Die Zukunft benötigt auch eine Basis. Und diese 'Nabelschau' ist dringend erforderlich und Teil der Reflexion und Selbstbewertung. Und gerade Wissenschaft lebt vom 're-thinking'. Der Blick in die Zukunft ist systemisch, systematisch und inhaltlich untrennbar mit dem Blick in die Vergangenheit verbunden.
Wer das
Gutachten Weber durchliest, schläft schon beim Durchlesen der hervorgehobenen, angeblich plagiierten, Textstellen ein. Auf S 12 vermerkt das Gutachten auch: "Inhaltlich ist festzustellen, dass sehr häufig Allgemeinplätze abgeschrieben wurden". So eine Arbeit ist nichts, worauf sich in Zukunft aufzubauen lohnt: Statt mehrere Wissenschafter in Kommissionen zur nachträglichen Bewertung der Dissertation vom Arbeiten an aktuellen Forschungsproblemen abzuhalten, wäre die Dissertation besser ungelesen vergammelt.
Wenn der wissenschaftliche Fortschritt mit dem Blick in die Vergangenheit verbunden war, dann doch nur bei herausragenden Leistungen der Vergangenheit, wo es etwa zu Beginn der Neuzeit notwendig wurde, Aristoteles beiseite zu legen und selbst nachzumessen und nachzudenken, was Sache ist.
Dr Hahn kann sich nicht zu Unrecht auf ein verwaschenes und inkonsequentes wissenschaftliches System berufen. Seine durchaus reflexions- und hinterfragenswürdige Dissertation wie auch sein konsequentes Verweigern sind aussagekräftige Ergebnisse des wissenschafltichen Systems in Österreich an sich.
Um dazu den Schluss des Gutachtens zu zitieren: "Zu fragen ist in Summe, ob (1) Hahns Unterlassung der Kennzeichnung direkter Zitate auf eine Erschleichungs- bzw. Täuschungsabsicht hinweist und (2) entsprechende Hinweise in Form von korrekten Kennzeichnungen zu einer schlechteren Note geführt hätten [...] Frage (2) wird dahingehend zu beantworten sein, dass der VwGH von 'objektiver Betrachtung' (VwGH, 22. 11. 2000, 99/12/0324) spricht." In dieser objektiven Betrachtung hat Dr. Hahn keineswegs fremde Ideen gestohlen und als seine eigenen ausgegeben, sondern der Vorwurf des Gutachtens lautet, dass er fremde Phrasen gedroschen hat - und dabei hat er vielleicht ein Duzend Gänsefüßchen vergessen. Die hätten das Kraut aber auch nicht fett gemacht: Die angeblich plagiierten Texte waren keinesfalls geeignet, etwas zum wissenschaftlichen Fortschritt beizutragen, sondern in objektiver Betrachtung ist davon auszugehen, dass dieses hohle Gesäusel in der Benotung der Dissertation nur negativ eingehen konnte, weil es den wissenschaftlichen Gehalt der Arbeit verdünnt hat. Demnach hätte die ersatzlose Streichung der kritisierten Zitate nur zu einer gleich guten oder besseren Note führen können.
Wenn Dr. Hahn wider Erwarten dennoch die Dissertation aberkannt werden sollte, dann nach meiner Meinung wohl nur deshalb, weil sich auch in den nicht abgeschriebenen 80% überhaupt kein wissenschaftlicher Inhalt finden lässt . Die dann zu konstatierende Täuschung über die fehlende wissenschaftliche Substanz wäre aber nicht ursächlich durch das Abschreiben bewirkt worden und auch nicht darauf beschränkt gewesen. In diesem Fall wäre wohl zu prüfen, ob eine Täuschung der Universität unter Mitwirken der Betreuer und Gutachter vorgelegen ist - letztlich Zuschanzen eines Doktorats durch Amtsmissbrauch.