Delia weiß
Ich weiß.
Delia weiß.
Delia weiß dass ich weiß.
Dass ihr Höhepunkt gespielt war.
Der Anlauf war ja authentisch genug - Atmen, Nichtatmen, Gegenatmen.
Doch dann der Riss in der Matrix, das Flimmern im Holodeck, da hat jemand ein paar Sekunden heraus editiert. Zu plötzlich der Sprung vom Wogen zum Zucken, der Kontrollverlust, er war zur Unzeit.
Danach glättet sich das Bild wieder, denn das Nachspiel ist makellos inszeniert - die Überreizung, die Minute der Hilflosigkeit, das Fenster scheinbar geöffnet für eine zarte Junibrise echten Gefühls. Fast perfektes Glaubenmachen.
Aber ich hege keinen Groll, im Gegenteil!
Denn auch ein gefälschter Monet weiß zu dekorieren.
Und war nicht gerade diese Simulation voller liebevoll ausgearbeiteter Details Ausdruck von tiefer Empathie und Achtsamkeit? Oder zumindest von ausgeprägtem dienstleisterischen Ethos?
Und wehe, es fiele einem von uns ein, das beidseits Gewusste auszusprechen! Derjenige verstieße gegen die allerheiligste Regel im Hurenland:
Zerstöre nicht den schönen Schein.
Entzauber nicht den Zauber.
Spalte nicht die Illusionsatome unter dem kalten Licht der Realität.
Wir wissen, dass wir wissen, dass wir wissen ad Infinitum - und niemand von uns beiden, weder Delia noch ich, unterbricht das süße Fallen dieser Dominosteine mit spielverderberischem Finger.
Männer sind wir, und für immer Kunden.
Unsere Körper leben dahin, verleben, zerleben.
Unsere Gesichter werden nasig, die Augen wässrig, die Wangen fallen uns ein, der Blick dackelhaft und lebensgeprüft.
Doch unser Sehnen: Ewig jung.
Wir gehen zu Frauen, geben ihnen Geld, kaufen uns mehr als ihren Körper, kaufen ihre Jugend, und unsere gleich mit.
Wir kaufen eine halbe Stunde mit Delia für 150 Euro, kaufen ihr offenherziges, durch und durch unvoreingenommenes Liebsein, und erwirken damit ein wenig Aufschub auf dem Weg zum Unvermeidlichen, ein kurzes Plateau auf dem steten Abwärtshang des Lebens.
Doch es fühlt sich kulissenhaft an, prothesenhaft, traumgleich erstarrt. Wir sind
Truman in seiner Welt, und in unseren wacheren Momenten fühlen wir das große Nichts hinter der Fassade.
Meist meisterliche Verdränger, leben wir leidlich gut im Als Ob. Doch gerade wenn die Simulation fast perfekt ist, Traum und Wirklichkeit hauchzart getrennt nur durch eine feine Zwiebelschale:
Dann pochen wir am Ende umso härter gegen die lakonische Plexiglaskuppel.
Was uns bleibt, ist purer Sinnesapparat, nackte unkommentierte Biologie am untersten Ende der Existenzpyramide. Funkende Nervenenden, Flüssigkeiten die durch Drüsen gejagt werden.
Delias warme hautfarbene Haut unter unseren Händen, ihre Lippen an den unseren, unsere Zunge mit der Ihren verwunden.
Ihr goldenes Herzgesichtlein zwischen unseren Schenkeln, ihr sorgender Mund an unserem Organ.
Dann das Ankommen in ihrem schlank duftenden Körper, das vollumfängliche Eingebettetsein in ihrer Vagina, und unser sehnsüchtiger Samenerguss.
Um das zu Sagende mit aller gebührenden Klarheit zu sagen, kristallin und unzweideutig:
Delia ist eine wunderbare Anbieterin - der besten eine!
Und gerade darum war ich danach traurig.