Wie schön, hier kann ja doch auch vernünftig diskutiert werden.
Als wir uns zum ersten e-Auto entschieden (bzw. mein Mann, mir war das Ganze eher suspekt) und einige probegefahren sind, gefiel uns der Ioniq am besten. Reichweite je nach Temperatur so um die 200 km bzw. im Winter ca. 170 km. Ausreichend für den üblichen Alltagsverkehr (wir nutzen unsere Fahrzeuge großteils ja auch für den Betrieb: Kundenfahrten, auch Termine in größerer Entfernung für Kongresse u.ä.).
Wenn man wie mein Mann ein Ingress-Spieler ist (gibt's das überhaupt noch?), wird man einigermaßen gut mit der Ladeinfrastruktur klarkommen: man muß halt rausfinden, wo Lademöglichkeiten sind, ob Schnell- oder Langsamlader, welcher Anbieter, sind die Säulen überhaupt in Betrieb, vor allem: WO stehen die - also Rastplatz? (ziemlich doof, da steht oft nur eine Säule, die entweder zugeparkt sein kann oder auch defekt) - lauter so Zeug halt. Ich bin ein technischer Volltrottel, ich hab mir das nicht zumuten wollen. Das Fahren an sich stellte für mich von Anfang an nur wenig Probleme dar, ich hab meinen Führerschein ja vor ein paar Jahren erst und gleich auf Automatik gemacht, da ist die Bedienung in e-Fahrzeugen nicht viel anders.
Wir haben uns auch gleich eine Wallbox angeschafft, und da kommt gleich eine Einschränkung: man kann auch ohne eigenen Stellplatz und Wallbox "durchkommen", hat aber eben den Aufwand, sich entsprechende Lademöglichkeiten suchen zu müssen. Vorteil, wenn ein Supermarkt in der Nähe kostenloses Laden während des Einkaufs anbietet - tatsächlich laden wir unseren Ioniq überwiegend während des Einkaufs. Dauert etwa 30 min, also meistens kürzere Zeit als ich im Supermarkt verbringe. Nachteil: es gibt mittlerweile viele "Ladekonkurrenten" v.a. gegen Abend, wo viele ihr Fahrzeug für den nächsten Arbeitstag laden wollen. Innerstädtisch sind viele Ladesäulen nur Langsamlader, also Vorteil, wenn man eh länger parken muß und dann praktischerweise einen Parkplatz zur Verfügung hat, den Verbrenner nicht nutzen dürfen. Die Bezahlerei finde ich immer noch bissl umständlich, wir haben 2 oder 3 verschiedene Karten bzw. Chips von verschiedenen Anbietern, weil mal die Tarife unterschiedlich, mal die Ladesäulen nicht jeden Stromanbieter akzeptieren.
Als die Entscheidung anstand, auch den "großen" Wagen zu ersetzen, war eher ich diejenige, die auf einen Tesla gedrungen hat. Grund vor allem: die einwandfreie Lade-Infrastruktur. Supercharger finden sich eher wenig IN Städten, aber immer in Reichweite (daneben gibt es auch Destination-Charger, meist in Hotels), darüber hinaus kann ich mit dem Wagen auch alle anderen Ladesäulen nutzen (was ich nur im Notfall tue, denn im zugegeben idiotisch hohen Preis ist bei unserem lebenslang kostenloses Laden mit inbegriffen). Vorteil hier: mit Tesla muß ich nie irgendwelche Abrechnungs-Sperenzchen machen - Stecker rein, alles andere läuft automatisch. Heißt (falls free Supercharging nicht im Kaufpreis inbegriffen ist), man muß sich nicht anmelden, an den Ladestationen wird das Fahrzeug erkannt und die Abrechnung läuft automatisch.
Was die Ladeinfrastruktur angeht,
hier zur Veranschaulichung ein Video (mistige Klangqualität): ab Minute 8 ein Überblick über die weltweite Ladeinfrastruktur von Tesla, ab Minute 9:30 die Lademöglichkeiten in Deutschland - da zählen die
Ionity-Ladesäulen (gehört einem Verbund der größten deutschen Automobil-Herstellern) wie auch die Fastned-Säulen (sehr komfortabel, ist ein niederländisches Unternehmen, das dabei ist, ein großes Ladenetz aufzubauen) schon mit dazu. Wohlgemerkt: alle diese Ladesäulen könnte ich mit dem Tesla auch nutzen, wenn ich müßte - natürlich dann kostenpflichtig und die Sucherei nach Lademöglichkeiten hätte ich dann auch.
Alles das brauche ich mit dem Tesla nicht. Wir haben seit einiger Zeit mittlerweile einen zweiten Wohnsitz in Bayern, heißt: ich fahre pro Monat so 1 - 2 x die rd. 450 km hin und zurück, darüber hinaus finden noch div. Veranstaltungen überall in der Republik statt. Beim Tesla: Ziel eingeben, die Supercharger werden am Display angezeigt, wenn ich einen als Ziel antippe, kann ich gleich auch sehen, wie viele Säulen aktuell frei bzw. belegt sind, bei manchen gibt's noch einen Zahlencode, falls die Stationen via Schranke gesperrt sind. Alles sehr komfortabel.
Ich bin mittlerweile / noch Tesla-Fan, obwohl es natürlich keine eierlegende Wollmilchsau ist - der Service kann unter Umständen grottig sein, es gibt nicht die "Werkstatt", Spaltmaße wurden erwähnt (wir hatten Glück, haben wohl ein Sonntagsauto erwischt, aber bei manchen sieht das schon abenteuerlich aus - wird aber bei Bedarf auch gerichtet) usw.
Vorteile: allem voran sollte man vielleicht wissen, daß Teslas im Grund genommen Computer mit Rädern und Lenkrad sind.
Wer ein Smartphone benutzen kann, wird sich mit einem Tesla leicht tun, die Bedienung ist äußerst simpel und intuitiv (mehr noch als Smartphones eigentlich). Updates kommen ungefragt - dazu muß ich nicht in eine Werkstatt, ich tippe lediglich "Ok", wenn das Auto anzeigt, daß ein neues Update verfügbar ist. Der "Autopilot" ist wirklich gut. Natürlich noch nicht wirklich "Autopilot", sondern Assistenzsysteme, die mir Überholmanöver, Spurhaltung, Korrekturen, auch Bremsungen abnehmen, ohne daß ich mich dabei anstrengen muß. Heißt NICHT, daß ich Arme verschränken und nix tun brauche, es ist lediglich sehr entspanntes Fahren, was mir bei meinen doch häufigen Nachtfahrten sehr angenehm ist.
Was die angesprochenen Energieverluste bei Kälte angeht: die gibt's. Wenngleich auch bei weitem nicht so dramatisch, wie
@Mitglied #336556 befürchtet. Zum Vergleich: wenn ich bei Kälte mit dem Ioniq im Stau stehe, habe ich nach 1,5 Stunden mit eingeschalteter Klimaanlage ungefähr einen Verlust von 2 - 3 Kilometern (wird mir angezeigt). Größeren Verbrauch habe ich vor allem, wenn es sehr windig ist oder regnet/schneit. Immer bekomme ich angezeigt, wie weit ich noch fahren kann (das ist auch ziemlich präzise), bei Bedarf kann ich die Klimaanlage ausschalten und nur die Sitze heizen, spart ein bißchen Strom. Beim Tesla fallen diese Verluste einerseits noch weniger ins Gewicht (ich könnte mit Klimaanlage bei Frost darin übernachten und am nächsten Tag noch locker zur nächsten Lademöglichkeit fahren), andererseits isses eine große Karre mit etwa 2,5 Tonnen, natürlich braucht der mehr Energie. Reichweite je nach Witterung rd. 400 km.
Wenn ich den Wagen mit 230 km/h über die Straßen bewege, komme ich damit natürlich nicht besonders weit. Nur: wo kann man das schon?
Interessant: ich (und das höre ich von vielen anderen auch) habe mein Fahrverhalten geändert. Meistens bin ich gemütlich mit 100 km/h unterwegs und amüsiere mich über gelegentliche Versuche von Fahrern anderer schneller Autos, mich zum Rennen herauszufordern. Einfach weil das Fahren als solches mittlerweile zum entspannten Unterwegs-Sein geworden ist. Wenn ich meine übliche Strecke von 450 km mit 100 km/h fahre, brauche ich mit Ladepause ungefähr 5,5 - 6 Stunden. Wenn ich die gleiche Strecke mit 130 - 180 fahre, ungefähr 20 - 30 min weniger - unter anderem auch deshalb, weil die Ladezeit damit länger wird bzw. ich eine zweite Ladepause benötige.
Das Argument mit "zu kurze Reichweite, langt ja gar nicht für Urlaubsfahrten!" ist aus meiner Sicht vernachlässigbar. Wie oft bitteschön fährt ein Durchschnittsmensch pro Jahr in Urlaub? Selbst wenn es ein Thema wäre: für diese begrenzte Zeit einen Verbrenner mieten wäre kein Problem und kostet nicht die Welt, aber das ist vielleicht Einstellungssache. Ich brauche so oder so etwa alle 2 - 3 Stunden eine Pause, in der ich mir die Füße vertrete, auf's Klo muß, was auch immer. Leute, die zu zweit oder noch mit Kindern verreisen, werden ganz sicher ebenso oft eine Pause einlegen. Aber gut: stimmt, man muß den Wagen öfter laden als tanken. Ein wirkliches Problem ist das nicht.
Was die Wasserstoff-Autos angeht: ich bin wie gesagt ein technischer Trottel. Was mir aktuell bekannt ist, ist, daß es für den normalen Betrieb von Kfz noch nicht ausgereift ist. Weder stehen ausreichend Lademöglichkeiten (oder heißt es hier Tanken?) zur Verfügung noch könnten genügend Fahrzeuge überhaupt betankt werden, soviel ich weiß schaffen diese Tankstellen gerade mal 3 - 4 Autos pro Stunde (hängt irgendwie mit dem Druck zusammen, der zur Betankung erstmal aufgebaut werden muß). Wer mehr dazu weiß: ich freu mich über Input. Außerdem scheint es wg. des Energieaufwands zur Erzeugung von genug Wasserstoff so zu sein, daß es evtl. für den Gütertransport / LKWs sinnvoll wäre, aber eher weniger für den Personentransport, wie wir das heute kennen.
Wer bis hierhin durchgehalten hat: herzlichen Glückwunsch.