überwachen müssen.
Wenn aber eine verdeckte Ermittlung nur aufgrund eines vagen Verdachts durchgeführt wird, nach dem Motto "das Böse ist immer und überall" (Copyright: Erste Allgemeine Verunsicherung, Banküberfall), dann ist die Ermittlung selbstverständlich unverhältnismäßig (Zitate liefere ich gerne nach), weil unter diesem Motto wären die Polizeibefugnisse unbegrenzt.
Selbst im Fall, dass wirklich gegen einen konkreten Menschenhändler Verdacht bestanden hat, dann wäre bei der Ermittlung zu beachten, dass sie faktisch nicht gegen den Verbrecher gerichtet war (er ist ja offensichtlich entwischt), sondern gegen Frauen, die weder ein Verbrechen begangen haben, noch Opfer eines Verbrechens waren. Die Ermittlung gegen die Frauen wäre auch in diesem Fall unverhältnismäßig.
In beiden Fällen liegt eine Menschenrechtsverletzung deshalb vor, weil eine unverhältnismäßige verdeckte Ermittlung nach § 29 SPG unzulässig ist und daher eine Verletzung von Art 8 EMRK.