Glückseligkeitslehre
Muß besonders die Gattin die Kunst verstehen, sich dem Mann immer neu zu machen. Sie darf ihn zu diesem Ende nicht mit Genüssen überladen, sie muss vielmehr die zärtliche Spröde spielen und durch kluge Zurückhaltung verhindern, daß er ihrer überdrüssig werde.
Hierin liegt das große Geheimniß, die Liebe immer zu verjüngen; denn Liebe ist und bleibt doch immer eine Sehnsucht, die verschwinden muß, so bald sie übersättigt wird; sie gleicht einem Hungrigen, der eine Speise für ein Göttermahl ansieht, so lange ihn hungert, dem aber vor ihr ekelt, so bald er sich mit ihr überfüllt hat.
Dadurch wird es erklärbar, wie die schönsten Weiber ihren Männern Überdruß machen, und wie diese elende Dirnen reizender finden können, als ihre mit tausend angenehmen Eigenschaften geschmückte Gattinnen. Dies wird zugleich eine oder die andere überzeugen, wie sehr sie irrt, wenn sie glaubt, ihren Mann durch Erschöpfung treu zu halten. (Glückseligkeitslehre, Hartmann)
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