irgendwo stimmsts schon, wenn Hr. und Fr. Österreicher ihr komplettes Bruttogehalt bekommen würden, inkl. Dienstgeber und -nehmeranteil, würd´s wahrscheinlich einen Aufschrei geben, weil keiner versteht warum ihm soviel abgezogen wird
Den Aufschrei der betroffenen Steuerzahler gibt es jetzt schon, nur hört ihn niemand, weil die am meisten belasteten Steuerzahler nicht die Mehrheit der Wähler stellen, sie also eine politisch irrelevante Randgruppe sind: Nur 10% der Lohnempfänger beziehen mehr als 55.000 Euro (
Statistik Austria) und kommen somit in den Bereich, wo der Staat mehr als die Hälfte der Lohnsumme für Sozialabgaben und Steuern kassiert. Wer schon 50% seines potenziellen Verdienst abgegeben hat, wird sich natürlich auch über sonstige Steuern und Gebühren ärgern, weil damit noch mehr an den Staat zu zahlen ist. Ein großer Teil des Steueraufkommens kommt auch aus den Abgaben dieses gehobenen Mittelstandes.
Für die Mehrheit der Bevölkerung gilt aber: Indirekten Steuern (Mehrwertsteuer, Treibstoff, etc) entkommt niemand, sie sind deshalb moderat. Die Beiträge für Krankenversicherung und Pensionsversicherung sind eigentlich keine Abgaben, sondern eine für viele lukerative Sparform, weil sie durch Frühpensionierungen mehr konsumieren, als sie einzahlen. Lohnsteuer schließlich zahlt nur, wem nach den Sozialversicherungsabzügen mehr als 11.000 Euro im Jahr bleiben: Laut
Statistik Austria haben 25% der Lohnempfänger brutto weniger verdient, als 11.500 Euro. Kellnerinnen erhalten z.B. durchschnittlich 11.470 Euro im Jahr; das wesentlich höhere Trinkgeld bleibt steuerfrei. 50% der Arbeiter verdienen brutto unter 18.000 Euro im Jahr, 50% der Pensionisten 17.000 Euro im Jahr ... sie sind somit ebenfalls nur moderat belastet.
Insgesamt besteht so die Gefahr, dass der Mittelstand alleine die Last der Steuern tragen muss und so zunehmend geschwächt wird. In der Antike war dies die wirtschaftliche Ursache für das Scheitern der Demokratien: Die Oberschicht drückt sich von den Steuern (bei uns mittels steuerlich privilegierten Stiftungen), die Armen brauchen keine Steuern zahlen, und die Mittelschicht kann wegen der Steuerlast keine Krisenreserven anlegen und verarmt zusehends, weswegen die Steuerlast von immer weniger Angehörigen der Mittelschicht zu tragen ist. Die immer reichere Oberschicht hat dann das wachsende Proletariat durch Stimmenkauf (Brot und Spiele) leicht korrumpieren können und so die demokratischen Strukturen ausgehöhlt. Begleiterscheinung dieser Entwicklung war die zunehmende Intoleranz gegenüber anderen Meinungen (siehe Sokrates Prozess).
Das führt auch wieder zurück zu diesem Thread: Der Einsatz polizeistaatlicher Mittel zur Prostitutionskontrolle ist ein Zeichen für eine Erosion demokratischer Werte und Strukturen, die auch in anderen Bereichen zu beobachten ist (siehe Thread Tierschützerprozess). Populistische Politik heute unterscheidet sich offenbar kaum von der Brot-und-Spiele-Politik der antiken Aristokratie.